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Kampf der Unbesiegbaren - Aabatyron Buch 3 Kapitel 11 Teil 1 - von Aabatyron, 05.11.2008
Das Geheimnis von Aabatyron

Buch 3

Kapitel 11 Kampf der Unbesiegbaren Teil 1

Walter war sich sicher, dass Damian inzwischen auch wieder den Weg nach Deutschland gefunden hatte, denn die Medien berichteten von einigen seltsamen Vorfällen, bei denen offensichtlich die Zeugen von einer Art „Supermann“ mehr als beeindruckt worden waren. Allerdings hatte dieser „Supermann“ keine guten Taten wie seine Comicvorlage vollbracht, sondern sich mit Gewalt in den Besitz von äußerst wertvollen Edelsteinen gebracht, die für eine Sonderausstellung bei einer Sicherheitsfirma deponiert worden waren. Schon allein die Tatsache, dass jemand nur mit den eigenen Körperkräften eine Glaspanzerung durchdringen konnte, die bislang als absolut kugelsicher galt und bisher jeden Einbrecher von dem Versuch abgehalten hatte, sich zu einem Diebstahl hinreißen zu lassen, hatte die anwesende Wachmannschaft mehr als geschockt. Der Dieb hatte sich schnurstracks in Richtung der Vitrinen mit dem darin aufbewahrten Schmuck begeben. Dass sich in dem Raum mehr als zehn bewaffnete Wachmänner aufhielten, schien ihn in keinster Weise zu beeindrucken. Als er von einem der Wachmänner aufgefordert wurde, sich sofort mit den Händen auf dem Rücken auf den Boden zu legen, brach er in schallendes Gelächter aus. Um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen, gab der Wachmann einen Warnschuß ab. Aber auch dadurch ließ sich der Einbrecher nicht beeindrucken und ging unbeirrt weiter in Richtung der Vitrinen. Zwei besonders kräftige Beamte versuchten jetzt, den dreisten Dieb von seinem Vorhaben abzubringen und erfassten seine Arme. Im nächsten Moment flogen beide wie Spielzeugpuppen durch den Raum und landeten unsanft auf dem Boden. Während der eine mit schmerzverzerrtem Gesicht und laut stöhnend liegenblieb – vermutlich hatte er sich bei dem Sturz einige Rippen gebrochen – zog der andere seine Waffe und forderte den Dieb auf, sich jetzt endlich zu ergeben. Dieser drehte sich um und kam nun langsam auf den am Boden liegenden Beamten zu. Es schien ihn absolut nicht zu beeindrucken, dass dieser eine scharfe, entsicherte Waffe auf ihn in Anschlag gerichtet hielt. Der am Boden liegende wußte, dass er gegen diesen Dieb mit körperlichen Kräften keine Chance hatte. Er zielte auf das Bein des Angreifers – wenn ihn eine Kugel traf, würde ihm seine Räuberei gründlich vergehen. Mit einem lauten Knall löste sich der Schuß aus der Waffe. Aber – dies war doch völlig unmöglich – die Kugel prallte am Bein des Diebes ab, als ob dieses aus gehärtetem Stahl bestehen würde. Der Beamte wußte überhaupt nicht wie ihm geschah, als er plötzlich ergriffen wurde und jetzt mit hoher Geschwindigkeit gegen die Wand auf der anderen Seite des Raumes geschleudert wurde. Als die Wachmänner sahen, auf welch grausige Weise ihr Kollege gerade ums Leben gekommen war, eröffneten sie alle gemeinsam das Feuer aus ihren Waffen. Es war nicht zu glauben, aber der Dieb stand immer noch unverletzt mitten im Raum und ihre ganze Aktion entlockte ihm nur ein hämisches Grinsen. Der Gruppenführer der Wachmannschaft hatte inzwischen eine panzerbrechende Waffe in Anschlag gebracht, da er unschwer erkannte, dass die „normalen“ Kaliber den Dieb offensichtlich nicht beeindrucken konnten. Er war sich sicher, dass diese Person vermutlich kein Mensch war, sondern eine äußerst gut gelungene Konstruktion eines gepanzerten Roboters. Gleich war der Spuk vorbei – die panzerbrechenden Geschosse würden die Metallteile des Roboters mühelos durchschlagen und den darunterliegenden Mechanismus ausser Funktion setzen. Als er den Abzug betätigte, platzte ihm fast das Trommelfell seiner Ohren, als das Hochgeschwindigkeitsgeschoss den Lauf verließ. Voll erwischt. Der diebische „Roboter“ wurde von der Wucht des Aufschlags quer durch den Raum gefegt und donnerte durch eine der hinteren Panzerglasscheiben des Raumes. Wer immer den Roboter konstruiert und gelenkt hatte, würde jetzt bestimmt zähneknirschend bemerken, dass von seiner Konstruktion nur noch Schrott übriggeblieben war. So einen raffinierten Überfall hatte es seit Bestehen der Wachfirma noch nie gegeben. Jeder wollte jetzt sehen, aus welchen Komponenten dieser Roboter hergestellt worden war. So eine täuschend menschenähnliche Maschine hatten sie bisher noch nie gesehen. Gerade als der erste bei dem vermeintlich zu Schrott geschossenen Maschinenwesen ankam, richtete sich dieses auf und startete seinen nächsten Angriff. Ein weiterer Schuß aus der panzerbrechenden Waffe warf den Angreifer zwar wieder einige Meter in dem Raum durch die Luft, aber von Beschädigung keine Spur. Offensichtlich bestand seine Aussenstruktur aus einer bis jetzt unbekannten ungewöhnlich stabilen Metallegierung. Zwei weitere Beamte hatten sich inzwischen mit den Panzerbrechenden Waffen ausgerüstet, aber selbst der Beschuß aus drei Waffen gleichzeitig zeigte keinerlei schädigende Wirkung auf den Angreifer. Resigniert traten die Beamten nach der Erkenntnis ihrer aussichtslosen Lage den Rückzug an. In den späteren Aufzeichnungen der Überwachungskameras war eindeutig zu sehen, dass der Einbrecher oder die Robotereinheit den Beschuß von der Wachmannschaft unbeschadet überstanden hatte. Er entnahm in aller Seelenruhe den gesamten Schmuck aus den Vitrinen und verstaute ihn in einer Tasche. Das Seltsamste an der ganzen Geschichte war die Beobachtung, dass sich der Dieb in seiner Gestik keinesfalls wie eine Robotereinheit bewegte, sondern sich 100% wie ein Mensch verhielt. Man konnte an seinem Gesichtsausdruck geradezu die Schadenfreude darüber erkennen, dass die Wachmänner so hilflos dieser Situation gegenübergestanden hatten und zum Schluß sogar um ihr eigenes Leben zu retten, flüchten mußten.
Dass der Dieb aussah, wie der Zwillingsbruder des der Behörde schon bekannten Damian Porch konnte zwar Zufall sein, aber die Behörden statteten trotzdem seinem Anwesen einen Besuch ab. Wie schon fast vermutet, handelte es sich tatsächlich bei dem Dieb und Damian Porch um ein und dieselbe Person. Er machte nicht einmal ansatzweise den Versuch, sich vor den Behörden zu verstecken, ganz im Gegenteil. In einer mehr als arroganten und dreisten Art forderte er die Beamten auf, unverzüglich sein Anwesen zu verlassen und sich nie mehr auf seinem Grund und Boden sehen zu lassen. Wenn sie seiner Aufforderung nicht Folge leisten würden, sah er sich gezwungen sie mit Gewalt von seinem Anwesen zu verjagen. Dass sie sich keine Hoffnungen machen bräuchten, es auch nur ansatzweise mit seinen Kräften aufnehmen zu können, hätte er ja heute schon zur Genüge bewiesen. Ratlos traten die Beamten den Rückzug an. Mit ihren Waffen waren sie offensichtlich nicht in der Lage, heute und hier einen Sieg zu erringen. Es gab natürlich vor allen Dingen heillose Aufregung darüber, wie es möglich war, dass dieser Damian Porch plötzlich über solche unnatürlichen Kräfte verfügte. Die Medienberichte über die heute stattgefundenen Vorfälle überschlugen sich förmlich. Viele Menschen bekamen geradezu Panik, wenn sie daran dachten, dass es noch andere mit solchen Kräften gab und diese dann anfingen, die „normalen“ Menschen zu versklaven.
Bei den Militärs dachte man indes etwas anders über diese Vorfälle. Wenn man diese Kräfte auf einen Soldaten übertragen konnte, war es möglich eine unschlagbare Armee aufzustellen. Ihr erklärtes oberstes Ziel war es, diesen Damian Porch einzufangen und das Geheimnis seiner ungewöhnlichen Kräfte zu enträtseln.
Walter war indessen entsetzt darüber, was er durch seinen neugierigen Forscherdrang ausgelöst hatte. Wenn irgend jemand von seinen außergewöhnlichen Kräften erfuhr, würde auch er als Versuchskaninchen in irgend einem Labor landen. Diese Schwester von Christina Freiberg konnte ihm vielleicht helfen. Aufgrund ihrer Erzählung hatte er überhaupt erst mit der Suche nach dem Stein des Lebens angefangen. Möglicherweise wußte sie, wie man sich dieser unheilvollen Kräfte wieder entledigen konnte. Am Anfang hatte er nur daran gedacht, wie es wäre, mit solchen Kräften und Fähigkeiten ausgestattet zu sein. Dass es für einen Träger dieser Kräfte eine mehr als große Verantwortung bedeutete, diese auch sinnvoll einzusetzen, daran hatte er vorher nie einen Gedanken verschwendet. Jetzt vielleicht Zeit seines Lebens von neugierigen Wissenschaftlern verfolgt zu werden und kein normales Leben mehr führen zu können – dies war einfach ein zu hoher Preis den er dafür bezahlen mußte.

Als Droormanyca diesen jungen Mann vor sich stehen sah, spürte sie sofort, dass er von Kummer geplagt sich ernsthafte Vorwürfe machte, so leichtsinnig mit den Kräften des Universums umgegangen zu sein. Gottseidank war er sehr gewissenhaft und hatte nicht vor, diese ihm geschenkten Kräfte zu mißbrauchen. Leider konnte die psionische Umwandlung biologischer Körperzellen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Walter mußte schnellstens lernen, mit seinen neuen Fähigkeiten umzugehen und sie richtig einzusetzen. Wenn er die Vorteile dieser Fähigkeiten in ihrem gesamten Umfang erkannte, würde er sein Schicksal vielleicht akzeptieren.
Das größte Problem war allerdings dieser Damian Porch. Da es keine Möglichkeit gab, ihm wieder seine ungewöhnlichen Kräfte zu entziehen, er aber diese nur gewissenlos gegen andere Menschen einsetzte, mußten sie versuchen, ihn an weiteren Straftaten zu hindern. Die Menschen hatten mit ihren Waffen keine Chance, gegen ihn einen Kampf zu gewinnen. Eine der größten Gefahren bestand darin, dass bei einem Kampf mit ihm, die Menschen darauf aufmerksam wurden, dass es noch andere mit diesen Fähigkeiten gab.

Christina hatte einen mehr als verwegenen Plan entwickelt, wie man das Problem mit diesem gewalttätigen Damian Porch vielleicht lösen konnte. Wenn es gelänge, ihn an Bord eines ihrer Raumschiffe zu locken, könnte man ihn vielleicht auf einen anderen unbewohnten Planeten transportieren und damit von weiteren Straftaten auf der Erde abhalten. Gottseidank war er immer noch an eine körperliche Existenzform gebunden und konnte sich nicht wie Droormanyca Kraft seiner Gedanken durch Raum und Zeit bewegen. Die Gabe, Gedanken anderer erfassen zu können, schien ihm auch zu fehlen. Also konnte er zumindest nicht mit telepathischen Kräften ihren Plan auskundschaften. Sie mußten ihren Plan sehr schnell in der Praxis umsetzen, denn schon wieder wurde in den Medien davon berichtet, dass eine ganze Kompanie der Militärs versucht hatte, das Anwesen von Damian Porch zu stürmen, mit dem Ergebnis, dass sie mit vielen Verletzten und sogar einigen getöteten Soldaten den Rückzug hatten antreten müssen. Von den drei Panzerfahrzeugen, die die Soldaten zur Stürmung des Anwesens mitgenommen hatten, waren nur noch drei Schrotthaufen übriggeblieben. Nicht nur die Polizeibehörde war jetzt ratlos, auch die Strategen der Militärs hatten so etwas noch nie erlebt und wußten momentan Rat, wie man diesen Verbrecher fangen und dingfest machen konnte.
Als der Alarm in einem Museum für Kunstgeschichte und Malerei ausgelöst wurde, war auf den Monitoren der Überwachungskameras deutlich zu sehen, wer sich die wertvollen Bilder unter den Nagel reisen wollte: Der schon leidig bekannte Damian Porch meinte, die Bilder, die ihm gefielen, sich einfach nehmen zu können. Es gab ja schließlich niemand, der ihn aufhalten konnte. Dass plötzlich alle Überwachungskameras ausfielen, schrieb die Behörde zwar dem Einbrecher zu, der hatte aber selbst keine Ahnung davon, dass er so plötzlich keine Zuschauer mehr besaß. Er wollte gerade eines der wertvollen Bilder von der Wand nehmen, als er einen Luftzug neben sich spürte und gleich darauf von einem kräftig ausgeführten Faustschlag in die Mitte des Raumes befördert wurde. Verblüfft stellte er fest, dass niemand auf ihn geschossen hatte – allerdings war er so kräftig am Arm getroffen worden, dass ihm der Schmerz die Tränen in die Augen trieb. Schmerz? Plötzlich überkam ihn Panik. Hatte er diese übernatürlichen Kräfte verloren? Wirkten sie nur eine bestimmte Zeit? Er kam gar nicht zum Nachdenken. Der Nächste Schlag erwischte ihn voll am Kopf. Er sah wie eine Glasvitrine schnell auf ihn zukam – beziehungsweise er selbst bewegte sich auf die Vitrine zu – und brach im nächsten Moment durch die Verglasung durch. Die Stelle, an der er getroffen worden war schmerzte jetzt genauso wie sein Arm – allerdings hatte das zersplitternde Glas ihm keine Wunde zugefügt. Von wem wurde er angegriffen? Er wollte eine der kräftigen Eisenschienen aus dem der Vitrinenkasten bestanden hatte mit der Hand umfassen, um sich damit gegen diesen wieselflinken Angreifer zu wehren. Verblüfft stellte er fest, dass er das Metall anstatt festzuhalten vollständig mit der Kraft seiner Hand verformt hatte. Also besaß er noch seine besonderen körperlichen Kräfte. Hatte ihn Walter angegriffen? Er konzentrierte sich auf den nächsten Angriff. Ein kurzes Pfeifen in der Luft signalisierte ihm, dass sein Gegner wieder zum Schlag ausgeholt hatte. Der Hieb traf ihm diesmal am linken Arm. Aber er reagierte blitzschnell und hielt die Hand, die ihn geschlagen hatte, mit aller Kraft fest. Ein Schmerzensschrei signalisierte ihm, dass er den Angreifer erwischt hatte. Es war allerdings eine große Überraschung was er jetzt sah. Vor ihm stand ein etwa 17-18 jähriges Mädchen und versuchte sich von seiner Umklammerung zu lösen. Er war selbst so überrascht, nicht Walter vor sich stehen zu sehen, dass er im nächsten Moment ob seiner Unachtsamkeit eine Faust voll auf die Nase bekam und erschreckt die Hand dieses Mädchens losließ. Verdammt, sie hatte ihm die Nase gebrochen. Deutlich hatte er gespürt, wie der Knochen zersplittert war, und als er seine Nase vorsichtig mit den Fingern befühlte war außer dem Schmerz der gebrochene Knochen zu ertasten. Das konnte doch nicht wahr sein. Gab es ausser ihm noch andere Menschen mit diesen aussergewöhnlichen Fähigkeiten? Als nach wenigen Sekunden der Schmerz in seiner gebrochenen Nase nachließ und er jetzt ertasten wollte, wie weit die Schwellung angewachsen war, stellte er mit Verblüffung fest, dass von dem zersplitterten Knochen nichts mehr ertastbar war. Also hatte er nicht nur besondere körperliche Kräfte, sondern auch besondere Regenerationsfähigkeiten. Jetzt würde er es dieser jungen Dame zeigen, wer der Stärkere war. Die hatte auch schon wieder ihren nächsten Angriff gestartet. Allerdings erschien sie ihm jetzt noch flinker als vorher und als er von ihr einen Schlag mit der Handkante abbekam, zwang ihn dieser Hieb in die Knie. Sie hatte ihn anscheinend voll erwischt, denn jetzt sah er sie gleich doppelt vor sich stehen. Die Türen wurden geöffnet, und die Wachmannschaft stürmte mit den Gewehren im Anschlag in den Raum. Blitzschnell war das geheimnisvolle Mädchen verschwunden. Damian hatte sich rasch von den Folgen des Kampfes gegen dieses Mädchen erholt. Als die Wachen anfingen auf ihn zu schießen, hielt er es für klüger, sich zuerst einmal zurückzuziehen und herauszufinden, welcher „Geist“ ihn heute angegriffen hatte. Verwundert stellten die Wachen fest, dass in dem Raum ein heftiger Kampf vor ihrem Eintreffen stattgefunden haben mußte, aber sie hatten nur den flüchtenden Dieb in dem Raum gesehen. Bestimmt war er nicht wegen den eintretenden Wachen geflohen. Irgend etwas Unbekanntes hatte ihn anscheinend davon abgehalten, die wertvollen Bilder aus der Galerie zu entwenden.
Als Damian wieder an seinem Wohnsitz ankam, hatten natürlich einige besonders eifrige Beamten aufgrund der Berichte über die Vorgänge in dem Museum gedacht, dass er nicht mehr voll über seine besonderen Kräfte verfügte, und somit ihnen der Erfolg einer spektakulären Verhaftung beschert sein würde. Dass die meisten von ihnen erst im Krankenhaus wieder das Bewußtsein erlangten, belehrte sie eines Besseren, obwohl sie sich zuvor auf seinem Anwesen sehr gut versteckt hatten und alle Vorteile der Überraschung auf ihrer Seite wähnten.
Damian indessen machte sich ernsthafte Gedanken darüber, wer ihn heute angegriffen hatte. Hatten vielleicht die Ureinwohner alle diese übernatürlichen Fähigkeiten vererbt. Nein, das Mädchen besaß keinesfalls das Aussehen eines dieser Ureinwohner. Wenn er es so richtig überlegte, hatte dieses Mädchen ausgesehen, wie der bekannten Wissenschaftlerin Christina Freiberg aus dem Gesicht geschnitten. Aber klar, daher der wissenschaftliche Erfolg und das riesige Vermögen. Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. Bestimmt hatte diese Christina Freiberg vor ihm schon diesen Stein des Lebens berührt und deshalb die gleichen Kräfte wie er bekommen. Die würde bestimmt jede Summe dafür bezahlen, dass dieses Geheimnis nicht an die Öffentlichkeit gelangte. Das war noch viel einträglicher, als sich irgend welche wertvollen Gegenstände, die ihm gefielen, zu beschaffen. Jetzt fing der Spaß erst richtig an.
Schon am nächsten Tag stattete er dieser Christina Freiberg einen kleinen Besuch ab. Ohne Umschweife forderte er von ihr eine riesige Summe Geld dafür, dass er nicht der Presse verriet, dass auch sie über diese Superkräfte verfügte. Christina sah ihn nur verständnislos an. Er war der Meinung, dass sie sich wirklich gut verstellen konnte. Ihre vorgetäuschte Unwissenheit wirkte fast echt. Nun ja, er konnte auch ein wenig nachhelfen. Wenn sie von ihm einen Hieb abbekam, konnte sie unschwer leugnen, nicht auch über besondere Kräfte zu verfügen. Blitzschnell führte er einen Hieb gegen ihre Schulter aus. Allerdings kam für ihn sogleich die größte Überraschung seines Lebens. Diese Christina Freiberg wurde von dem Hieb quer durch den Raum befördert und landete rücklings auf einem der kleinen Beistelltische. Der Tisch zerbrach bei ihrem Aufprall und verwundert stellte Damian fest, dass er sich offensichtlich doch in dieser Person geirrt hatte. Da wo er Christina an der Schulter getroffen hatte, klaffte eine tiefe lebensgefährliche Wunde. Christina lag stöhnend vor Schmerz auf dem Boden und jetzt sah Damian, dass sie von dem Fuß des Beistelltisches förmlich aufgespießt worden war. Also das hatte er wirklich nicht gewollt. Fluchtartig verließ er das Haus der Wissenschaftlerin. Jetzt ließen die Behörden bestimmt nicht mehr locker, ihn zu fangen nachdem er diese berühmte Wissenschaftlerin angegriffen und lebensgefährlich verletzt hatte.
Zu hause angekommen wartete bereits die nächste Überraschung auf ihn. Kaum hatte er sein Wohnzimmer betreten, stand vor ihm – diese Christina Freiberg? Nein das war unmöglich. Er sah sich noch einmal das Mädchen genau an. Wurde er jetzt verrückt? Das war nicht diese Christina, es war Evamaria, die Freundin von Walter. Er wollte gerade fragen, was der Grund für ihren Besuch bei ihm war als er sich schon wieder korrigieren mußte. Vor ihm stand Walter in voller Lebensgröße. Was war mit seinen Augen los? Mit beiden Händen versuchte er die Täuschung aus seinen Augen zu reiben. Als er wieder aufblickte stand jemand vor ihm, der ihn fast zu Tode erschreckte. Er selbst. Es war wie wenn er vor einem Spiegel stehen würde. „Ja, da hast du einen entscheidenden und gravierenden Fehler gemacht als du diese Christina Freiberg fast erschlagen hast“, hörte er sein Gegenüber sagen. „Wenn man mit den Mächten der Natur nicht umgehen kann, sollte man sie sich auch nicht aneignen“, kam schon die nächste Warnung an ihn, seine Gewalttätigkeiten gegenüber anderen Menschen nicht mehr fortzusetzen. Leider war er nicht belehrbar – seine Vermessenheit, zu glauben, die besonderen Körperkräfte und seine fantastischen Regenerationsfähigkeiten würden im helfen, jeden Kampf zu gewinnen, verführten ihn dazu, das vor ihm stehende Wesen doch trotz aller Warnungen anzugreifen.

Christina hatte den Besuch von diesem Damian Porch schon erwartet. Da ihre Schwester Droormanyca in der Lage war, alle möglichen Körperformen anzunehmen, wechselten sie einfach die Rollen. Als dieser gewalttätige Damian quasi die Unverletzbarkeit von Christina testen wollte, bildete Droormanyca eine große Wunde an ihrer Schulter einfach Kraft ihrer Gedanken nach. Die echte Christina hielt sich derweil im Hintergrund, jederzeit bereit, einzuschreiten, wenn es Probleme geben sollte. Es mußte unter allen Umständen verhindert werden, dass dieser Damian mit der Information, dass es noch andere Menschen mit außergewöhnlichen fantastischen Kräften ausser ihm gab, an die Öffentlichkeit ging. Nachdem er gesehen hatte, dass er in Christina Freiberg offensichtlich die falsche Person erwischt hatte, verließ er hastig das Anwesen von Christina. Als Christina ihre Schwester so daliegen sah, erschrak selbst sie im ersten Moment über diesen Anblick. Die Verletzungen sahen so echt aus, dass selbst sie getäuscht wurde. Erst als Droormanyca ein breites Grinsen ob dem entsetzten Gesichtsausdruck ihrer Schwester aufsetzte, wurde sich Christina wieder bewußt, dass ihre Schwester Fähigkeiten hatte, von der nicht einmal sie wagte zu träumen. Die Fähigkeit, sich Kraft ihrer Gedanken an jeden beliebigen Ort versetzen zu können, nutzte Droormanyca, um noch vor Damian, in dessen Wohnung zu sein.
Droormanycas Plan war sehr einfach. Wenn sie Damian dazu brachte, zu glauben, dass es auf der Erde noch andere Wesen gab, die es locker mit ihm aufnehmen konnten, würde er sich vielleicht von seinen brutalen Raubzügen abbringen lassen. Als sie jetzt plötzlich trotz aller Warnungen von ihm angegriffen wurde, war sie im ersten Moment mehr als wütend über so viel Unvernunft. Blitzschnell wandelte sie ihren Körper in eine reine Energieform und Damian stürzte buchstäblich durch sie hindurch. Als sein Körper mit der konzentrierten psionischen Energie von Droormanyca in Berührung kam, verspürte er eine ungeheure Schmerzwelle und hatte das Gefühl, als ob man ihm seine Haut bei lebendigem Leibe verbrennen würde. Er fiel hinter Droormanyca auf dem Boden und schnappte mühsam nach Luft. War er gewohnt, dass der Schmerz nach einem „Kontakt“ mit diesen anderen „Unsterblichen“ relativ schnell verflog, so dauerte es diesmal eine halbe Ewigkeit, bis der Schmerz langsam nachließ und er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Als er sich wieder aufrichten wollte, stellte er fest, dass er sehr müde war – gerade so, als ob ihm dieses Wesen soeben einen Teil seiner „Lebensenergie“ entzogen hätte. Er hatte nur noch einen Gedanken: Schnelle Flucht. Zufrieden stellte Droormanyca fest, dass sie es offensichtlich das erstemal fertiggebracht hatte, diesem Damian eine gehörige Portion Respekt einzuflößen. Allerdings war sie auch überzeugt davon, dass er bestimmt nicht so einfach sich zurückziehen und seine Aktivitäten einstellen würde. Vermutlich hatten sie im Moment erst einmal Ruhe vor seinen Gewalttaten und mit Sicherheit gab es von Ihm auch keine Informationen mehr an die Presse, aber trotz allem war äusserste Vorsicht geboten.

Damian war durch den Kontakt mit diesem Wesen, das anscheinend in der Lage war, jede beliebige Körperform anzunehmen, immer noch sehr geschwächt, fühlte aber, dass er sich langsam wieder von den Folgen der Berührung erholte. Also war es fast sicher, dass auch dieses Wesen ihm letztendlich nichts anhaben konnte. Allerdings war es mehr als ärgerlich, dass es ausser ihm anscheinend doch auch noch andere Wesen oder Menschen auf der Erde gab, die mit diesen fantastischen körperlichen Fähigkeiten wie er ausgestattet waren. Hatten auch sie ihre Kräfte von einem Stein des Lebens bekommen? Diese Frage beschäftigte ihn jetzt die ganze Zeit, während er sich in eine seiner kleinen Wohnungen in der Großstadt geflüchtet hatte. Gab es noch andere Steine des Lebens, die ihre Kräfte bei einer Berührung auf einen Menschen übertragen konnten? Leider hatte ihm Walter nicht die ganze Wahrheit über die fantastischen Eigenschaften dieses von ihnen gefundenen Steines verraten. Hätte er im Voraus gewußt, dass dieser Stein übernatürliche Kräfte verleihen konnte, mit Sicherheit hätte er zu verhindern gewußt, dass ihn auch Walter berührte und sich die abgegebenen Energien offensichtlich zwischen ihnen beiden aufgeteilt hatten. Deshalb war es auch möglich, dass dieses wandelbare Wesen in der Lage war, ihn bei einem Zweikampf zu besiegen – er hatte vermutlich nur einen Teil der Kräfte von dem Stein bekommen, die andere Hälfte schien auf Walter übergegangen zu sein. Wenn es aber mehrere Personen mit diesen Fähigkeiten gab, dann war es nur logisch, dass es auch mehrere dieser seltsamen Steine gegeben haben mußte. Damian wußte momentan zwar nicht, wie sehr er sich mit dieser Annahme irrte, nichts desto Trotz war es nach diesem Gedanken von ihm beschlossene Sache, nach weiteren Steinen des Lebens zu suchen um sich in den Besitz deren Kräfte zu bringen.
Seine Suche würde er in dem Gebiet des bereits bekannten Fundortes beginnen. Mit seinen Körperkräften war es ihm bestimmt möglich, auch mit Gewalt, noch weitere Fundorte von den Eingeborenen zu erfahren. Auf jeden Fall mußte er die verbliebenen Spuren dieser in der Sage erwähnten Einsiedlerin finden. Sie würden ihm mit Sicherheit Aufschluß darüber geben können, ob und wieviele andere Steine mit diesen Kräften es in dem Gebiet noch gab. Die Reise zu planen war für ihn kein Problem. Dieser Stein des Lebens hatte ihm nicht nur fantastische körperliche Kräfte beschert, sondern auch sein Gedächtnis schien besser zu funktionieren als je zuvor. Um den Ort seiner ersten Abenteuerreise zu der geheimnisumwitterten Höhle zu finden benötigte er diesmal weder ein GPS-Ortungssystem, noch eine Landkarte. Es war fantastisch, alle Daten waren wie in einem Computer in seinem Gehirn gespeichert und er konnte sich an jede Kleinigkeit erinnern. Er war sich sicher, dass wenn er noch einige dieser Steine finden würde, und deren Kräfte auf ihn übertragen worden waren, dann war er wirklich unbesiegbar und konnte diese anderen Wesen mit den besonderen Kräften ohne Anstrengung vernichten.
Mit falschem Paß war seine Reise bis zu dem Hafen, in dessen Bucht seine wundersame Wandlung stattgefunden hatte, überhaupt kein Problem. Die Stelle, an der er seine neu gewonnenen Kräfte das erste Mal ausprobiert hatte, war noch immer für den Schiffsverkehr abgesperrt. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als er sah, dass die Wissenschaftler noch immer vergebens nach der Ursache der Zerstörung des Bootes wie von Geisterhand suchten. Ein Boot zu mieten und die entsprechende Mannschaft für seine Reise zu bekommen war überhaupt kein Problem als er dem Kapitän ein dickes Bündel Geldscheine für die Entlohnung in die Hand drückte. Die würden das Geld ja sowieso nie ausgeben können. Wenn er das Ziel erreicht hatte, würde er sich der Männer entledigen – schließlich konnte er keine Zeugen gebrauchen die womöglich danach selbst auf die Idee kamen sich auch etwas von den Kräften der Steine des Lebens zu nehmen.
Der Kapitän war ein richtig ausgefuchster alter Hase, der sich in dem gesamten Gebiet auskannte wie in seiner Westentasche. Deshalb war er mehr als verblüfft, dass sein fremder Fahrgast sich offensichtlich zumindest genauso gut wie er selbst in den vielen kleinen Wasserwegen des Flusses auszukennen schien. Da die Prämie, die nach der Reise zusätzlich vereinbart war, sich auch auf den zurückgelegten Kilometern berechnete, wollte der Kapitän natürlich den ungefährlicheren aber etwas weiteren Weg für die Fahrt nehmen. Jetzt bewies ihm sein Fahrgast, dass er sich sogar besser als er selbst auszukennen schien. Der legte eine Rute fest, die über einige Etappen hinweg nicht einmal dem alten Kapitän bekannt war, obwohl er schon mehr als vierzig Jahre auf diesen Wasserstraßen Urlauber, Abenteurer und manchmal auch schon Forschergruppen in alle Gebiete des Amazonas befördert hatte.
Damian wollte so schnell als möglich zu dem Ort wo das Bergvolk lebte gelangen. Trotz allem dauerte die Reise ihre Zeit. Mit einem Flugzeug hätte er sein Ziel zwar viel schneller erreicht, aber in dem dichten Dschungel gab es nirgends einen Platz, wo man hätte ein Flugzeug landen können.
Nach knapp zwei Wochen war er endlich am Ziel. Nach vier Tagen Marsch durch den dicht bewachsenen Urwald sah er das Dorf der Ureinwohner vor sich auf dem Platoon. Die Männer, die mit ihm gekommen waren, konnten sich vor Müdigkeit fast nicht mehr auf den Beinen halten. Hatten sie am Anfang gedacht, dass dieser vom Wohlstand verwöhnte „Tourist“ bestimmt nach wenigen Kilometern in der Hitze des Urwalds zusammenbrechen würde, so sahen sie sich jetzt in der schmächlichen Situation, dass er sie immer wieder zum Weitergehen antrieb und anscheinend das Wort „müde“ überhaupt nicht kannte. Es war schon mehr als blamabel, dass sie leider zugeben mußten, trotz ihrer Körperkräfte und dem jahrelangen „Training“ bei solchen Reisen, jetzt von einem dieser „Großstadtschwächlinge“ immer wieder zu einer etwas schnelleren Gangart angetrieben werden zu müssen. Gottseidank konnten sie sich endlich, nachdem sie das Dorf dieses Bergvolkes erreicht hatten, ausruhen, nachdem schnell die Zelte aufgeschlagen worden waren. Damian begab sich indessen ohne Rast sofort zu der Stelle auf dem Platoon, mit den in den Stein eingeritzten Zeichen. Die Männer waren heilfroh, dass er keinen von ihnen aufforderte, ihn dorthin zu begleiten. Woher dieser Tourist die Kräfte nahm, ohne sich auszuruhen, sofort den nächsten Berg zu besteigen, war ihnen ob ihrer eigenen Müdigkeit ein absolutes Rätsel.
Damian indessen sah sich die vielen Zeichnungen, die die Vorfahren dieses Bergvolkes vor mehr als fünfhundert Jahren in den Stein eingeritzt hatten, sehr aufmerksam an. In der schon von Walter vermessenen Landkarte gab es keine anderen Zeichen mehr für das Vorhandensein eines zweiten Steines. Nur ein ovales Symbol mit einigen primitiven Schriftzeichen konnte er innerhalb der „Landkarte“ entdecken. Dort wo das Symbol in den Stein eingegraben war, hatten sie ja auch anschließend, nachdem sie den Maßstab entsprechend berechneten, die Höhle mit dem Stein des Lebens gefunden. In der gesamten Landkartenzeichnung war ausser dem symbolisch dargestellten Standort des Dorfes und der Höhle nur noch ein weiteres Zeichen eingeritzt worden. Es sah aus wie die primitive Zeichnung eines Kindes, das versucht hatte, eine Person zu zeichnen. Allerdings war diese Person umgeben von vielen nach aussen zeigenden Speeren oder spitzen Dornen. Um die Person herum gab es kreisförmig verteilt viele symbolisch dargestellte Totenköpfe. War dies die Stelle, wo die Ureinwohner damals ihre von einem gefährlichen Virus befallenen Stammesangehörigen nach ihrem Fiebertod vergraben hatten? War dies eine Warnung, diesen Ort nicht zu betreten um sich nicht auch mit dem gefährlichen Virus anzustecken? Vermutlich brauchte sich Damian vor einem Virus, wie gefährlich er auch immer war, nicht zu fürchten. Vielleicht hatten dort die Ureinwohner aber noch so einen Stein versteckt, um die Toten wieder zum Leben zu erwecken. Damian berechnete die Entfernungen bis zu diesem Platz und stellte verblüfft fest, dass diese Stelle hoch oben in den mehr als unzugänglichen Bergen liegen mußte. Es erschien ihm mehr als seltsam, dass die Überlebenden die Viruserkrankten und an den Folgen des Fiebers Verstorbenen dort mühselig hochgetragen hatten. Für ihn bedeutete es keine große Anstrengung, die Strecke in fünfzehn Kilometern Entfernung bis hoch zu dem in den Bergen gelegenen Ort zu kommen. Nur ein sehr schmaler Tierpfad führte hoch auf den Berg. Je weiter Damian den Berg auf dem engen Pfad bestieg, desto unwahrscheinlicher erschien es ihm, dass auf dem Berg die Bestattungsstätte der Virusopfer liegen würde. Als er den Bergkamm überquerte, sah er auf der anderen Seite mitten in der steilen Felswand ein kleines Platoon, das dicht mit Bäumen und Pflanzen bewachsen war. Im Zentrum von dieser grünen Oase, schien eine primitive Holzhütte zu stehen. Vermutlich hatte eine Forschergruppe einmal bei einer Expedition diese Hütte als Basislager für weitere Erkundungen erbaut. Was aber hatten die Dornen oder Speere um diesen Ort in der Zeichnung bedeutet. Hatten die Forscher auf die Bergbewohner geschossen oder sahen sich die Eingeborenen durch den ungewohnten Anblick der Forscher einer fremden Gefahr ausgesetzt? Vielleicht konnte man in der Hütte einen Hinweis finden. Verwundert darüber, dass er ohne seine besonderen Kräfte den Abstieg über die steile Felswand nie und nimmer geschafft hätte, stellte er sich die Frage, warum um alles in der Welt jemand eine Hütte an so einer unzugänglichen Stelle errichtet. Schon beim näherkommen fiel Damian auf, dass die Hütte keinesfalls verlassen wirkte. Die vielen Pflanzen und in bunten Farben blühenden Blumen rund um die Hütte sahen fast so aus, wie von fachmännischer Gärtnerhand angelegt. Dass allerdings hier oben jemand wohnte war so gut wie ausgeschlossen. Damian betrat die Hütte – der Innenraum war blitzblank, es gab einen kleinen Tisch, in einer Ecke lagen einige benutzt aussehende Gegenstände und eine mit Fell bedeckte Liegestätte vermittelte den Eindruck, als ob der Bewohner der Hütte bis vor kurzem noch hier gewesen wäre. Also das war mehr als seltsam. Damian hatte zwar von dem Mythos der Einsiedlerin gehört, aber eine Frau, die nach seiner Rechnung inzwischen 524 Jahre als sein mußte, konnte es seiner Meinung nach nicht geben. Die Ureinwohner, die diesen Stein damals berührt hatten, erreichten zwar mit teilweise bis zu 130 Jahren ein biblisches Alter, aber trotz allem waren alle irgend wann einmal gestorben. Es konnte unmöglich einen Menschen geben, der über fünfhundert Jahre alt war. Wenn jemand hier oben wohnte, dann war es ein Nachkomme dieser Einsiedlerin. Diese Frau konnte durchaus vom Aussehen her ihren Vorfahren gleichen und man hatte deshalb den Eindruck bekommen, ein und dieselbe Person vor sich zu sehen. Viel interessanter war für Damian allerdings die Aussicht, dass vielleicht diese Person, die hier wohnte, einen weiteren Ort kannte, wo so ein Stein des Lebens zu finden war. Also machte er sich auf, den Bewohner dieser Hütte zu suchen.

Shansyree würde nie den Blick ihres Mannes vergessen, als er sie liebevoll in den Arm nehmen wollte, und dabei sein Körper von einer unbekannten Energie verbrannt wurde. Ihr Volk war von einem unbekannten Virus angesteckt worden. Keine noch so gute Medizin konnte das Fieber aus den befallenen Körpern vertreiben. Wer die ersten Anzeichen des Fiebers bei sich entdeckte, hatte nur noch höchstens drei Tage zu leben. Es war grausig, hilflos mit ansehen zu müssen, wie der Bruder, die Schwester, Vater oder Mutter nach den ersten Fieberschüben körperlich immer schwächer wurde und sich vor Schmerzen auf seinem Lager wand. Nach einem Tag zeigte die Haut überall eitrige rote Stellen, die sich in Windeseile vergrößerten. Am zweiten Tag konnte der Befallene kaum noch atmen, die Schmerzen schienen kaum noch erträglich zu sein – manchen lief schäumendes helles rotes Blut aus den Mundwinkeln da sich die Lunge nicht mehr gegen die Viren wehren konnte. Wer am dritten Tag noch lebte bot einen gräßlichen Anblick. Die Augen waren trübe – zerstört von der Hitze des Fiebers – die offenen Wunden konnte man kaum noch betrachten, der Virus hatte das rohe Fleisch bis auf die Knochen freigelegt. Nur noch ein klägliches Röcheln zeigte, dass noch ein Rest Leben in dem befallenen Körper steckte. Wenn der Geist den Körper verließ war es in diesem Zustand eine besondere Gnade. Shansyree würde nie das Gefühl vergessen, als der empfundene Schmerz bei der Auflösung ihres Körpers durch den Virusbefall plötzlich einer wohligen Wärme wich. Seltsamerweise konnte sie ihren grausam zugerichteten Körper auf der Liegestätte sehen, als der Geist ihn verließ. Sie bewegte sich auf ein weit in der Ferne gleißend helles Licht zu. Schneller und immer schneller schien ihre Reise zu gehen. Fast erschrocken nahm sie plötzlich war, dass sie rings um sich die Stimmen ihrer anderen Stammesangehörigen, deren Geist auch die kranken Körper verlassen hatte, zu hören glaubte. Die Reise ging immer weiter durch eine Vielzahl von Lichteransammlungen – plötzlich wußte sie, dass diese Lichtpunkte Sterne und Galaxien waren. Sie wurde sich bewußt, dass nicht nur sie und ihre Stammesangehörigen diese Reise zu dem gleißenden Licht angetreten hatte, sondern dass sie inzwischen von Zehntausenden anderen begleitet wurde. Es war ein unbeschreibliches Glücksgefühl, jetzt zu dem Licht allen Lebens reisen und mit ihm verschmelzen zu dürfen. In ihren Gedanken war das Gewisper der vielen anderen Begleiter. Jeder hatte das Schicksal eines ganzen Lebens gespeichert und es war fantastisch zu erfahren, dass es Millionen von Welten und Planeten gab, auf dem sich unterschiedlichste Lebensformen entwickelt hatten. Das gleißende Licht kam immer näher, gleich würde sie in dieses Licht eintauchen und mit ihm verschmelzen. Sie konnte sogar kurz die übermächtige Freude derjenigen spüren, die vor ihr in dieses Licht eintauchten und sich mit ihm vereinten. Plötzlich Dunkelheit – unsäglicher Schmerz. Was war passiert? Das tausendstimmige Gewisper war verstummt. Irgendwo im Hintergrund hörte sie einige entsetzte Rufe ihrer früheren Stammesangehörigen. Sie konnte nichts mehr sehen. Langsam wurde ihr bewußt, dass ihr Geist anscheinend wieder in ihrem Körper gefangen war. Mit aller Macht wehrte sie sich dagegen, dort wieder bleiben zu müssen. Aber eine unbändige Kraft zwang sie dazu, dass ihr Geist in dem Körper gefangen blieb. Sie konnte die vielen offenen Wunden spüren und seltsamerweise wurde dieser Schmerz sogar noch von dem Gefühl übertroffen, dass ihr gesamter Körper wie von innen heraus zu brennen schien. Langsam konnte sie verschwommene Konturen wahrnehmen. Sie befand sich offenbar in einer Höhle und ihre Stammesangehörigen hatten sich am Eingang versammelt. War es nur eine Täuschung, oder ließ der Schmerz in ihrem Körper tatsächlich nach? Völlig verwirrt wurde ihr jetzt bewußt, dass die gräßlichen eitrigen Wunden verschwunden waren und der Schmerz tatsächlich anfing nachzulassen. Ihr gesamter Körper „glühte“ in einem bläulichen Leuchten. Jetzt sah sie die Quelle dieser Kraft, der ihren Geist wieder gewaltsam in den Körper zurückgezwungen hatte. Es war ein ovaler Stein, der mit dem gleichen Leuchten glühte wie ihr Körper. Allerdings wurde das Leuchten nach einer gewissen Zeit schwächer und schwächer. Als es fast erloschen war, kam ihr geliebter Mann freudestrahlend zu ihr gelaufen. Als er sie aber berührte, fühlte sie, wie diese unheilvolle Energie, die ihren Geist trotz aller Gegenwehr wieder mit ihrem Körper vereint hatte, auf ihn übersprang und in Windeseile jede einzelne Zelle die sie erreichen konnte, gierig verbrannte. Shansyree war weder in der Lage, sich gegen die Vereinigung ihres Geistes mit ihrem Körper zu wehren, noch konnte sie in irgend einer Form verhindern, dass diese tödliche Energie auf den Körper ihres Mannes übergriff und ihn dadurch vollständig vernichtete.
In dem Glauben, dass wenn sie irgend einen Menschen je wieder berührte, würde diese unheilvolle Kraft auch ihn vernichten, war sie in Panik aus der Höhle gelaufen. In das Dorf konnte sie nie mehr zurück. Was war nur mit ihr geschehen? Welche teuflischen Kräfte hatten bewirkt, dass ihr Körper wieder zum Leben erwacht war? Um dem allem ein Ende zu bereiten, stieg sie auf den angrenzenden hohen Berg. Wenn man den Bergkamm überschritt, gab es auf der anderen Seite eine steile Felswand, die von einem kleinen Platoon aus mehr als fünfzig Meter steil in den Himmel ragte. Ohne zu zögern sprang sie von der Felskante in die Tiefe. Ihr Körper würde beim Aufprall da unten zerschmettert werden und das würde diese unheilvollen teuflischen Kräfte aus ihm wieder vertreiben. Shansyree hörte das dumpfe klatschende Geräusch, als ihr Körper auf dem blanken Fels unten in der Tiefe aufschlug. Kein Schmerz? Aus dem angrenzenden Pflanzenwald hörte sie die Flügelschläge der vielen Vögel, die erschreckt über das laute Geräusch des Aufschlags ihres Körpers hastig ihre Ruheplätze auf den Baumästen verließen und die Flucht aus dem Gefahrengebiet antraten. Sie stellte verwundert fest, dass sie sich sogar noch bewegen konnte. Keine Verletzung? Was war mit ihrem Körper in der Höhle geschehen? Das war doch unmöglich, dass man 50 Meter in die Tiefe sprang und dies alles völlig unverletzt überstehen konnte. Sie richtete sich auf und nach einer kurzen Prüfung stand eindeutig fest: Ihr Körper hatte nicht einmal die kleinste Schramme abbekommen. Allerdings war der Stein, auf dem sie aufgeschlagen war, an einigen Stellen abgesplittert. Sie nahm eines dieser abgetrennten Stücke in die Hand – vermutlich war dies alles eine Sinnestäuschung. Der Stein ließ sich mit der Hand zerdrücken wie Kokosnusbutter. Ein böser Albtraum. Niemand hatte solche Kräfte, um einen Stein mit der Hand zerquetschen zu können. Aber ja, das waren diese bösen Zauberkräfte aus dem blauen Stein in der Höhle – die waren schuld an allem. Shansyree wußte nicht was sie jetzt tun konnte. Die Rückkehr zu ihrem Stamm schien ihr dadurch verwehrt, dass sie die anderen bei einer Berührung genauso wie ihren Mann verbrennen würde. Den bösen Geist aus ihrem Körper vertreiben gelang ihr offensichtlich auch nicht. Traurig beschloss sie, an diesem abgeschiedenen Ort zu bleiben – vielleicht würde der böse Geist irgendwann einmal doch noch ihren Körper verlassen und ihren Geist wieder freigeben.
Sie hatte noch nie alleine eine Hütte gebaut. Immerhin hatte sie mit ihrer Hand einen Stein zerdrücken können, vielleicht verlieh ihr dieser Geist die Kraft, das Holz für den Bau der Hütte alleine tragen zu können. Es ging leichter als gedacht. Anscheinend wurde sie auch nach anstrengenden Arbeiten trotzdem nicht müde, solange diese Kräfte in ihrem Körper gebannt waren. Die kleine Hütte war bald fertiggestellt und von Woche zu Woche wurde der Innenraum mehr und mehr zu einer bewohnbaren Behausung. Wenn sie einsam in der Nacht schlief, hatte sie manchmal das Gefühl, die Gedanken der anderen Menschen in ihrem Kopf hören zu können. In dem angrenzenden Wald gab es viele seltsame Gewächse, die während einer bestimmten Jahreszeit mit bunten Blüten in ihrem tristen Alltag die Traurigkeit etwas linderten. Schon bald hatte sie herausgefunden, dass wenn man diese Gewächse zusammen mit der Erde, in der sie wuchsen, ausgrub und an einen anderen Ort versetzte, sie auch an dem neuen Standort weiterwuchsen und ihre wunderschöne Blütenpracht zeigten. Die Stimmen in Ihrem Kopf wurden in der Einsamkeit der Nacht immer deutlicher und mit den Jahren lernte sie, die einzelnen Personen, von denen diese Stimmen kamen, auseinanderzuhalten und teilweise sogar zu erkennen, an welchem Ort sie sich aufhielten. Es war bestimmt schon mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, als sie sich wieder des nachts auf eine dieser Stimmen konzentriert hatte. So deutlich und klar hatte sie bis jetzt noch nie eine dieser Stimmen in ihrem Geist vernommen. Völlig verstört schreckte sie aus ihrer Trance auf, als sie belustigt darüber, weil der Träger dieser Stimme tags zuvor aus Unachtsamkeit in einen Tümpel gefallen war, dachte, dass man für so ein Missgeschick sich auch wirklich dumm anstellen mußte. Diese „Stimme“ beschwerte sich nämlich sogleich darüber, dass so ein Missgeschick jedem passieren konnte – nicht nur wenn er sich ungeschickt anstellte. Hatte der andere auch ihre Gedanken lesen können? Anscheinend hatte tatsächlich auch einer der Bewohner des auf der anderen Seite des Berges liegenden Dorfes die Fähigkeit, Gedanken lesen zu können. Es war ein junger Mann, gerade 17 Jahre alt. Er war schon des öfteren wegen seinem eigenartigen Verhalten von den anderen als Außenseiter betrachtet worden. Vor allem weil er schon des öfteren behauptet hatte, in der Nacht würden die Götter zu ihm sprechen. Shansyree erklärte ihm auf mentaler Ebene, dass vermutlich auch er von einem seltsamem Geist, der auch ihren Körper gefangenhielt, besessen sei. Er müsse äusserst vorsichtig mit diesen Kräften umgehen. Der Geist, von dem sie selbst gefangengehalten wurde, würde sogar jeden, den sie berührte, sofort verbrennen. Dieser junge Mann war es auch, der das Zeichen mit der Frau und den von ihr ausgehenden Strahlen in den Steinzeichnungen eingefügt hatte. Man konnte das Glücksgefühl von Shansyree gar nicht beschreiben, als sie nach so langer Einsamkeit sich mit jemand telepathisch unterhalten konnte.
Aus dem jungen Mann wurde einer der mächtigsten und einflußreichsten Medizinmänner, der je in dem Bergvolk gelebt hatte. Er hatte Kenntnisse fremder Kulturen und Völker. Als einmal ein Forscherteam den Stamm besuchte, hatte er schon im Voraus gewußt, dass die fremden Forscher sie besuchen würden. Selbst die Forscher waren verblüfft von der Tatsache, dass der Medizinmann dieses Stammes über Wissen verfügte, das er unmöglich hier im Urwald erworben haben konnte. Shansyree nutzte ihre Fähigkeit, die Gedanken der Menschen lesen zu können und gab ihr Wissen an den Medizinmann des Stammes weiter. Als die Forscher damals vom Kamm des Berges aus die Hütte und ihre Bewohnerin entdeckten, machte einer der Expeditionsteilnehmer, der besonders gut zeichnen konnte, eine Zeichnung von dieser dort unten lebenden Frau. Wie man zu dem Platoon gelangen konnte war den Männern allerdings ein Rätsel. Es gab weder eine Möglichkeit von dem Platoon herauf auf den Berg zu steigen, noch von ihm in das Tal auf der anderen Seite hinunterzuklettern. Ausser glatten steilen Felswänden mit dem dazwischenliegenden Platoon gab es nichts an diesem Berg, was auf einen Weg deuten ließ.
Der Medizinmann starb im Alter von 122 Jahren. Shansyree war sehr traurig, ihren Gesprächspartner verloren zu haben und jetzt wieder in der einseitigen Einsamkeit leben zu müssen. Hatte sie dieser unheilvolle Geist zu ewigem Leben in Abgeschiedenheit verdammt? In den fünfhundert Jahren besuchten noch acht weitere Forscherteams diese Gegend und die Zeichnungen, die sie von der Hütte und ihrer Bewohnerin machten, glichen sich jedesmal wie eine Fotografie. Da Shansyree aufgrund ihrer telepathischen Begabung die Gedanken auch von Menschen mit unterschiedlichen Sprachen erfassen konnte, lernte sie in der langen Zeit fast alle Sprachen, die es auf der Welt gab.
Dann kam dieser unheilvolle Tag. In ihren Gedanken konnte sie deutlich spüren, dass sich wieder so eine Abenteuerergruppe hierher in diese Gegend aufgemacht hatte. Diese Burschen wollten aber kein Abenteuerurlaub erleben, nein, sie suchten einen „Stein des Lebens“ in einer der am Berg liegenden Höhle. Anscheinend wußte einer der Teilnehmer sogar um die Gefährlichkeit dieses Steines, denn er vermied es peinlichst, ihn zu berühren, als sie ihn gefunden hatten. So schnell wie diese Männer gekommen waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden. Bestimmt wußten sie nicht wirklich, was für böse Kräfte in diesem Stein verborgen lagen.

Noch nie hatte es jemand versucht, an der steilen Felswand herunterzuklettern. Deshalb war Shansyree auch mehr als überrascht, als sie nach dem sammeln von Beeren wieder in ihre Hütte zurückgehen wollte und dort plötzlich ein ziemlich befremdend aussehender junger Mann stand und sich aufmerksam den von ihr angelegten Blumengarten betrachtete. Der junge Mann ging in die Hütte und betrachtete sich auch dort alles ganz genau. Er schien etwas bestimmtes zu suchen, denn nach wenigen Augenblicken stand er wieder an der Türe und suchte mit seinem Blick den angrenzenden Wald ab ob sich dort der Gegenstand seiner Suche befand. Seltsamerweise konnte sie seine Gedanken nicht erfassen. Er schien die Fähigkeit zu besitzen, seine Gedanken vor ihr verbergen zu können. Instinktiv fühlte sie plötzlich – Angst. Sie wußte, dass sie übermenschliche Körperkräfte hatte, aber ein untrügliches Gefühl sagte ihr, dass sie sofort die Flucht vor diesem Mann antreten müsse. Obwohl sie dagegen ankämpfte, wurde das Gefühl der Panik immer stärker.

Christina und auch Droormanyca fühlten es fast gleichzeitig. Sie spürten plötzlich eine psionische Energiewelle, die ein Wesen nur in panischer Todesangst aussenden konnte. Allerdings war kein normaler Mensch in der Lage, eine Welle dieser Intensität auszustrahlen. Droormanyca konzentrierte sich auf den Ort, wo diese Welle erzeugt wurde und versetzte sich Kraft ihrer Gedanken genau dort hin.

Shansyree erschrak fast zu Tode, als plötzlich wie aus dem Nichts neben ihr ein junges Mädchen stand und sie mit sorgenvollem ernsten Blick ansah. Als der fremde Mann das Mädchen erblickte, ergriff er sofort die Flucht und sprang über den Rand des Platoons in die Tiefe. Shansyree sah, dass er unten auf seinen Füßen landete und anscheinend unverletzt weiterrannte. Jetzt wußte sie auch, warum sie sich so vor ihm gefürchtet hatte. Er war bestimmt von dem gleichen bösen Geist wie sie selbst besessen und hätte vielleicht versucht diese Mächte miteinander zu vereinen. Bevor sie das plötzlich aufgetauchte Mädchen warnen konnte, hatte dieses sie bereits am Arm ergriffen. Entsetzt zog sie ihren Arm zurück. Diese junge Frau hatte ihr geholfen und mußte jetzt verbrennen. Wie hätte sie auch wissen können dass ihr Körper von einen Geist besessen war, der jeden, der sie berührte vernichten würde. Droormanyca konnte sie allerdings beruhigen. Sie erklärte ihr, dass ihr wirklich nichts passieren würde. Wie zum Beweis erfasste sie die Hand von Shansyree und hielt sie fest. Tatsächlich, nichts passierte. Jetzt erklärte ihr Droormanyca, welche Kräfte sie tatsächlich besaß, und wie sie sie nutzen konnte. Dass Shansyree so lange überlebt hatte ohne dass ihre Körperzellen durch die psionischen Energien der Delphine umgewandelt wurden, war Droormanyca allerdings ein Rätsel. Bei ihrem Freund hatte sie schon nach wenigen Stunden Angst gehabt, dass er an den Folgen der Berührung mit dem Stein des Lebens sterben würde – diese Frau hatte damit 524 Jahre gelebt. Sie erklärte Shansyree den Vorgang der Zellwandlung durch die Kräfte der Delphine und diese erklärte sich bereit mit Droormanyca mitzukommen und zu der Bucht im Meer zu reisen. Vielleicht war es ihre einzigste Chance, endlich aus der Einsamkeit hier oben in den Bergen herauszukommen und danach wieder mit Menschen zusammensein zu können.
Während Droormanyca zusammen mit Shansyree die Reise an die Bucht antrat, machte sich auch Damian, wütend über seinen Mißerfolg auf der ganzen Linie, auf die Rückreise.
Dass ein paar Tage nach diesem Ereignis, plötzlich wieder eine sensationelle Meldung über das seltsame Verhalten der Delphine allgemein in der Presse und in den Nachrichten für Aufregung sorgte, verstand ausser Droormanyca, Shansyree und Christina so gut wie niemand. Fast belustigt darüber, dass die Behörde nun vorsorglich den gesamten Hafen für Tage sperrte, sah Droormanyca und Shansyree wie ganze Heerscharen von Wissenschaftlern dem Phänomen auf die Schliche kommen wollten.
Shansyree hatte noch nie so viele Delphine auf einmal gesehen. Obwohl sie den Stein des Lebens ja nicht bei sich hatte, schienen aber dessen Kräfte die ganze Zeit in ihr gespeichert gewesen zu sein. Als sie mit ihrer Hand die ersten Delphine berührte, wich das bange Gefühl der Angst, sie könnte diese Tiere durch ihre Berührung vielleicht doch verletzen, dem unsäglichen Glücksgefühl, als sie spürte, wie ihre Körperzellen umgewandelt wurden und sie jetzt keine Gefahr mehr für die anderen Menschen darstellte. Als die Umwandlung vollständig vollzogen war, schwammen die Delphine wieder in die Weite des Meeres zurück und Shansyree stieg aus dem Wasser. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sich inzwischen viele Zuschauer eingefunden hatten, die das seltsame Schauspiel beobachteten, als diese junge Frau von den Delphinen umschwommen wurde. Es war bekannt, wie zutraulich sich Delphine gegenüber den Menschen zeigten. Als die junge Frau aus dem Wasser stieg, schien sie so glücklich, wie wenn sie gerade im Lotto gewonnen hätte. Als einer der Schaulustigen sie berührte, zog sie ihre Hand erschrocken zurück. Aber es war nichts passiert. Vorsichtig berührte sie die Hand des Jungen noch einmal – nichts geschah. Sie konnte ihr Glück gar nicht fassen. Der böse Geist war endlich aus ihrem Körper vertrieben worden. Überglücklich nahm sie den jungen Mann in die Arme. So kräftig war er von einer jungen Dame noch nie gedrückt worden – er bekam fast keine Luft mehr. Shansyree gab ihrer Freude über ihre Erlösung einfach dadurch Ausdruck, dass sich jeder der Schaulustigen eine herzhafte Umarmung von ihr einhandelte.
In den Zeitungsberichten am nächsten Tag stand gleich auf der ersten Seite: Delphine retten junges Mädchen aus der Todesbucht. Dass die junge Dame vor lauter Freude über ihre Rettung die Schaulustigen fast bis zu deren Ohnmacht in die Arme geschlossen hatte, war diesmal wirklich keine Übertreibung der Schreiber.

Droormanyca wollte Shansyree vorerst mit zurück nach Deutschland nehmen. Nur mit Hilfe von Christina und den anderen Familienmitgliedern war es möglich, diese junge Frau vor dem Einfluß des machtgierigen Damian Porch zu schützen und ihr den Umgang mit ihren besonderen Kräften zu lehren. Das Tragen von Kleidung der entsprechenden Zeit war für Shansyree mehr als ungewohnt, aber trotz allem fand sie schon nach kurzer Zeit, dass diese Kleider zumindest um einiges besser aussahen, als die, die sie bisher benutzt hatte. Am wohlsten fühlte sie sich allerdings ganz ohne Kleider, aber Droormanyca konnte ihr glaubhaft versichern, dass diese Mode zwar den Männern sehr gefallen würde, die Behörden aber mit Sicherheit nicht davon begeistert wären. Einen gültigen Pass für den Rückflug nach Deutschland zu bekommen war da schon um einiges schwieriger. Allerdings glaubten ihr die Beamten sofort, dass sie ihren Pass verloren hatte, als sie in der Bucht ins Wasser gefallen war und anschließend von den Delphinen „gerettet“ wurde. Droormanyca gab bei den Behörden an, dass Shansyree auch zu der Freibergfamilie gehören würde. „Name ?“, wurde Shansyree von dem Beamten der das Dokument für die Beantragung des Ersatzpasses bearbeitete gefragt. „Shansyree Freiberg“, antwortete Shansyree zaghaft. „Alter ?“, kam die nächste Frage. „Fünfhun“, - Droormanyca unterbrach Shansyree abrupt und dachte intensiv an die Zahl 24. Shansyree begriff sofort. „Vierundzwanzig Jahre“, bestätigte sie dem Beamten. Das Geburtsdatum wurde kurz zurückgerechnet und ebenfalls in das Antragsformular eingetragen. Droormanyca übermittelte Shansyree gedanklich alle benötigten Informationen bis auch die letzte Zeile des Antrags ausgefüllt war. Als beide das Büro der Behörde mit dem frisch ausgestellten Ersatzausweis verließen, konnte sich Droormanyca ein Grinsen nicht verkneifen. Shansyree sah aus wie höchstens achtzehn Jahre. Wenn sie dem Beamten tatsächlich ihr wahres Alter genannt hätte, wäre dieser bestimmt von seinem Stuhl gefallen. Dass auch Shansyree auf einmal sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, lag einfach daran, dass sie inzwischen auch das wahre Alter von Droormanyca und ihrem Sohn kannte. Die Wahrheit hätte gereicht, um sogar zwei Beamte vom Stuhl fallen zu lassen: Schließlich begann die Existenz von Droormanyca erst vor siebzehn Jahren und sie hatte einen bereits zwölfjährigen Sohn. Das war schon ein lustiger Effekt – zwei junge Damen, die beide aussahen wie gerade mal höchstens 18 Jahre alt, während die eine schon an ihrem ersten Geburtstag „erwachsen“ gewesen war und danach trotz ihrer inzwischen ziebzehn Jahre nie alterte, hatte die andere schon ihren 524-zigsten Geburtstag gefeiert. Dass Droormanyca quasi mit erst fünf Jahren Nachwuchs in Form eines Sohnes bekommen hatte, hätte vermutlich dazu beigetragen, alle Speicher der Registrierungsdatenbanken zum Durchbrennen zu bringen ob dieser biologischen Unmöglichkeit.

Es war eine sensationelle Zeitungsmeldung: Höhlenforscher findet leuchtenden Stein. Unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen habe man den vermutlich radioaktiv strahlenden circa dreisig Zentimeter großen Stein in ein Forschungslabor der Freibergwerke gebracht. Gottseidank sei bei der Mannschaft die die Höhle aufgrund von geologischen Forschungsarbeiten erkunden wollte, keine Schädigung durch die Strahlung aufgetreten. Damian war wie elektrisiert, als er diese Nachricht las. Er wußte sofort, was die Forscher in der Höhle gefunden hatten: Es war ein Stein des Lebens. Jetzt würde er endlich zu den unbesiegbaren Kräften kommen, die es ihm ermöglichten, gegen diese anderen Wesen oder Menschen sich erfolgreich wehren zu können, die es ausser ihm noch mit diesen fantastischen Körpereigenschaften gab. In das Labor zu kommen, wohin sie den Stein gebracht hatten, war überhaupt kein Problem. Die Wachmannschaft des Werkes hatte gegen ihn nicht den Hauch einer Chance. Zielstrebig drang er in den Hochsicherheitstrakt der Laboranlage ein. Durch das Aufbrechen der Sicherheitsschleusen wurde zwar ein Großalarm ausgelöst, aber Damian war sich sicher, dass er, nachdem er die Kräfte vom Stein des Lebens aufgenommen hatte, keine Waffe oder keinen Angreifer mehr zu fürchten brauchte. Der Raum, in den man den Stein des Lebens verbracht hatte, war mit dickem speziellem Panzerglas geschützt. Es sollte verhindern, dass irgendwelche Viren, Krankheitserreger oder sonstige unbekannten mikroskopisch kleinen Organismen diesen Raum verlassen konnten. Um die Strahlung einzudämmen, war der Raum zusätzlich mit einem dichten Gitter eines für Damian unbekannten Metalles umgeben. Er nahm Anlauf um wie gewohnt das Panzerglas zu durchbrechen. Überraschenderweise verspürte er an der Schulter einen heftigen Schmerz, als er gegen das Glas prallte. Obwohl das Glas an der Auftreffstelle viele kleine Risse zeigte, war es nicht vollständig zerbrochen worden. Sein Versuch, die hermetisch dicht schließende Türe gewaltsam zu öffnen, funktionierte da schon um einiges besser. Als er den Raum betrat, schloss die Sicherheitsautomatik hinter ihm wieder die Türe und er konnte hören, wie die Verriegelungen eingerastet wurden. Endlich am Ziel. Vor ihm lag der Stein des Lebens von einer speziellen Vorrichtung gehalten mitten im Raum. Hastig nahm er den ovalen Stein aus der Halterung in der Erwartung, jetzt die in dem Stein gespeicherten Kräfte auf sich überleiten zu können. Aber nichts geschah. Der Stein sah zwar genauso aus, wie derjenige, den sie in der Höhle im Amazonasgebiet gefunden hatten - auch die Größe war gleich - aber ansonsten schien er absolut keine besonderen Eigenschaften zu besitzen. Wütend warf er den offensichtlich wertlosen Stein gegen die Panzerglasscheibe wo er in tausend Stücke zerbrach. Anscheinend war der gesamte Zeitungsbericht eine raffinierte Falle gewesen um ihn hierher in dieses Labor zu locken. Etwas irritiert davon, welchem Zweck diese Falle gedient haben könnte, wollte er den Raum wieder verlassen. Niemand war in der Lage, ihn hier festzuhalten. Allerdings ließ sich die Türe von innen nicht öffnen. Diese Tatsache war für ihn kein Problem. Mit etwas Anlauf konnte er das Panzerglas zerbrechen und aus diesem Raum fliehen. Gedacht, getan. Das Panzerglas zersplitterte wie erwartet unter der Wucht des Aufpralls. Allerdings waren die Stäbe des Abschirmgitters um keinen Millimeter aus ihrer Lage gebracht worden. Damian umfasste mit beiden Händen einen der Gitterstäbe und versuchte, ihn auf die Seite zu biegen. Aber trotz aller Kraftanstrengung war er nicht in der Lage, den Stab auch nur um den Bruchteil eines Millimeters zu verbiegen. "Das kannst du ruhig bleiben lassen, das ist bester Aslanidenstahl", klärte in jetzt eine Stimme in ruhigem Tonfall auf. Auf der anderen Seite des Gitters stand Christina und sah in grinsend an. "Da ist uns der räuberische Wolf ja endlich in die Falle gegangen", klärte sie Damian darüber auf, dass ihm aus diesem Gefängnis auch nicht mit seinen besonderen Körperkräften ein Ausbruch möglich war. Durch seine Gier war er mehr als unvorsichtig geworden. Erst jetzt wurde ihm bewußt, dass dieser Käfig keine Strahlenabschirmung war, sondern ein perfektes Gefängnis. Er hatte zwar schon einmal von diesem Aslanidenstahl gehört, war aber selbst noch nie mit ihm in Berührung gekommen. Im Moment war er ärgerlich über sich selbst, so dumm und naiv in die Falle getappt zu sein. Wenn sie ihn den Behörden auslieferten, würde er mit Sicherheit als Versuchskaninchen in irgend einem Labor landen. Christina sah ihn lange und mit ernster Mine an denn sie spürte die aufkommende Panik in seinen Gedanken. Aufgrund seiner vielen Straftaten hatte sie wirklich vorgehabt, ihn nach einer Gefangennahme den Behörden auszuliefern. Allerdings hatte auch sie einige Zweifel, ob nicht zumindest die Militärs versuchen würden, das Geheimnis dieser aussergewöhnlichen Kräfte zu enträtseln. Die Vorstellung, es plötzlich mit ganzen Armeen von "Damians" zu tun zu bekommen machte sie mehr als nachdenklich. Es mußte eine andere Lösung gefunden werden.
Auch Damian sah die Nachdenklichkeit in ihrem Gesichtsausdruck und hegte die Hoffnung, vielleicht doch noch irgendwie aus seiner misslichen Lage zu entkommen.

Christina indessen war erleichtert, dass ihr dieser Damian Porch so einfach in die Falle gegangen war. Sie hatte gewußt, dass er nach weiteren „Quellen“ dieser außergewöhnlichen Kräfte suchte und mit einer Nachricht, dass man so eine Quelle gefunden hatte, konnte er mit Sicherheit aus seinem Versteck gelockt werden. Das Aslanidenmetall war eine Legierung, die selbst mit diesen außergewöhnlichen Körperkräften nicht so einfach verformt werden konnte. Für eine Strukturveränderung dieses Metalls waren ungeheure Energien notwendig – ohne die Kräfte vom Stein des Lebens voll zu beherrschen, konnte Damian mit Sicherheit nicht aus einem mit Aslanidenstahl hergestellten Gefängnis entkommen. Einen entsprechenden Stein so zu präparieren, dass er dem echten Stein des Lebens wie ein Ei dem anderen glich, war für das Team von Christina kein Problem. Eine entsprechende Nachricht vom Fund dieses seltsamen Steines tat ihr übriges, Damian anzulocken. Als er sich in dem Käfig aus Aslanidenstahl quasi selbst eingesperrt hatte, und die Täuschung erkannte, war es für eine Umkehr zu spät. Jetzt gab es für ihn nur die Alternative, für immer in so einem Käfig eingesperrt zu sein, oder aber sich der Entscheidung von Christina zu fügen, ihn auf einen anderen Planeten, wo er kein Unheil anrichten konnte, zu befördern. Von den Aslaniden wußte Christina, dass es in ihrem Sonnensystem einen erdähnlichen Planeten gab, auf dem Menschen leben konnten. Allerdings waren die Umweltbedingungen dort in manchen Gebieten mehr als rauh und es bedurfte fast schon von Haus aus solcher außergewöhnlichen Körperkräfte, wie sie Damian im Moment besaß, um auf diesem Planeten auf Dauer überleben zu können. Er hatte keine Wahl und fügte sich seinem Schicksal. Besser auf einem Planeten gegen die Umweltbedingungen kämpfen, als hier auf der Erde als Versuchskaninchen für immer in einem Käfig gefangen zu sein. Der Käfig aus Aslanidenstahl wurde heimlich auf die Tyron 3 befördert und nur mit ein paar zuverlässigen eingeweihten Besatzungsmitgliedern flog Christina zu der Position, an der sich dieser erdähnliche Planet befand. Schon vom Weltraum aus konnte man sehen, dass es auf der Planetenoberfläche mehrere Stellen mit vulkanischer Aktivität gab. Christina setzte mit einem Beiboot auf einer freien Stelle auf und der Käfig aus Aslanidenstahl wurde aus dem Laderaum befördert. Viele Modularelemente für eine stabile Behausung waren die nächsten Gegenstände, die man aus dem Laderaum auf die Planetenoberfläche beförderte. Die Erde auf diesem Planeten war mehr als fruchtbar und es war deshalb kein Problem, die vielen mitgebrachten Pflanzen in einer Art Gewächshaus für den Lebensmittelbedarf anzupflanzen. Ausserdem hatten sie einen aslanidischen Replikator mitgenommen, mit dem Damian alle Lebensmittel, die er benötigte, künstlich erzeugen konnte. Selbst an eine Funkstation hatte Christina gedacht. Vielleicht kam dieser Damian Porch doch noch einmal zur Vernunft und bereute seine begangenen Taten. Wenn er der Gewalt



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