Die kleine Hexe Neolani saß auf dem Dach ihres Hexenhäuschens und zählte Sterne.
"Einer..., zwei..., drei..., vier..., fünf..., au weia!!!"
Erschrocken beobachtete sie, wie einer der Sterne vom Himmel fiel - direkt in ihr Kräuterbeet. Sie rutsche vom Dach und ging zum Beet. Da, zwischen den Würgmumpfen und dem Drachenkraut leuchtete es hell.Vorsichtig trat sie näher und stupfte den kleinen Stern mit dem Zeigefinger an.
"Du, gehts dir gut?"
Der kleine Stern bewegte seine fünf Spitzen.
"Ja, ich glaub schon."
Er schwebte aus dem Beet in die Höhe, bis er direkt vor Neolanis Gesicht stehen blieb. Die beiden sahen sich an. Schließlich fragte Neolani:
"Du, sach ma, wie bistn du eigentlich hierher gekommen?"
"Ich bin vom Himmel gefallen", erwiderte der kleine Stern. Neolani verdrehte die Augen.
"Das hab ich auch schon gemerkt. Aber wie issn das passiert?"
"Naja", murmelte der Stern, "ich hab Menschen gezählt und dabei hab ich mich wohl zu weit vorgebeugt und dann bin ich gefallen. Es tut mir sehr leid, dass ich in deinen Garten geplumpst bin. Hoffentlich habe ich nichts kaputt gemacht."
Menschen zählen! So etwas! Was es doch alles gab. Das hatte Neolani auch noch nicht gewusst.
Sie musterte ihr Kräuterbeet.
"Naja, die Stinkveilchen sind hinüber - aber das macht nix, die sind dieses Jahr sowieso nich so toll gewachsen."
Der kleine Stern wirkte sehr erleichtert.
"Da bin ich aber froh. Sachen kaputt machen ist ganz schlimm, besonders, wenn es die Sachen von jemand anderem sind."
Neolani, deren liebste Beschäftigung es war, Sachen kaputt zu machen, bekam den Mund nicht mehr zu. Was sollte denn am kaputtmachen schlimm sein? Das machte doch Spaß! Merkwürdig!
"Entschuldige bitte, ich hab mich ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin der kleine Stern. Und wer bist du?"
"Ich? Ich bin Neolani. Ich bin ne Hexe. Die beste Hexe der ganzen Welt sogar. Echt wahr!"
Eine Hexe? Der kleine Stern bekam ein bisschen Angst. Zaghaft fragte er:
"Aber du bist doch eine liebe Hexe, nicht wahr?"
Neolani schüttelte ihren Kopf mit den zerzausten braunen Haaren.
"Nee, ich bin die böseste Hexe, die es gibt. Das kann ich dir aber flüstern!"
Oje, oje! Dem kleinen Stern war ganz mulmig zumute. Hoffentlich verhexte sie ihn nicht. Er nahm all seinen Mut zusammen und fragte:
"Hilfst du mir bitte trotzdem, zurück an den Himmel zu kommen? Bitte!"
Neolani tat so, als würde sie nachdenken.
"Hmm, ich weiß nicht", brummte sie, "eigentlich mach ich sowas ja nich. Helfen, brrr. Aber ich will mal nich so sein und ne Ausnahme machen. Das darfste aber keinem sagen, sonst bin ich erledigt. Klar?"
Der kleine Stern nickte.
"Na gut, dann wolln wir mal", meinte Neolani, hob die Hände, machte ein paar geheimnisvolle Bewegungen und murmelte:
"Iesel, wisel,
Pech und Schimmel,
bring den Stern
zurück zum Himmel."
Nichts passierte.
"Es scheint nicht geklappt zu haben", sagte der kleine Stern.
"Ich hab mich ja auch nur erst aufgewärmt. So, jetzt gehts aber los", entgegnete Neolani. Wieder hob sie die Hände, wedelte ein bisschen herum und rief:
"Iesel, wisel,
Pech statt Glück,
bring den Stern
zum Himmel zurück!"
Der kleine Stern sah nach links, sah nach rechts - und sah dann Neolani an.
"Ich bin immer noch hier", stellte er fest.
Da setzte Neolani sich ins Gras, schlug die Hände vor das Gesicht und fing an zu heulen.
"Huuäääh, ich kann das eben nich. Ich bin doch nur ne kleine Hexe und lern das alles doch erst noch. In der Hexenschule. Und sooo gut bin ich da gar nicht. Huuuääääh!"
"Waaas? Dann stimmt das gar nicht, was du mir vorhin erzählt hast?", fragte der kleine Stern. Neolani heule noch einmal auf, schniefte, wischte sich die Tränen ab und schneuzte sich in den Ärmel ihres Kleides.
"Nee, das stimmt alles gar nich. Ich hab geschwindelt, weißte."
Der kleine Stern war ganz entsetzt.
"Aber schwindeln darf man nicht, das ist ungezogen", sagte er.
Neolani schüttelte den Kopf.
"Aber Hexen müssen schwindeln. Das ist auch das einzige Fach in der Hexenschule, in dem ich richtig gut bin."
Ach so. Der kleine Stern verstand. Ein wenig. Richtig fand er schwindeln trotzdem nicht.
"Du, du hast aber wirklich sehr gut geschwindelt", meinte er dann, um die traurige kleine Hexe zu trösten.
"Echt wahr?"
"Ja, wirklich. Ich hab dir jedes Wort geglaubt."
Neolani sprang auf, klatschte vor Freude in die Hände und drehte sich einmal um sich selbst.
"Und weißte, was? Irgendwann lern ich bestimmt nen Spruch, um dich zum Himmel zurück zu hexen. Und bis dahin..."
"Bis dahin bleib ich bei dir und helfe dir ein bisschen beim Lernen", schlug der kleine Stern vor.
"Au ja, so machen wir das!", meinte Neolani.
"So, und jetzt gehen wir in mein Häuschen und feiern", schlug sie dann vor.
"Was feiern wir denn?2, fragte der kleine Stern neugierig.
Neolani grinste.
"Wir feiern, dass wir jetzt Freunde sind - und dass ich so toll schwindeln kann."
Und das haben sie dann auch getan.
Von P.Messen
Am 13.10.2017 um 15:35 Uhr
eine nette kleine Geschichte. Ich könnte mir gut vorstellen sie meinem kleinen Enkel als Gutenachtgeschichte zu erzählen.
Konnte leider nur 3 Sterne vergeben. Mehr ließ das System nicht zu. Warum auch immer. Außerdem sollten sie auch grün und nicht rot sein.
Meine Sehnsucht zu den Sternen wird niemals enden.
zuletzt geändert am 13.10.2017 um 18:29 Uhr.