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Kampf dem Drachen (vorläufiger Titel) Teil 1 - von Nymphadora, 25.08.2008
Kampf dem Drachen Teil 1


Entsetzt rannten die Menschen um ihr Leben. Sie kreischten und heulten, während um sie herum alle Häuser in Feuer aufgingen.
Über ihre Köpfe hinweg flog Krolk, einer der letzten Feuerdrachen, in weiten schwungvollen Kreisen und spie ohne Unterlaß Feuer auf die strohgedeckten Häuser. Seine strahlende Schönheit stand im bestürzendem Gegensatz zu dem Greuel, das er anrichtete. Rotgolden funkelte seine harte Haut, die trotz ihrer undurchdringlichen Schuppen glänzte. Wie ein exotischer Paradiesvogel schien er den Himmel zum Leuchten zu bringen.
Donnernd stürzten die Häuser ein. Funken sprühten, und überall knisterte es. Doch es war nichts behagliches daran.
Zitternd kauerten sich die Menschen am Rand des Waldes zusammen. Sie fürchteten sich davor, in den Wald hineinzulaufen. Würde Krolk auch den Wald in Brand setzen, wären sie verloren.
Schwungvoll landete der Drache einige Meter vor den Dorfbewohnern.
„Bitte verschone uns!“ flehte ein Mann mit tränenden Augen. Bittend hob er die Hände. Doch Krolk schnaubte nur verächtlich. Erschrocken zogen die Menschen ihre Köpfe ein.
„Habt Ihr meinen Vater verschont?“ dröhnte Krolk. „Meinen Vater, der einen Friedenspakt mit euch schloß? Niedergemetzelt! Seiner Klauen und Zähne beraubt! Ich werde nicht ruhen, bis ich jeden von euch verdammten Menschen getötet habe!“
Mit diesen Worten breitete er seine kraftvollen Schwingen aus, holte einmal tief Luft und mit einem mächtigen Feuerstrahl löschte er einen jeden von ihnen aus.
Er stieg hoch in die Luft und blickte nicht zurück. Systematisch suchten seine Augen die Erde nach weiteren Feinden ab. Er war noch lange nicht fertig! Noch lange nicht!

Mit gleichgültiger Miene saß der Mann auf der Bank. Er hatte sich nach seinem Eintreten die dunkelste Ecke gesucht und sich dort niedergelassen, doch nun, da sämtliche Laternen entzündet waren, war der gesamte Schankraum erhellt. Die drei Gemsstädter versuchten ihr bestes, um den großgewachsenen Mann herauszufordern, doch bisher hatte er sie mit bemerkenswerter Ruhe ignoriert. Seine Größe schreckte sie nicht. Sie waren zu dritt und jeder von ihnen hatte ein Messer am Gürtel. Was sollte dieser Fremde schon ausrichten? Ha, gar nichts konnte er tun!
„Erstaunlich, was sie alles in unsere Stadt lassen...“
„Ja...so etwas häßliches sollte man nicht vor die Tür lassen, da kriegen die Kinder ja Angst.“
„Vielleicht wurde er deswegen von irgendwo weggejagt?!“
Lautes Gelächter folgte daraufhin, doch der Fremde reagierte noch immer nicht. Die anderen Gäste der Schankstube schienen zu schwanken, zwischen Empörtheit über diese Respektlosigkeit und Zustimmung. Es gab wenig Fremde in Gemsstadt, und so wollten die Bürger es auch haben.
„Vielleicht sollten wir ihm sein Gesicht ein wenig verschönern?!“
„Schlimmer kann es sicher nicht mehr werden!“
Tatsächlich war vom Gesicht des Fremden kaum etwas zu sehen. Er trug einen dunklen Mantel mit Kapuze, die, trotz der hier herrschenden Hitze, noch immer tief über sein Gesicht gezogen war. Einzig das kantige Kinn war zu sehen. Es sah unrasiert und rauh aus. Eine dunkelrote Narbe begann links auf dem Kinn und verschwand im schwarzen Schatten darüber. Das hätte sie eigentlich warnen sollen, doch sie waren betrunken, und die Gemsstädter waren nicht gerade für ihren Scharfsinn bekannt. Der Fremde machte dem Wirt ein stummes Zeichen und warf eine Münze auf dem Tisch. Mit gesenktem Kopf stand er auf. Die dunkle Kapuze wandte sich den dreien zu und alle drei warteten gespannt, was sich nun tat, doch dann ging der Mann auf die Tür zu.
„Elender kleiner Feigling!“
„Mißgeburt, du...Bleib gefälligst hier, wenn erwachsene Männer mit Dir reden!“
„Dir werde ich Respekt beibringen...“ Der größte der drei Burschen sprang auf und wollte gerade sein Messer aus dem Gürtel ziehen, doch soweit kam seine Hand nicht. Ein kleiner spitzer Pfeil, nicht größer, als ein Zahnstocher war ihm in den Handrücken gedrungen. Mit einem Schrei, der seiner hysterischen Mutter alle Ehre gemacht hätte, griff der Gemsstädter nach seiner verletzten Hand.
„Holt den verdammten Pfeil raus!“ heulte er seine Freunde an. „Holt ihn raus! Es brennt wie Feuer. Heiliger Wolkengott, das brennt, es brennt!“
Seine Freunde bewegten sich nicht. Wie erstarrt blieben sie auf ihren Stühlen hocken, angstvoll darauf bedacht den Fremden nicht weiter zu reizen. Der hatte sich nun umgedreht. Eine Hand halb erhoben, zwei weitere dieser winzigen Pfeile wurfbereit. Die andere Hand hatte sich auf seinen eigenen Gürtel gelegt, auf das griffbereite Kurzschwert. Mit einer einzigen kurzen Bewegung seines Kopfes warf er seine Kapuze ab. Schulterlange mittelbraune Haare hingen ihm in lockigen Flechten bis auf die Schultern. Er war nicht häßlich. Ganz und gar nicht. Seine Gesichtszüge waren klar und schön. Sein Mund sogar sinnlich zu nennen, doch es waren seine Augen, die die Menschen verstummen ließen. Sie waren blau. Blau, wie ein klarer, kalter Gebirgssee. Diese Augen wiesen ihn als einen Abkömmling der alten Könige aus. Nur sie hatten solche Augen. Es gab nur noch wenige von ihnen und keiner der hiesigen Gemsstädter hatte je einen gesehen. Doch sie kannten die Geschichten über sie. Die Geschichten, die sagten, daß sie schneller töteten, als ein Blitzschlag, nachhaltiger, als der Biß einer Elfennatter, grausamer, als die Drachen.
Die Narbe schlängelte sich hinauf bis zum äußeren Augenwinkel des rechten Auges.
„Laß den Pfeil drin, dann bist du in fünf Minuten tot!“ Seine sonore Stimme war ruhig, beinah freundlich.
„Und wenn ich ihn rausziehe?“ stöhnte der Gemstädter.
„Dann dauert es bis morgen früh!“
„Oh Gott!“ wimmerte der Verletzte. Die Tür fiel ins Schloß. Keiner regte sich.

Die Stadt unter ihm war schwarz und glühend. Oder eher das, was davon übrig war. Krolk hatte abermals zugeschlagen. Die wenigen Menschen, die Krolk wimmernd und schluchzend zurückgelassen hatte, waren dem Tode geweiht und keiner Beachtung mehr wert. Mit lodernen Augen ließ der Drache den Ort seiner letzten Rache hinter sich. Er flog hoch und immer höher und schon bald war er mit dem menschlichen Auge nicht mehr sichtbar. Stundenlang flog er, scheinbar mühelos. Erst als er im Südland ankam, flog er tiefer und als er den Baumsee erreichte, landete er. Es war dunkel geworden und Krolk war hier sicher. Kein Mensch, kein Zwerg und nicht mal die Trolle kamen abends hierher. Es hieß, ein Ungeheuer würde hier hausen, bei Nacht herauskommen und jeden Besucher verspeisen. Krolk wußte es besser. Es war eines der letzten Drachengeheimnisse, die es noch gab. Kein Ungeheuer, sondern die Drachen selbst waren es, die allzu wagemutige Wesen dafür bestraften, bei Nacht hierher zu kommen. Im See gab es unzählige Fische. Große Fische, die sich dem Fleischgeschenk nur allzugerne widmeten.
Gierig stillte Krolk seinen Durst. Das pausenlose Feuerspucken war nicht nur anstrengend, sondern auch auszehrend. Er brauchte das Wasser nun, um nicht auszudörren. Der Mond spiegelte sich im Wasser. Zum ersten Mal an diesen Tag, war Trauer in seinen Augen zu sehen. Verbittert schaute er ins Wasser. Er sah seinen Vater, dem er zum verwechseln ähnlich sah.
Seine Stimme klang brüchig und so unendlich sanft. Es war eine gänzlich andere Stimme, als die, die den Menschen ihren Haß entgegengeschleudert hatte.
„Oh, Vater. Wie konntest du ihnen nur vertrauen? Sie sind bösartig und grausam, diese Menschen! Doch ich werde dich rächen. Ich werde dafür sorgen, daß die Menschen ihren Mord bereuen, wie nie mehr etwas anderes in ihrem Zeitalter. Ich werde sie vernichten! Allesamt!“
Müde tappte er zu der Höhle, in die er sich immer zurückzog, und die als verflucht galt. Als er seinen Kopf neben seinen Leib legte, rollten ihm zwei dicke Tränen aus den Augen und fielen auf die Hinterbeine.

Man nannte ihn schlicht Gedeon. Gedeon, den Wanderer. Niemand wußte genau, wo er einst herkam, niemand wußte, was sein Ziel war. Es schien, als wanderte er planlos hin und her. Im Winter schien er für einige Zeit zu verschwinden, doch niemand wußte, wo er Unterschlupf fand. Sollte er gar ein Zuhause haben? Keiner hatte je davon gehört.
Er war kein böser, oder gar herzloser Mann, doch er hatte keine Probleme damit, zu töten, wenn es ihm notwendig schien. Der Mann aus Gemsstadt war nicht vergessen, doch Gedeon verschwendete keine unnötigen Gedanken, an einen Mann, der durch eigene Dummheit gestorben war. Normalerweise benutze er seine Giftpfeile nur, wenn es unbedingt notwendig war, doch er besaß keinen Giftsumach mehr, mit dem er seine Sekundärpfeile einrieb. Diese Pfeile waren um einiges schmerzhafter, als die tödlichen, jedoch steigerte sich der Schmerz nur zehn Stunden lang und verschwand dann langsam wieder. Kein Opfer seiner Sekundärpfeile hatte ihn jemals bei einem späteren Wiedersehen nochmal behelligt. Sie waren allesamt viel zu erleichtert noch zu leben. Der Mann aus Gemsstadt jedoch dürfte inzwischen tot sein.
Mit der, für ihn typischen, ernsten Miene wanderte er zügig, aber nicht eilig durch den Wald. Sein fester Schritt warnte Tiere, war für Mensch und Troll jedoch unhörbar. Allein hellhörige Elfen vermochten ihn bei guten Bedingungen zu bemerken. Häufig ging er an rastenden oder ruhenden Leuten vorbei, ohne, daß sie ihn überhaupt wahrnahmen. Heute jedoch traf er niemanden. Er ließ seine Gedanken schweifen, ohne unaufmerksam zu werden. Anders als sonst, hatte er diesmal ein festes Ziel vor Augen. Es war ein, für normale Leute, langweiliges, eintöniges Städtchen. Eher ein Dorf. Niemand kam freiwillig nach Eichenhain. So groß der Name klang, so unauffällig war der Ort. Allein Reisende Händler und Pilgerer weilten zuweilen hier, auf der Durchreise, mit anderen Zielen vor Augen.
Auch Remus Silberzahn lebte hier. Er war ein wohlgenährter Bier- und Weinhändler dessen Ware beileibe nicht so hochwertig war, wie es die wohlklingenden Namen versprechen wollten. Remus liebte es zu feiern. Er liebte es zu essen und zu trinken und in ein, von wohlgeformten Weibern, vorgewärmtes Bett zu steigen. Er galt als unbeschwert und bewahrt vor unnötiger Klugheit. Beleidigungen nahm er nicht allzu schwer und Streit beendete er normalerweise mit befreiendem Gelächter, das seinen ganzen, prachtvollen Körper zum Beben brachte. Eben dieser Remus war Gedeons Ziel. Es war nicht mehr weit, doch Gedeon ließ sich Zeit. Eile war nicht vonnöten. Man konnte es Gedeons ernstem Gesicht nicht ablesen, doch er war guter Laune. Und für seine Verhältnisse waren seine Schritte fast schon als beschwingt zu bezeichnen.


Nana Nymphadore



©2008 by Nymphadora. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

Kommentare


Von Nymphadora
Am 26.08.2008 um 17:59 Uhr

Hallo Paglim,
Vielen dank für den Tip. Ich hatte schon überlegt, wie brutal ich es machen soll. Schließlich soll ja die Geschichte im Vordergrund stehen und nicht das Gemetzel.



Nana Nymphadore


Von Paglim
Am 26.08.2008 um 14:30 Uhr

Also ich kenne solche Momente, ich kann dich gut verstehen ;)

Mir gefällt der Anfang sehr gut und ich finde es interessant, dass du in so verschiedenen Stilen schreiben kannst. Das andere Werk ist eindeutig ein Jugendbuch, dies Erwachsenenlektüre. Der Anfang schleudert den Leser quasi ins Geschehen, aber nur kurz, dann werden die Figuren eingeführt. Das ist gut und fesselnd, so sollte es sein. Ich würde es aber mit der Gewalt nicht übertreiben, es wirkt sonst irgendwann "normal" und schockiert nicht mehr.

Allgemein ein sehr interessanter Anfang


Von Nymphadora
Am 26.08.2008 um 13:57 Uhr

Ach und übrigens...
die Serie Angels kenne ich zwar vom Namen her, habe sie aber noch nie gesehen.


Nana Nymphadore


Von Nymphadora
Am 26.08.2008 um 11:22 Uhr

Hallo ihr Kritiker,
vielen Dank für eure nette Kritik. ich bin sehr erleichtert, daß euch dieser Anfang gefällt, denn tatsächlich ist das zurzeit mein Lieblingsprojekt. Ich habe auch schon weitergeschrieben, aber ich bin unsicher, ob ich den Geist der Geschichte exakt getroffen habe. Deswegen müßt ihr auch noch etwas warten. Ich muß das noch mal mit der richtigen Musik überarbeiten.
Das, was ich bis jetzt hier reingestellt habe (nennt man das so?), habe ich in einem Rutsch geschrieben. Diese Story brach aus mir heraus, ohne, daß ich mich dagegen wehren konnte. Ich war ganz unruhig, bis es endlich niedergeschrieben war. Ich vergleich das immer mit einem Vulkanausbruch, der nicht aufzuhalten ist. Kennt ihr auch diese Anwallungen?


Nana Nymphadore


Von Jason-Potter
Am 25.08.2008 um 21:46 Uhr

Also ich mus sagen, ich hätte den Schreibstil nicht wiedererkannt. Der andere Text war zwar gut, aber kein Vergleich zu dem hier, das hier ist was höheres, dein Meisterwerk, das spürt man. Es ist so gut, dass ich mein Haupt in Ehrfurcht vor dir verneige. Nein wirklich, spannender geht es nicht und auch nicht schöner geschrieben. Und es hat schwarzen Humor, ich liebe schwarzen Humor.
Eine Satz erlaube mir zu beflecken, naja ein Sätzchen.

Tja, Pech für ihn.


Glaube mir, er passt nicht zu diesem erhabenen Charakter, er würde nicht einmal einen Gedanken an diesen Dorfbewohner verschwenden, geschweige denn eine zynischen ... er ist der kaltschnäuzige stille Typ, gefühlskalt ist vielleicht die beste Bezeichnung und das macht ihn ja auch so geil.
Kennst du eigentlich die Serie Angel. Ich musste sofort an Ellyria aus der Prallelwelt denken, ist halt in dem Fall ein weiblicher Krieger gewesen.


Von Aabatyron
Am 25.08.2008 um 21:20 Uhr

Sehr spannender Anfang!!!


Werner May (Aabatyron)

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Es gibt 6 Kommentare


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