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Poesie => Hoffnung


D.M.d.B. Kapitel 01 "Jose" - von Aabatyron, 30.07.2007
a potência de caridoso
(Die Macht der Barmherzigkeit)


Jose

Endlich gab es nach der alles vernichtenden Trockenzeit den lange ersehnten Regen. Die ersten Tropfen fielen vereinzelt auf die von der Sonne aufgeheizten Ziegel der Dächer und auf den staubigen ausgedörrten Boden. Das Wasser wurde begierig aufgesogen und verdampfte sogleich in der flimmernden Hitze der Luft. Dort wo die Regentropfen auftrafen, entstanden für kurze Zeit kleine dunkle Farbtupfer, die aber schnell wieder kleiner und kleiner wurden wenn sich das Wasser in Dampf auflöste.

Jose war aus dem Haus gegangen und voller Freude und Hoffnung spürte er, wie er ab und zu von einem dieser lebensspendenden Wassertropfen getroffen wurde. Endlich konnte er und seine Familie Hoffnung schöpfen, dass auch der Himmel Gnade mit ihnen hatte und den sehnlichst erhofften Regen spenden würde. Die Landschaft zeigte jetzt immer mehr dieser dunklen Farbtupfer - ja, es waren die einen noch nicht wieder verschwunden, schon wurden sie von weiteren Regentropfen immer stärker in einer dunklen Farbe auf der Erde gezeichnet. Jose beobachtete dieses inzwischen selten gewordene Schauspiel mit fast jugendlicher Freude während der warme Regen sein Gesicht traf und ihm die Feuchtigkeit an den Wangen herunterlief und sich mit dem salzigen Schweiß der Arbeit vermischte.

Bald war die gesamte Landschaft in ein sattes dunkles braun getaucht, nur noch wenige Stellen hatten noch keine Tropfen abbekommen oder das Wasser war durch die angestaute Hitze schneller verdampft worden als der Regen in der Lage war, die Erde mit Feuchtigkeit zu tränken. In der heißen Luft konnte man den dumpfen Geruch der vom Regen benetzten Erde richtig schmecken und riechen.

Nach einer halben Stunde bildeten sich allerdings schon die ersten kleinen Vertiefungen in der Erde, wo sich das Wasser sammelte weil die Erde durch die lange Dürre so hart geworden war, dass sie nicht einmal mehr das Wasser von der oberen Schicht nach unten durchlassen konnte. Es sah faszinierend aus, wenn ein Regentropfen in eines dieser winzigen Teiche platschte und sogleich wieder vermischt mit dem Staub der Erde in die Höhe sprang, fast als ob er sich erschreckt hätte, auf dem heissen Boden angekommen zu sein. Aber die Schwerkraft zwang ihn zurück und langsam bildeten sich kleine Rinnsale, die sich wie kleine flinke Schlangen einen Weg auf dem Boden suchten.

Spürbar wurde die Luft klarer und man hatte gleichzeitig auch das Gefühl, dass der Regen schon ein wenig von der Wärme, die von der Sonne zuvor in der Luft gespeichert worden war, dieser langsam entzog und es jetzt tatsächlich etwas kühler wurde.

Jose stand noch immer vor seinem Haus und es störte ihn in keiner Weise, dass sein Hemd inzwischen klitschnass war und überall an seinem Körper klebte. Das war er gewohnt, aber nicht vom Regen - nein, die tägliche Arbeit war sehr anstrengend und schon nach kurzer Zeit waren fast immer seine Kleider vom Schweiß durchnässt, mit dem sein ausgemergelter Körper versuchte, die Temperatur etwas zu senken. Die Sonne brannte tagsüber so unbarmherzig, wenn man ohne schützende Kleidung arbeiten würde, hätte dies nach kurzer Zeit starke Verbrennungen zur Folge.

Ja, jetzt gab es wieder Hoffnung - er konnte sein Glück kaum fassen. Er hatte das riesige Feld mit den Nachzuchtpflanzen der Bohnen zusammen mit seinem fast 70-jährigen Vater und seinen Brüdern angepflanzt - vom Wachstum dieser kleinen zarten Pflanzen würde seiner Familie und den Farmarbeitern der Lebensunterhalt für ein paar Monate gesichert sein. Es war während der anhaltenden ungewöhnlichen Trockenheit sehr mühselig gewesen, nach einem technischen Defekt der Wasserpumpen und dem versiegen vieler Quellen, das benötigte Wasser für die kleinen empfindlichen zarten Pflanzen vom weit entfernten Brunnen hierher auf das hinter dem Haus gelegene Feld schleppen zu müssen. Manchmal dauerte es Stunden, bis in dem Brunnen wieder genug Wasser nachgelaufen war um Menschen, Tiere und Pflanzen damit notdürftig zu versorgen.

Das nahe gelegene, neben einem dort durch das Tal fließenden Bach installierte Pumpensystem hatte, aufgrund der anhaltenden sengenden Hitze, und dem dadurch bedingten austrocknen des Baches, kein Wasser mehr fördern können. In den letzten Wochen mußte man die Wasserverteilung aus einer weit entfernten Bergquelle von Hand vornehmen, bis die benötigte Menge Wasser wieder von der Wasserförderanlage des Tales geliefert und über die automatischen Berieselungsanlagen verteilt werden konnte.

Jose sah zufrieden, dass jetzt auch die letzte der inzwischen schon recht großen Pflanzen mit dem lebensspendenden Nass umspült wurde. Er humpelte ins Haus, und obwohl er klitschnass war, nahm er seine Frau liebevoll in seine Arme - was konnte es jetzt noch für eine Steigerung seines Glücks geben? Er hatte ein eigenes Haus, seine Familie ihre eigenen Felder, die Ernte würde jetzt gesichert sein - ja und das Wichtigste: seine Tochter würde in der Stadt noch in diesem Jahr in eine gute höhere Schule gehen. Das ließ ihn momentan sogar die stetigen Schmerzen in seinem rechten Bein vergessen - er verstand nicht viel von moderner Medizin, aber bei so vielen Stiften und Schrauben, die man ihm bei seinem Bein in die Knochen gebohrt und gedreht hatte, war es fast ein Wunder, dass er damit überhaupt noch laufen konnte. Was waren schon die Schmerzen in seinem Bein, wenn die Zukunft jetzt wieder für alle gesichert erschien?


Nein, er wollte sich über sein Schicksal nicht beschweren. Es war fast nicht zu glauben, was alle in den letzten Jahren erlebt hatten. Wenn er sich zurückerinnerte, wie er noch vor fünfundzwanzig Jahren mit seiner Familie “leben” mußte, überkam ihn trotz der Hitze ein fröstelnder Schauer.



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