Dieser Text wurde als Rohtext von Aabatyron geschrieben und anschließend von Sunshishi lektoriert.
Die vergessene Armee der Kinder
Kapitel 08 Die Kollision
Lektorierte Version
Armin wusste vom Computer, dass es die Möglichkeit gab, um die Raumstation herum ein Kraftfeld aufzubauen, welches in der Lage war, heran fliegende, kleinere Meteore abzuwehren. Wenn es ihm gelang, dieses Kraftfeld schnell genug zu aktivieren, würde dies die Station bei dem bevorstehenden Aufprall auf den Luftschichten der Erde vor größerem Schaden durch die Reibungshitze bewahren.
„Du musst mir helfen“, forderte er Karla auf, die Schaltkonsole vor ihr zu aktivieren. „Schnell, wie müssen alle Energiereserven auf die Generatoren umlenken, die das untere Kraftfeld erzeugen!“
Karlas Finger glitten über die vor ihr angeordneten Tasten, als wenn sie vor ihrem Computer säße. Armin legte hastig einige der Hebel um. Sie waren für die Hochlastrelais der Energieverteilung in der Station zuständig.
„Du kannst jetzt die Stromkreise aller Decks auf die Lastrelais aufschalten“, gab Karla eine kurze Information.
„Hast du an die Schlafräume gedacht?“, wollte Armin besorgt wissen.
Der Gesichtsausdruck von Karla sagte mehr als tausend Worte.
„Ich schalte unseren Freunden doch nicht den Strom ab!“, entrüstete sie sich. „Jetzt hält der mich tatsächlich für so vertrottelt“, schimpfte sie leise.
„Hoffentlich funktioniert dies mit dem Kraftfeld“, sinnierte Armin laut und legte den letzten großen Hebel um, der die Energie zu den Generatoren durchschalten würde.
Alle bangten, was passieren würde. Vor Armin leuchteten ein paar grün beleuchtete Felder auf.
„Generatoren werden gestartet“, stand darauf.
„Jetzt macht schon“, entfuhr es Armin.
Er hatte auf seine Uhr geschaut und festgestellt, dass noch knapp sieben Minuten Zeit zur Verfügung standen. Ein dumpfes Rumoren und deutlich spürbare, feine Vibrationen verrieten, dass in der Tiefe dieser Station im Moment gewaltige Energien am Wirken waren.
Das Grollen nahm langsam an Lautstärke zu, ebenfalls die Erschütterungen. Plötzlich wurde der Raum in ein seltsames rötliches Licht getaucht und alle anderen Beleuchtungskörper abgeschaltet.
„Station wurde auf Notenergiemodus geschaltet“, stand sofort als nächstes auf einen dieser aufblinkenden Felder.
Das Generatorengeräusch schwoll weiter an. Die Generatoren waren noch im Hochlaufmodus.
„Wird’s noch...“, bettelte Armin verzweifelt.
Es blieben 100 Sekunden bis zu der vorausgesagten Kollision.
Karla sah gebannt auf das Feld mit der nicht aktiven Meldung, dass das Kraftfeld aufgebaut war. Auf den großen Bildschirm getraute sie sich nicht mehr zu sehen. Da wurde die Erde abgebildet, mehr als bedrohlich nahe.
Noch 30 Sekunden.
Armin bekam vor Anspannung Schweißtropfen auf der Stirn. Oder war es kalter Angstschweiß?
„Wir werden alle sterben“, jammerte Jennyfer.
Sie fühlte die Verzweiflung in den Gedanken der anderen.
Noch 15 Sekunden.
„Da, seht!“, rief Klaus aufgeregt.
Auf dem Bildschirm sahen sie ein intensiv leuchtendes Feld um die Raumstation herum.
Armin wusste, dass die Reibungswärme mit den Luftschichten solch einen Effekt erzeugen konnte. Erst, als er sah, dass die Leuchtanzeige „Kraftfeld aktiviert“ in hellem grünem Licht aufleuchte, atmete er auf.
„Geschafft“, stieß er hervor und linderte damit seine innere Spannung.
Das Kraftfeld um die Station leuchte heller und heller.
„Hey, das müsst ihr euch ansehen“, rief Karla und sah, wie gebannt auf die Anzeigefelder auf der Konsole.
Man konnte die Sichtanzeige auf den großen Bildschirm aufschalten, was Karla nach ihrem Aufruf auch tat.
„Das ist unmöglich“, entfuhr es Karl, als er sah, was gerade als Außentemperatur angezeigt wurde.
4870° Grad war zu lesen. Und es kletterte so schnell nach oben, dass man die letzten Ziffern nicht mehr schnell genug ablesen konnte. Armin wurde kreidebleich im Gesicht.
„Mein Gott, das war in der letzten Sekunde“, bemerkte er. „Ohne dieses Kraftfeld wären wir in der Atmosphäre verglüht.“
„Spürt ihr das?“, wollte Jonny von den anderen wissen.
Seit das Glühen angefangen hatte, wurden sie in ihre Sessel gepresst, als ob sich die Schwerkraft verdoppelt hätte. Die Station wurde geschüttelt, wie bei einem Flug durch einen Hurrikan. Armin hatte eine Erklärung.
„Die Station prallt an der Luftschicht ab. Das bewirkt diesen Andruckeffekt.“
„Oh mein Gott!“, quietschte Karla dazwischen.
„Halt aus, wir sind gleich an der Erde vorbei“, wollte Karl beruhigen.
Er hatte ebenfalls Schwierigkeiten beim Atmen und konnte sich vorstellen, dass diese gewaltsam auf den Körper einwirkenden Kräfte eine zierliche Person wie Karla fast umbrachten.
„Nein, seht mal auf die Anzeige mit dem Kraftfeld“, versuchte sie, den anderen zu erklären.
80%... 79%... 78%...
„Was hat das zu bedeuten?“, wollte Klaus wissen, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, um seine Angst nicht den anderen zu zeigen.
„Es sind die Energiereserven!“, fiel Armin sofort ein. „Dieses Kraftfeld verbraucht eine Unmenge an Energie, viel zu viel.“
„Gibt es da keine Möglichkeit...“, dachte Karla laut nach. „Schnell! Armin, die Wärmekollektoren“, rief sie aufgeregt.
Armins Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Was nützten ihnen jetzt die Wärmekollektoren?
„Los, du musst die Energiekreise der Wärmekollektoren auf die Kraftfeldgeneratoren aufschalten“, erläuterte Karla ihre Idee.
Armin verstand immer noch nicht.
„Die bringen ohne Sonnenlicht nichts und die Sonne steht momentan hinter der Erde.“
„Jetzt frag nicht lange. Mach es einfach“, befahl Karla und wollte sich aus ihrem Sessel erheben, um den Schalter notfalls selbst umlegen zu können.
„Tu es“, rief Jennyfer in heller Panik.
Die Anzeige des Kraftfeldes war auf unter 40% gesunken und an den stärker werden Erschütterungen konnte man fühlen, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Außenhülle der Station verglühen würde. 7230° Grad stand momentan auf der Anzeige. Wenn diese Hitze bis zur Schiffsinnenwand durchschlug, dann war alles vorbei.
„Lass Karla recht behalten“, flehte Jennyfer lautlos.
Zögerlich ergriff Armin den Schalthebel zog ihn mit einem Ruck in die Einraststellung, als er die Anzeige des Kraftfeldes bei 35% ablas.
„Lass es funktionieren“, flehte Karla.
Erst, als sie von den anderen entgeistert angesehen wurde, war ihr bewusst, dass sie soeben laut gedacht hatte.
„Die Reibungswärme... Die müsste Energie an die Wärmekollektoren abgeben können...“, brachte sie ihre Überlegungen hervor.
„Du bist dir nicht sicher, dass es funktioniert?“, staunte Karl.
Karla zögerte mit ihrer Antwort und sah stattdessen auf die Anzeige der Kraftfeldstärke.
„Da seht, der Wert sinkt nicht weiter“, rief sie freudig aus.
Während die Temperaturanzeige stetig nach oben kletterte, lieferte die Aktion mit den Wärmekollektoren tatsächlich den Generatoren die benötigte Zusatzenergie, um das Kraftfeld aufrecht zu erhalten. Das Kraftfeld stand bei 32%.
„33%“, Karl freute sich, wie ein kleines Kind. „Es steigt wieder. 34%.“
Hätte er Karla in diesem Moment umarmen können, er hätte es getan. Aber selbst er mit seinen Titanenkräften konnte sich momentan nicht aus dem Sessel erheben. Er probierte es nicht einmal. Gebannt starten alle auf den Bildschirm und wie aus einem Mund erklang die Ablesung des nächsten Wertes: „35%.“
Die Temperaturanzeige war zum Stehen gekommen. Als die Zahlen in absinkender Richtung angezeigt wurden, versuchte Armin zu erklären: „Jetzt haben wir das Schlimmste überstanden, die Station bewegt sich von der Erde weg.“
61% und 856° war auf der Anzeige zu lesen, als die nächste Überraschung kam.
Die Kraftfeldanzeige sank in raschem Tempo.
„Schnell die Generatoren abschalten“, befahl Karla.
Dieses mal gab es keine Diskussion. So schnell er konnte, kippte Armin den Hauptschalter der Energieverteilung in die andere Richtung. Das Rumoren der Generatoren verstummte innerhalb weniger Sekunden, die Station schwebte ohne spürbare Erschütterungen im Weltraum. Die letzten Werte waren gespeichert und wurden noch auf dem Bildschirm angezeigt: 54% und -273°. Klaus war kein Technikfreak und wartete auf eine Erklärung.
„Ohne die Reibungshitze der Luftschichten gibt es keine Energie durch die Wärmekollektoren. Das Kraftfeld hätte schnell unseren gesamten restlichen Energievorrat verbraucht, wenn wir es nicht schnell genug abgeschaltet hätten“, versuchte Karla, den anderen ein wenig Technik beizubringen.
„Wir müssen den Kurs dieser Raumstation korrigieren. Eine weitere Kollision werden wir nicht überstehen“, dämpfte Armin in nüchterner und sachlicher Ansprache die Freude der anderen, dass sie dieses Abenteuer unbeschadet überstanden hatten.
In seinen Gedanken beschäftigte ihn die gesamte Zeit, wie es möglich sein konnte, dass jemand vor sieben Tagen diese Automatik abgeschaltet hatte. Die zweiundvierzig Jugendlichen, zu der Zeit alle im Tiefschlaf, waren die einzigen Lebewesen an Bord. Jennyfer hatte ebenfalls mitbekommen, warum die Station kollidiert war. In dem Raum mit dem Stahlzylinder hatte sie zwar ein Bewusstsein in dem Zylinder gespürt, aber auch noch, wie im Hintergrund oberhalb dieses Zylinders, eine zweite Stimme wahrgenommen.
Der Umlauf um die Erde dauerte zehn Stunden. Bis dahin mussten sie herausgefunden haben, warum die Energiegeneratoren nicht mehr richtig funktionierten und vor allem, wer oder was den Absturz mit der Deaktivierung der automatischen Steuerung hatte herbeiführen wollen. Bei jeder Bahnumkreisung war die Station weiter aus der idealen Umlaufbahn gedriftet und an einer Stelle der Erde näher gekommen. Es durfte das nächste Mal keine Kollision mehr geben.
Ein Wettlauf mit der Zeit begann.
„Die Sonnen- und Wärmekollektoren lassen wir aktiv geschaltet. Sobald die Station von der Strahlung der Sonne getroffen wird, werden die Energiespeichereinheiten aufgeladen“, bestimmte Armin. „Wir müssen den Fehler finden, warum die Generatoren nicht mehr arbeiten. Ohne genügend Energie können wir die Korrekturdüsen nicht zünden. Die Treibstofftanks befinden sich im unteren Teil der Station“, erklärte er den anderen.
„Oh nein! Nicht wieder durch diese engen Luken und diesen bestialischen Gestank klettern“, beschwerte sich Karl sofort.
Karla gab ihm ein beruhigendes Zeichen.
„Nein, wir müssen nicht mehr durch die Wartungsschächte klettern.“
Sie deutete auf ihr Armband.
„Dazu haben wir jetzt diese Dinger“, erklärte sie weiter und berührte mit dem Finger das Sensorfeld des Bandes.
Sogleich erschien eine dreidimensionale Grafik, welche die Raumstation schemenhaft als Strichmodell zeigte.
„Los, kommt mit“, forderte sie die anderen, auf ihr zu folgen.
Sie lief auf direktem Weg zu einem der Ausgänge der Zentrale bis zu dem Knotenpunkt mit dem leuchtenden Ring auf dem Boden.
„Alle in diesen Kreis stellen“, ordnete sie an.
Sie wartete, bis sich alle in den Kreis gestellt hatten. Als sie mit dem Finger auf einen der Räume zeigte, welcher in der dreidimensionalen Darstellung projiziert wurde, leuchte in der Darstellung dieser Raum in einer anderen Farbe auf.
„Aufgepasst. Gleich werden wir... teleportiert“, warnte sie die anderen vor.
Das letzte Wort konnten ihre Freunde am Zielort hören.
„Wahnsinn!“, stieß Karl hervor, als er sich bewusst wurde, wie einfach es war, sich innerhalb dieser Station bewegen zu können.
Schnell setzte er einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf. Karla bemerkte seinen misstrauischen Blick.
„Das hat doch wunderbar geklappt“, wollte sie Karl seine Bedenken entlocken.
„Ja“, gab Karl kleinlaut zu, „aber nur wenn man weiß, wohin man gehen muss.“
Karla aktivierte das Sensorfeld bei Karls Armband.
„Jetzt nimm mal deinen Finger und halte ihn in das kleine Feld da oben“, riet sie ihm.
Karl tat, wie ihm geheißen. Kaum traf seine Fingerspitze das besagte Feld, wechselte es die Farbe.
„Das musst du dir merken“, betörte sie Karl.
Der nickte, wusste aber noch nicht, welchem Zweck diese Schulung diente. Bevor er etwas sagen konnte, tippte Karla kurz auf das Feld „Deaktivieren“ von Karls Armband und schaltete es somit aus. Dass Karl mit einem verdutzten Gesichtsausdruck dastand, bedeutete, dass er nicht wusste, was das ganze zu bedeuten hatte.
„Los, jetzt aktiviere dein Band selbst“, forderte Karla den Hünen auf.
„Ach so“, vermutete Karl, „du machst ein kleines Gedächtnistraining mit mir.“
Nachdem er die dreidimensionale Anzeige aktiviert hatte, hielt er die Fingerspitze auf das gleiche Feld, das ihm Karla zuvor gezeigt hatte. Nachdem es die Farbe gewechselt hatte, stellte er stolz fest: „Na, da staunst du!“
Karla stimmte ihm anerkennend zu.
„Das ist der Raum mit der Kantineneinrichtung. Falls wir getrennt werden, treffen wir uns dort.“
Diese Anweisung war nicht nur an Karl gerichtet.
„Das werde ich auf keinen Fall vergessen“, bestätigte Karl sofort.
„Das mit dem Treffpunkt hast du schlau gewählt“, flüsterte Jennyfer verschmitzt Karla ins Ohr.
Dass die anderen vor dieser Äußerung ein breites Grinsen aufgesetzt hatten, konnte Karl, Gott sei Dank, nicht mitbekommen. Er freute sich noch darüber, dass er schnell gelernt hatte, wie man den Transporter bedienen konnte. Den Speisesaal würde er nie im Leben aus seinem Gedächtnis verlieren, da sorgte sein knurrender Magen dafür.
Der Raum mit den Treibstofftanks war eine komplette Ebene.
„Riecht ihr, was meine Nase gerade schnüffelt?“, fragte Karl sofort, als sie aus dem Gang heraustraten, der den Transporterraum mit der Treibstoffebene verband.
„Den Geruch schleppst du an deinen Kleidern mit herum“, meinte Klaus, der ein paar Mal die Luft einsog und feststellte, dass ein seltsam modernder Geruch in der Luft zu spüren war.
Armin stellte nach dem prüfen der Luft fest: „Nein, Karl hat recht. Hier riecht es auch nach einem toten Tier.“
Vorsichtig liefen sie zwischen den riesigen Tanks hindurch, um in die Mitte des Raumes zu kommen. Dort lagen die Verteiler der Leitungen und die Steuerelemente, mit welchen die Ventile automatisch gestellt wurden.
„Ich kann es nicht beschwören, aber der Geruch wird intensiver“, stellte Jonny fest.
„Da vorne, das muss die zentrale Verteilerstation mit der automatischen Steuerung sein.“ Karla deutete auf einen kreisförmigen Platz, an dem keine Tanks standen, sondern der aussah, als wenn man dort ein kleines Chemiewerk mit hunderten von Leitungen, Rohren und Ventilen aufgebaut hätte. Meterdicke Rohre führten von den Tanks in diese Verteilerstation.
Je näher die sechs Freunde dieser Anlage kamen, umso deutlicher konnte sie erkennen, dass es hier einen heftigen Kampf gegeben haben musste. Ein großer Teil der Steuerung besaß keinerlei Anzeigen mehr oder zeigte, dass sie ohne Funktion war. Direkt bei dieser Verteilerstation angekommen, war jedem sofort bewusst: Da war mehr zerstört worden, als es noch funktionsfähige Komponenten gab. Aus den Steuerschränken hingen teilweise ganze Bündel zerfetzter Leitungen heraus.
„Was zu Henker ist hier passiert?“, überlegte Klaus und lief gedankenverloren weiter zwischen den zerstörten Steuereinheiten in Richtung Mitte dieser Anlage.
„Deswegen laufen die Energieerzeuger mit niederster Leistung“, stellte Armin fachmännisch fest. „Da gibt es viel Arbeit bis das alles repar... “
Mitten im Satz wurde er jäh durch einen entsetzten Schrei von Klaus unterbrochen.
„Schnell, wir müssen ihm helfen“, rief Karl und stürmte sogleich in die Richtung, in der Klaus weitergelaufen war.
Wenige Augenblicke später ertönte der zweite Entsetzensschrei , diesmal von Karl. Armin verspürte eine alles überschattende, hochkommende Angst. Trotzdem musste er seinen beiden Freunden helfen, wenn sie in Gefahr waren. Vorsichtig lief er zu dem Platz, an dem er die beiden vermutete.
„Mein Gott“, entfuhr ihm ein Ausruf des Entsetzens, als er sah, was die beiden entdeckt hatten.
„Was ist mit euch passiert?“, rief Karla mehr als aufgeregt und wollte sich ebenfalls in Richtung Mitte dieser Verteileranlage aufmachen.
Jennyfer hielt Karla an ihrer Kleidung fest.
„Nein, geh nicht! Das ist das Grauen!“, warnte sie sogleich.
Sie hatte kurz die Gedanken von Armin und den beiden anderen sehen können und hatte absoluten Ekel und Abscheu gespürt. Jonny stand wie versteinert da und wusste nicht, was er machen sollte. Das, was er in den Gedanken der drei da vorne hatte sehen können, war so grauenhaft gewesen, dass ein schlimmer Alptraum harmlos erschien.
Armin gewann als erster die Fassung zurück. Das, was da zwischen den Ventilen eingeklemmt hing, war einmal ein Mensch gewesen. Offensichtlich hatte er sich gegen eine Gefahr heftig zur Wehr gesetzt. Überall verstreut lagen abgerissene Teile seiner Kleidung.
Ein Arm fehlte.
In einem Bein waren mehrere Löcher zu erkennen, ähnlich Einschusswunden. Das fürchterlichste war die Tatsache, dass eine Gesichtshälfte fehlte, wie abgeschnitten. Der Kampf musste vor längerer Zeit stattgefunden haben. Die Überreste dieser bedauernswerten Person waren in einem starken Verwesungsprozess. Die langen, dunkelblonden Haare verrieten, dass es sich um eine junge Frau gehandelt haben musste
„Um Himmels Willen, welche Bestie hat das getan?“, wollte Karl wissen und tappte rückwärts auf Abstand zu diesem grausigen Ort.
Plötzlich stolperte er über einen am Boden liegende Gegenstand, sah auf den Boden und wurde noch blasser.
Dort lag der abgetrennte Arm.
Die knochige Hand hielt noch die Waffe umschlungen, mit dem sich die Frau gegen den Angreifer versucht hatte zu wehren.
„Das Armband.“
Armin deute auf das Band, welches um diesen abgetrennten Arm geschlungen war.
„Das könnte uns die Identität dieser Frau verraten.“
Angewidert sprang Karl einen Schritt zurück. Er war bei seinen Raufereien nicht zimperlich und teilte aus, damit jeder wusste, dass seine Fäuste nicht von schlechten Eltern waren, auch wenn mal das Blut spritzte. Einer halb verwesten Toten das Armband abnehmen war etwas anderes. Nie und nimmer.
„Armin hat recht. Wir müssen wissen, mit welchen Bestien wir es zu tun bekommen können“, pflichte Klaus bei, obwohl er einen mächtigen Ekel empfand, wenn er sich vorstellte die Leiche bei der Abnahme des Bandes berühren zu müssen.
„Es hilft alles nichts, einer muss es machen“, entschied Armin und wollte das Armband abmachen.
Erschrocken sprang er zurück, als sich der abgetrennte Arm bei der ersten Berührung anfühlte, wie Pergamentpapier.
„Ausgetrocknet“, erklärte er den anderen beiden.
Jetzt nahm er das Armband ab und tippte auf das Aktivierungsfeld für die persönliche Zugangsberechtigung. Die junge Frau hatte dem Technikerteam angehört, war zweiunddreißig Jahre alt und hatte vier Jahre Dienst auf der Station geleistet. Ihre Biofunktionenaufzeichnung war vor knapp einem halben Jahr gestoppt worden. Das war der Zeitpunkt ihres Todes gewesen.
„Sollten wir die Waffe nicht mitnehmen?“, meinte Karl, als sich Armin und Klaus auf den Rückweg machen wollten.
Armin überlegte eine Weile.
„Da kannst du nicht unrecht haben“, pflichte er Karl bei, hatte aber Mühe, die Waffe dem festen Griff dieser Hand abzuringen.
Karla hatte inzwischen im Geist diese Anlage im Vergleich zu den Bauplänen des Computers Revue passieren lassen. Ihr war eine Lösung eingefallen, wie man den Treibstoff für die Energiegeneratoren umleiten und somit die defekten Bereiche ausgrenzen konnte. Falls dies gelang, konnte man alle Energieerzeuger in Betrieb nehmen. Um die Energie an die Kraftfeldgeneratoren direkt weiterzuleiten, mussten sie im untersten Teil der Station die Hochenergieschaltrelais manuell in die Betriebsstellung umschalten. Das waren im Grunde genommen gigantische Sicherungsautomaten, die mit der Zwangsabschaltung der Steuerautomatik alle ausgelöst worden waren.
„Wo um alles in der Welt hast du diese Waffe her?“, wollte sie von Armin wissen, als damit in der Armbeuge zwischen den Ventilverteilern hervortrat.
Armin hatte ob des Gesehenen noch einen Kloß im Hals und es dauerte ein paar Minuten bis Karla eine Antwort erhielt.
„Sie gehörte einer jungen Frau, die dort hinten von einer Bestie getötet wurde.“
„Und? Ist diese Bestie bei dem Kampf draufgegangen?“, wollte Karla mit zittriger Stimme wissen.
„Wir haben nur die Leiche der Frau gefunden“, bedauerte Karl leise.
Karla konnte es nicht verhindern, dass ihr die Knie anfingen zu zittern.
„Jetzt beruhige dich. Vielleicht wurde dieses mordende Monster schon lange getötet“, versuchte Karl, diese unbekannte Gefahr aus den Gedanken von Karla zu verdrängen.
„Nein, nein. Die Bestie lebt noch. Die haust in diesen Wartungsschächten, daher dieser penetrante Gestank da drinnen“, war sie überzeugt.
Karl lief ein Schauer über den Rücken, wenn er sich vorstellte, diese Bestie hätte sie angegriffen und zerstückelt, als sie die vier Stockwerke hochgeklettert waren... Und da unten waren die Hochenergierelais installiert, welche es galt, vor der nächsten Kollision funktionsfähig zu machen.
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Die vergessene Armee der Kinder
Kapitel 08 Die Kollision
Rohtextversion
Armin wußte von dem Computer, dass es die Möglichkeit gab, um die Raumstation herum ein Kraftfeld aufzubauen welches in der Lage war, heranfliegende kleinere Meteore abzuwehren. Wenn es ihm gelang, dieses Kraftfeld schnell genug aktivieren zu können, würde dies bei dem bevorstehenden Aufprall auf den Luftschichten der Erde die Station vor größerem Schaden durch die Reibungshitze bewahren.
„Karla, du musst mir dabei helfen“, forderte er Karla auf, die Schaltkonsole vor ihr zu aktivieren.
„Schnell, wie müssen alle Energiereserven auf die Generatoren umlenken, die das untere Kraftfeld erzeugen!“
Karlas Finger glitten über die vor ihr angeordneten Tasten wie wenn sie vor ihrem Computer säße. Armin legte hastig einige der Hebel um – sie waren für die Hochlastrelais der Energieverteilung in der Station zuständig.
„Du kannst jetzt die Stromkreise aller Decks auf die Lastrelais aufschalten“, gab Karla eine kurze Information.
„Hast du auch an die Schlafräume gedacht?“, wollte Armin besorgt wissen.
Der Gesichtsausdruck von Karla sagte mehr als tausend Worte. „Ich schalte doch unseren Freunden nicht den Strom ab!“, entrüstete sie sich. „Jetzt hält der mich doch tatsächlich für so vertrottelt“, schimpfte sie noch leise.
„Hoffentlich funktioniert dies mit dem Kraftfeld“, sinnierte Armin laut und legte den letzten großen Hebel um, der die Energie zu den Generatoren durchschalten würde.
Alle bangten, was jetzt passieren würde.
Vor Armin leuchteten ein paar grün beleuchtete Felder auf. „Generatoren werden gestartet“, stand darauf zu lesen.
„Jetzt macht schon“, fuhr es Armin unweigerlich laut heraus. Er hatte auf seine Uhr geschaut und festgestellt, dass nur noch knapp sieben Minuten Zeit zur Verfügung standen.
Ein dumpfes Rumoren und deutlich spürbare feine Erschütterungen verrieten, dass irgendwo in der Tiefe dieser Station im Moment gewaltige Energien am Wirken waren.
Das Rumoren nahm langsam an Lautstärke zu, ebenfalls die Erschütterungen.
Plötzlich wurde der Raum in ein seltsames rötliches Licht getaucht und alle anderen Beleuchtungskörper abgeschaltet.
„Station wurde auf Notenergiemodus geschaltet“, stand sofort als nächstes auf einen dieser aufblinkenden Felder.
Das Generatorengeräusch war immer noch am anschwellen – also waren die Generatoren immer noch im Hochlaufmodus.
„Nun macht doch endlich.....“, rief Armin verzweifelt aus – es blieben nur noch 100 Sekunden bis zu der vorausgesagten Kollision.
Auch Karla sah gebannt auf das Feld mit der noch nicht aktiven Meldung, dass das Kraftfeld aufgebaut war. Auf den großen Bildschirm getraute sie fast nicht mehr zu sehen – da wurde die Erde abgebildet, mehr als bedrohlich nahe.
Noch 30 Sekunden – Armin bekam von der Anspannung Schweißtropfen auf die Stirn – oder war es kalter Angstschweiß?
„Wir werden alle sterben!“, jammerte Jennyfer – sie fühlte die Verzweiflung in den Gedanken der anderen.
Noch 15 Sekunden.
„Da! Seht doch!“, rief plötzlich Klaus ganz aufgeregt.
Auf dem Bildschirm sahen sie jetzt ein intensiv leuchtendes Feld um die Raumstation herum.
Armin wußte, dass die Reibungswärme mit den Luftschichten auch so einen Effekt erzeugen konnte. Erst als er sah, dass die Leuchtanzeige „Kraftfeld aktiviert“ in hellem grünem Licht aufleuchte, atmete er auf. „Ja! Geschafft“, rief er laut – und auch damit er seine innere Spannung linderte.
Das Kraftfeld um die Station leuchte immer heller und heller.
„Hey, das müsst ihr euch einmal ansehen“, rief plötzlich Karla und sah wie gebannt auf die Anzeigefelder auf der Konsole. Man konnte die Sichtanzeige auf den großen Bildschirm aufschalten. Kurz nachdem Karla dazu aufgefordert hatte, dass sich die anderen diese unglaublichen Werte auch ansehen sollten, übertrug sie die Werte auf den großen Bildschirm.
„Das ist doch unmöglich“, entfuhr es Karl, als er sah, was da gerade als Außentemperatur angezeigt wurde.
4870° Grad war da zu lesen – und kletterte so schnell nach oben, dass man die letzten Ziffern fast nicht mehr schnell genug ablesen konnte.
Armin wurde kreidebleich im Gesicht. „Mein Gott, das war wirklich in der letzten Sekunde“, bemerkte er, „ohne dieses Kraftfeld um die Station wären wir bestimmt in der Atmosphäre verglüht.“
„Spürt ihr das auch?“, wollte plötzlich Jonny von den anderen wissen.
Seit das Glühen angefangen hatte, wurden sie in ihre Sessel gepresst als ob sich die Schwerkraft verdoppelt hätte. Die Station wurde geschüttelt wie wenn man durch einen Hurrikan fliegen würde.
Armin hatte eine Erklärung. „Die Station prallt an der Luftschicht ab – das bewirkt diesen Andruckeffekt“
„Oh mein Gott!“, rief plötzlich Karla dazwischen.
„Halt aus, wir sind doch gleich an der Erde vorbei“, wollte Karl beruhigen. Er hatte ebenfalls Schwierigkeiten beim Atmen und konnte sich vorstellen, dass diese gewaltsam auf den Körper einwirkenden Kräfte so eine zierliche Person wie Karla fast umbrachten.
„Nein, seht doch mal auf die Anzeige mit dem Kraftfeld!“, versuchte sie den anderen zu erklären was sie so in Aufregung versetzte.
80%.....79%.....78%..... „Was hat das zu bedeuten?“, wollte sogleich auch Klaus wissen, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte um seine Angst den anderen nicht zu zeigen.
„Es sind die Energiereserven!“, fiel Armin sofort ein, „Dieses Kraftfeld verbraucht eine Unmenge an Energie – viel zu viel“
„Gibt es da keine Möglichkeit.....“, dachte Karla laut nach.
„Schnell! Armin, die Wärmekollektoren“, rief sie ganz aufgeregt. Armins Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Was nützten ihnen jetzt die Wärmekollektoren?
„Los, du musst die Energiekreise der Wärmekollektoren auf die Kraftfeldgeneratoren aufschalten!“, versuchte Karla ihre Idee zu erklären.
Armin verstand immer noch nicht. „Die bringen doch ohne Sonnenbescheinung gar nichts – und die Sonne steht doch momentan hinter der Erde.“
„Jetzt frag nicht so lange – mach es einfach“, forderte Karla und versuchte sich sogar aus ihrem Sessel zu erheben um den Schalter notfalls selbst umlegen zu können.
„Nun mach schon“, rief Jennyfer mehr als in Panik. Die Anzeige des Kraftfeldes war inzwischen auf unter 40% gesunken und an den stärker werden Erschütterungen konnte man fühlen, dass es bestimmt nicht mehr lange dauern würde, bis die Aussenhülle der Station verglühen würde. 7230° Grad stand dort momentan auf der Anzeige. Wenn diese Hitze bis zur Schiffswandung durchschlug – dann war alles vorbei. „Lass Karla auch diesesmal recht behalten“. flehte Jennyfer lautlos.
Noch etwas zögerlich ergriff Armin den Schalthebel – und als er die Anzeige des Kraftfeldes ablas, 35%, zog er ihn mit einem Ruck in die Einraststellung.
„Lass es funktionieren“, flehte Karla laut. Erst als sie von den anderen so richtig entgeistert angesehen wurde, war ihr bewusst, dass sie soeben laut gedacht hatte.
„Die Reibungswärme.... Die müsste doch auch Energie an die Wärmekollektoren abgeben können...“, machte sie einen vagen Versuch zu erklären.
„Du bist dir nicht sicher dass es funktioniert?“, staunte Karl.
Karla zögerte mit ihrer Antwort und sah stattdessen auf die Anzeige der Kraftfeldstärke. „Da seht doch – der Wert sinkt nicht weiter!“, rief sie freudig aus.
Während die Temperaturanzeige stetig weiter nach oben kletterte, schien die Aktion mit den Wärmekollektoren tatsächlich den Generatoren die benötigte Zusatzenergie liefern zu können um das Kraftfeld aufrecht zu erhalten. Das Kraftfeld schien jetzt bei 32% stabil zu sein.
„33%“, Karl freute sich wie ein kleines Kind, „seht doch nur, es steigt wieder – 34%.“
Hätte er Karla in diesem Moment umarmen können, er hätte es getan. Aber selbst er mit seinen Titanenkräften konnte sich momentan nicht aus dem Sessel erheben – zumindest probierte er es nicht, weil er glaubte, es nicht zu können.
Gebannt starten alle auf den Bildschirm und wie aus einem Mund erklang die Ablesung des nächsten Wertes: „35%“
Die Temperaturanzeige war inzwischen auch zum „stehen“ gekommen. Als die Zahlen dann plötzlich wieder in absinkender Richtung angezeigt wurden, versuchte Armin zu erklären: „Jetzt haben wir das Schlimmste überstanden, die Station bewegt sich wieder von der Erde weg“
61% und 856° stand auf der Anzeige zu lesen, als die nächste Überraschung kam.
Die Kraftfeldanzeige sank plötzlich wieder – und dies in sehr raschem Tempo.
„Schnell die Generatoren abschalten“, befahl Karla.
Dieses mal gab es keine Disskusion. So schnell er konnte, kippte Armin den Hauptschalter der Energieverteilung in die andere Richtung. Das Rumoren der Generatoren verstummte innerhalb weniger Sekunden, die Station schwebte wieder ohne spürbare Erschütterungen im Weltraum.
Die letzten Werte waren gespeichert und wurden noch immer auf dem Bildschirm angezeigt: 54% und -273°.
Klaus war kein Technikfreak und wartete auf eine Erklärung.
„Ohne die Reibungshitze der Luftschichten gibt es keine Energie durch die Wärmekollektoren. Das Kraftfeld hätte sehr schnell unseren gesamten restlichen Energievorrat verbraucht wenn wir es nicht schnell genug abgeschaltet hätten“, versuchte Karla den anderen ein wenig Technik beizubringen.
„Wir müssen den Kurs dieser Raumstation unbedingt korrigieren. Eine weitere Kollision werden wir nicht überstehen“, dämpfte Armin in nüchterner und sachlicher Ansprache die Freude der anderen dass sie dieses Abenteuer unbeschadet überstanden hatten.
In seinen Gedanken beschäftigte ihn schon die gesamte Zeit, wie es möglich sein konnte, dass jemand vor sieben Tagen diese Automatik abgeschaltet hatte, wenn nur die 42 Jugendlichen, zu der Zeit alle im Tiefschlaf, die einzigsten Lebewesen an Bord waren.
Jennyfer hatte ebenfalls „mitbekommen“ warum die Station kollidiert war. In dem Raum mit dem Stahlzylinder hatte sie zwar ein Bewusstsein in dem Zylinder selbst gespürt, aber seltsamerweise auch noch wie im Hintergrund irgendwo oberhalb dieses Zylinders eine zweite „Stimme“ wahrgenommen.
Der Umlauf um die Erde dauerte etwa 10 Stunden – bis dahin mussten sie unbedingt herausgefunden haben, warum die Energiegeneratoren nicht mehr richtig funktionierten und vor allem, wer oder was den „Absturz“ mit der Deaktivierung der automatischen Steuerung hatte herbeiführen wollen. Bei jeder Bahnumkreisung war die Station weiter aus der idealen Umlaufbahn gedriftet und deshalb an einer Stelle der Erde immer näher gekommen. Es durfte praktisch das nächste Mal keine Kollision mehr geben.
Ein Wettlauf mit der Zeit begann.
„Die Sonnen- und Wärmekollektoren lassen wir aktiv geschaltet – sobald die Station von der Strahlung der Sonne getroffen wird werden dadurch die Energiespeichereinheiten wieder aufgeladen“, bestimmte Armin.
„Wir müssen unbedingt den Fehler finden, warum die Generatoren nicht mehr arbeiten, ohne genügend Energie können wir die Korrekturdüsen nicht zünden“, war seine nächste laute Überlegung.
„Die Treibstofftanks befinden sich im unteren Teil der Station“, erklärte er den anderen.
„Oh nein! Nicht schon wieder durch diese engen Luken und diesen bestialischen Gestank klettern“, beschwerte sich Karl sofort.
Karla gab ihm ein beruhigendes Zeichen: „Aber nein, wir müssen nicht mehr durch die Wartungsschächte klettern.“ Sie deutete auf ihr Armband. „Dazu haben wir doch jetzt diese Dinger“, erklärte sie weiter und berührte mit dem Finger das Sensorfeld des Bandes. Sogleich erschien eine dreidimensionale Grafik welche die Raumstation schemenhaft als Strichmodell zeigte. „Los, kommt mit“, forderte sie die anderen auf ihr zu folgen. Sie lief auf direktem Weg zu einem der Ausgänge der Zentrale bis zu dem Knotenpunkt mit dem leuchtenden Ring auf dem Boden.
„Alle in diesen Kreis stellen“, ordnete sie an. Sie wartete, bis sich alle in den Kreis gestellt hatten.
Als sie mit dem Finger auf einen der Räume zeigte welcher in der dreidimensionalen Darstellung projiziert wurde, leuchte in der Darstellung dieser Raum in einer anderen Farbe auf.
„Aufgepasst – gleich werden wir ........ teleportiert“, warnte sie die anderen vor. Das letzte Wort konnten ihre Freunde schon am Zielort hören.
„Wahnsinn!“, stieß Karl hervor als er sich erst jetzt bewußt wurde, wie einfach es eigentlich war, sich innerhalb dieser Station bewegen zu können. Schnell setzte er allerdings wieder einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf.
Karla bemerkte seinen misstrauischen Blick: „Das hat doch wunderbar geklappt?“, wollte sie Karl seine Bedenken entlocken.
„Ja schon“, gab Karl kleinlaut zu, „aber nur wenn man genau weis, wohin man gehen muss.“
Karla aktivierte nun das Sensorfeld bei Karls Armband. „Jetzt nimm mal deinen Finger und halte ihn in das kleine Feld da oben“, riet sie ihm. Karl tat wie ihm geheißen. Kaum traf seine Fingerspitze das besagte Feld, wechselte es auch schon die Farbe. „Das musst du dir unbedingt merken – ja?“ betörte sie Karl.
Karl nickte nur, wusste aber immer noch nicht so richtig, welchem Zweck diese Schulung diente. Bevor er etwas sagen konnte, tippte Karla kurz auf das Feld „deaktivieren“ von Karls Armband und schaltete es somit aus.
Dass Karl jetzt mit einem richtig verdutzten Gesichtsausdruck dastand bedeutete, dass er eigentlich nicht wußte was das ganze zu bedeuten hatte.
„Los, jetzt aktiviere du dein Band einmal selbst!“, forderte Karla den Hünen auf.
„Ach so“, vermutete Karl „du machst wohl ein kleines Gedächtnistraining mit mir.“ Nachdem er die dreidimensionale Anzeige aktiviert hatte, hielt er die Fingerspitze genau auf das gleiche Feld, das ihm Karla zuvor gezeigt hatte. Nachdem es die Farbe gewechselt hatte, stellte er stolz fest: „Na, da staunst du!“
Karla stimmte ihm anerkennend zu. „Das ist der Raum mit der Kantineneinrichtung. Falls wir einmal getrennt werden, treffen wir uns dort.“ Diese Anweisung war nicht nur an Karl gerichtet.
„Das werde ich auf keinen Fall vergessen“, bestätigte Karl sofort.
„Das mit dem Treffpunkt hast du aber recht schlau gewählt“, flüsterte Jennyfer verschmitzt Karla ins Ohr.
Dass die anderen schon vor dieser Äußerung von Jennyfer ein verschmitztes Grinsen aufgesetzt hatten konnte Karl Gottseidank nicht mitbekommen. Er freute sich immer noch darüber, dass er so schnell gelernt hatte wie man den Transporter bedienen kann – und den Speisesaal würde er nie im Leben aus seinem Gedächtnis verlieren, da sorgte schon sein immer knurrender Magen dafür.
Der Raum mit den Treibstofftanks war praktisch eine komplette Ebene.
„Riecht ihr auch was meine Nase gerade schnüffelt?“, fragte Karl sofort, als sie aus dem Gang heraustraten der den Transporterraum mit der Treibstoffebene verband.
„Den Geruch schleppst du bestimmt noch an deinen Kleidern mit herum“, meinte Klaus, der ein paarmal die Luft einsog und feststellte, dass wieder ein seltsam modernder Geruch in der Luft zu spüren war.
Auch Armin stellte nach dem prüfen der Luft fest: „Nein, Karl hat recht. Hier riecht es auch so seltsam nach irgend einem toten Tier.“
Vorsichtig liefen sie zwischen den riesigen Tanks hindurch um in die Mitte des Raumes zu kommen. Dort lagen die Verteiler der Leitungen und die Steuerelemente mit welchen die Ventile automatisch gestellt wurden.
„Also ich kann es nicht beschwören, aber der Geruch wird immer intensiver“, stellte plötzlich Jonny fest.
„Da vorne, das muss die zentrale Verteilerstation mit der automatischen Steuerung sein.“ Karla deutete auf einen kreisförmigen Platz, an dem keine Tanks standen, sondern der aussah wie wenn man dort ein kleines Chemiewerk mit hunderten von Leitungen, Rohren und Ventilen aufgebaut hätte. Meterdicke Rohre führten von den Tanks in diese Verteilerstation.
Je näher die sechs Freunde zu dieser Anlage kamen, um so deutlicher konnte sie erkennen, dass es hier einen heftigen Kampf gegeben haben musste. Ein großer Teil der Steuerung besaß keinerlei Anzeigen mehr oder zeigte, dass sie ohne Funktion war. Direkt bei dieser Verteilerstation angekommen war jedem sofort bewusst: Da war mehr zerstört worden als es noch funktionsfähige Komponenten gab. Aus den Steuerschränken hingen teilweise ganze Bündel zerfetzter Leitungen heraus.
„Was zu Henker ist hier nur passiert“, überlegte Klaus laut und lief fast gedankenverloren immer weiter zwischen den zerstörten Steuereinheiten in Richtung Mitte dieser Anlage.
„Deswegen laufen die Energieerzeuger nur mit niederster Leistung“, stellte Armin fachmännisch fest. „Da gibt es viel Arbeit bis das alles repar.....“ Mitten im Satz wurde er jäh durch einen entsetzten Schrei von Klaus unterbrochen.
„Schnell, wir müssen ihm helfen“, rief Karl und stürmte sogleich in die Richtung, in der Klaus weitergelaufen war. Wenige Augenblicke später ertönte der zweite Entsetzensschrei – diesmal von Karl.
Armin verspürte plötzlich eine alles überschattende hochkommende Angst. Trotzdem musste er seinen beiden Freunden helfen wenn sie in Gefahr waren. Vorsichtig lief auch er zu dem Platz, an dem er die beiden vermutete.
„Mein Gott“, entfuhr auch ihm ein Ausruf des Entsetzens als er sah, was die beiden entdeckt hatten.
„Was ist mit euch passiert“, rief Karla mehr als aufgeregt und wollte sich ebenfalls in Richtung Mitte dieser Verteileranlage aufmachen.
Jennyfer hielt Karla an ihrer Kleidung fest: „Nein, geh nicht! Das ist das Grauen!“, warnte sie sogleich. Sie hatte kurz die Gedanken von Armin und den beiden anderen „sehen“ können – und hatte das absolute Grauen gespührt.
Auch Jonny stand wie versteinert da und wußte nicht was er jetzt machen sollte. Das was er in den Gedanken der drei da vorne hatte sehen können war so grauenhaft gewesen, dass ein schlimmer Alptraum dagegen harmlos erschien.
Armin gewann als erster wieder die Fassung. Das was da zwischen den Ventilen eingeklemmt hing, war einmal ein Mensch gewesen. Offensichtlich hatte er sich gegen eine Gefahr heftig zur Wehr gesetzt. Überall lagen verstreut abgerissene Teile seiner Kleidung. Ein Arm fehlte fast vollständig. In einem Bein waren mehrere Löcher zu erkennen – wie Einschusslöcher. Das grausigste war aber die Tatsache, dass eine Gesichtshälfte vollständig fehlte – wie abgeschnitten. Der Kampf musste schon seit längerer Zeit stattgefunden haben – die Überreste dieser bedauernswerten Person waren schon in einem starken Verwesungsprozess. Nur die langen dunkelblonden Haare verrieten, dass es sich um eine noch junge Frau gehandelt haben musste
„Um Himmels Willen, welche Bestie hat so etwas getan?“, wollte Karl wissen und wollte rückwärts tapsend auf Abstand zu diesem grausigen Ort gehen. Plötzlich stolperte er über irgend einen am Boden liegende Gegenstand, sah auf den Boden – und wurde noch blasser. Dort lag der abgetrennte Arm, die knochige Hand hielt noch die Waffe umschlungen mit dem sich die Frau gegen den Angreifer versucht hatte zu wehren.
„Das Armband.“ Armin deute auf das Band welches um diesen abgetrennten Arm geschlungen war. „Das könnte uns die Identität dieser Frau verraten.“
Angewidert sprang Karl noch einen Schritt zurück. Er war sonst bei Raufereien nicht zimperlich und teilte so aus, dass jeder wusste, dass seine Fäuste nicht von schlechten Eltern waren, auch wenn dabei mal das Blut spritzte – aber einem halb verwesten Toten das Armband abnehmen – nie und nimmer.
„Armin hat recht, wir müssen wissen, mit welchen Bestien wir es zu tun bekommen können“, pflichte Klaus Armin bei, obwohl auch er einen mächtigen Ekel empfand, wenn er sich vorstellte die Leiche bei der Abnahme des Bandes berühren zu müssen.
„Es hilft alles nichts, einer muss es machen“, entschied Armin und wollte das Armband abmachen. Erschrocken sprang er zurück, als bei der ersten Berührung der abgetrennte Arm sich anfühlte wie Pergamentpapier. „Fast ausgetrocknet“, erklärte er den anderen beiden. Jetzt nahm er das Armband ab und tippte auf das Aktivierungsfeld für die persönliche Zugangsberechtigung. Die junge Frau hatte dem Technikerteam angehört, 32 Jahre alt und fast vier Jahre Dienst auf der Station. Ihre Biofunktionenaufzeichnung war vor knapp einem halben Jahr gestoppt worden – das war der Zeitpunkt ihres Todes gewesen.
„Sollten wir die Waffe nicht auch mitnehmen“, meinte Karl, als sich Armin und Klaus wieder auf den Rückweg machen wollten.
Armin überlegte eine Weile. „Da kannst du vielleicht gar nicht so unrecht haben“, pflichte er Karl bei, hatte aber doch Mühe, die Waffe dem immer noch festen Griff dieser Hand abzuringen.
Karla hatte inzwischen in ihrem Geist diese Anlage noch einmal im Vergleich zu den Bauplänen des Computers Revue passieren lassen. Ihr war eine Lösung eingefallen, wie man den Treibstoff für die Energiegeneratoren umleiten, und somit die defekten Bereiche ausgrenzen konnte. Falls dies gelang, konnte man alle Energieerzeuger wieder in Betrieb nehmen. Um die Energie dann an die Kraftfeldgeneratoren direkt weiterzuleiten, mussten sie im untersten Teil der Station die Hochenergieschaltrelais manuell in die Betriebsstellung umschalten. Das waren im Grunde genommen gigantische Sicherungsautomaten die mit der Zwangsabschaltung der Steuerautomatik alle ausgelöst worden waren.
„Wo um alles in der Welt hast du diese Waffe her?“, wollte sie sogleich von Armin wissen, als er mit der gefundenen Waffe in der Armbeuge zwischen den Ventilverteilern hervortrat.
Armin hatte ob dem Gesehenen immer noch einen richtigen Kloß im Hals und es dauerte ein paar Minuten bis Karla eine Antwort erhielt: „Sie gehörte einer jungen Frau die dort hinten von irgend einer Bestie getötet wurde.“
„Und – ist diese Bestie auch bei dem Kampf draufgegangen“, wollte Karla sofort mit zittriger Stimme wissen.
„Wir haben nur die Leiche der toten Frau gefunden“, bedauerte Karl leise, dass es anscheinend auf dieser Raumstation doch irgendwo eine brutale und mordende Bestie gab.
Karla konnte es nicht verhindern dass ihr die Knie anfingen zu zittern.
„Jetzt beruhige dich doch wieder. Vielleicht wurde dieses mordende Monster schon lange getötet“, versuchte Karl, diese unbekannte Gefahr aus den Gedanken von Karla zu verdrängen.
„Nein, nein. Die Bestie lebt noch. Die haust bestimmt in diesen Wartungsschächten – daher auch dieser penetrante Gestank da drinnen“, war sie überzeugt.
Selbst Karl lief jetzt ein Schauer über den Rücken – wenn er sich vorstellte, diese Bestie hätte sie angegriffen und zerstückelt als sie die vier Stockwerke hochgeklettert waren...... Und genau da unten waren die Hochenergierelais installiert, welche es galt, vor der nächsten Kollision wieder funktionsfähig zu machen.