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Pets - Kapitel 2: Blindes Vertrauen - von MangaEngel, 24.12.2007
Ich glaubte meinen Ohren nicht, hielt es zuerst für einen dummen Scherz. 18 Jahre lang stand mir Merlin, mein Blindenhund und bester Freund zur Seite, mein Augenstern, wie ich ihn manchmal humorvoll nannte. Doch das Alter hat ihn mir weggenommen, er starb vorgestern und was steht vor meiner Tür? Ein junges Mädchen, das total selbstüberzeugt behauptet, mein neuer Blindenhund zu sein. Sie nannte sich selbst ein Pet, was immer das sein soll, sie meinte, sie wäre zwar kein Schäferhund, sondern ein Rottweiler, aber sie habe das Blindenhundtraining mit guten Noten bestanden. Ich denke, ich hatte den Blick, den ein Mensch hätte, wenn man ihm im August Sank Martins-Lieder vorsingen würde. Das Mädchen klang noch recht jung, sie war vielleicht um die 16, 17 Jahre alt und schien anscheinend vollkommen überzeugt, optimistisch und selbstsicher, dass ich sie ernst nehmen würde. Mir war klar, dass die Jugend von heute Behinderte meist nicht mehr ernst nahm, aber zu denken, dass ich ein Idiot bin, der zwischen einem Menschen und einem Hund nicht unterscheiden kann, dass ist wirklich die Höhe.
„Nun, wenn sie mir sagen, was ihr vorheriger Hund für sie getan hat, dann werde ich versuchen, mich anzupassen.“ sagte das Kind mit einer Fröhlichkeit, dass ich ernsthaft nachdachte, wofür sie sich hielt. „Du musst gar nichts machen. Weil ich auf einen neuen Hund warte und nicht auf ein Kind, auf das ich aufpassen muss anstatt umgekehrt.“ Sie schwieg kurz, ehe sie auflachte. „Oh je, denken sie, ich bin noch zu jung? Das hatte mein Trainer schon befürchtet, er meinte aber, dass ich gut genug wäre, um dennoch zu überzeugen.“ sagte sie und klang ein wenig, als wenn sie das ganze auch noch ernst meinte. Wieder war eine Weile Stille, ehe sie ein wenig verunsichert sagte: „Glauben sie mir nicht?“ Anscheinend war ihr auch mal aufgefallen, wie ich sie ansah (obwohl ich sie nicht mal sehen konnte). „Hör mal, Kleine. Ich weiß nicht, ob du das lustig findest. Ich möchte einfach nur einen neuen Hund. Ich finde, es ist ein sehr bösartiger Witz, einen Blinden, der seinen Hund verloren hat, so an der Nase herumzuführen.“ Sie gab ein seltsames Geräusch von sich, ehe sie sich räusperte. „Haben...sie ein Radio? Oder jemanden, der Ihnen Zeitung vorliest? Irgendwas, mit dem sie erfahren, was in der Welt passiert?“ Ich lachte kurz hämisch und fragte mich, worauf sie wohl hinauswollte. „Hör mal, Kleine. Ich lebe nun schon seit über 30 Jahren allein und selbstständig, ich bin beinah 50 und die Welt interessiert sich noch weniger für mich wie ich mich für sie. Es kommt doch jeden Tag nur dasselbe, immer sind irgendwo Anschläge, Hungersnöte, Möchtegernstars und weiß der Geier, was. Ich brauche nichts, nur diese Wohnung, Essen, Schlaf und einen neuen Hund. Also könnten Sie bitte mit diesem Blödsinn aufhören und mir einen geben?!“ Langsam regte mich dieses Mädchen auf, ich wusste nichtmal genau, warum. Vielleicht war ich auch nur wegen dem Verlust um Merlin im Moment sehr reizbar.
„Aber es gibt keine Blindenhunde mehr. Zumindest nicht solche, wie sie sie kennen.“ sagte das Mädel und klang nun wirklich überfordert, was mich ein wenig irritierte. „Was soll das heißen, es gibt keine mehr? Wo sollen die denn hin sein? Ist ne Seuche ausgebrochen?“ fragte ich, ich meinte es sarkastisch, konnte mir aber auch vorstellen, dass da was dran war. „Nein, keine Seuche. Tiere leben in Zoos, Reservaten und der freien Wildnis. Man darf sich keine echten Tiere mehr halten.“ Ich lachte kurz, langsam bewunderte ich ihre Fantasie. „Ach... Hauskatzen in der freien Wildnis? Na, das ist ja mal ganz was neues.“ meinte ich nur und sie seufzte. Anscheinend lag es ihr wirklich am Herzen, mich nach Strich und Faden an der Nase herumzuführen. „Nein, Haustiere leben in Zoos und werden dort gefüttert. Aber das ist nun schon seit über 14 Jahren so, haben Sie davon denn wirklich noch nichts mitbekommen?“ fragte das Mädchen unsicher und langsam klickte bei mir etwas, ob sie nicht vielleicht doch die Wahrheit sagte. „Na gut, gehen wir mal davon aus, du hast Recht und alle Tiere dieser Erde sind wirklich irgendwo in irgendwelchen Dschungeln oder so. Was soll ich dann bitte ohne Blindenhund machen?“ Es war kurz Stille, ehe sie laut zu lachen begann. Offenbar hatte sie bekommen, was sie wollte, ich hatte ihr den ganzen Quatsch abgekauft.
„Aber ich bin doch ihr neuer Blindenhund, dass habe ich Ihnen doch schon gesagt!“ meinte sie fröhlich und ich wusste nicht, ob dass jetzt zum Witz gehörte oder nicht. „Ähm...Aber... Dafür müsstest du...ein Hund sein. Oder etwa nicht?“ meinte ich nur und wieder lachte sie laut. Ich verstand nichts, versuchte mich aber zusammenzunehmen. „Also?“ fragte ich, sie lachte immer noch und hatte offenbar Probleme, sich wieder zu beruhigen. Plötzlich merkte ich, wie sie meinen Arm nahm und ich spürte wirklich Fell. Es waren Ohren, Hunde- oder Katzenohren. Und zu meiner noch größeren Verwunderung verschwanden die Ohren in einem Haufen weichem Menschenhaar. „Eine Attrappe?“ fragte ich verwirrt und wieder kicherte das Mädchen. „Ich sagte doch, ich bin ihr neuer Blindenhund. Ich bin ein Pet, man könnte sagen, ein Mensch-Tier-Mischling.“ Ich stutzte kurz. „Wie, ein Mensch-Tier-Mischling? Wie soll das denn gehen?“ Ihr Ohr wackelte, was mich kurz zusammenzucken ließ. Ich überlegte kurz, ob es vielleicht elektrisch war, doch es fühlte sich weich an und nicht so, als wenn da Metalldrähte oder Stangen drin wären. „Wissenschaft kann heutzutage fast alles, ist ein genetischer Vorgang, schwer zu erklären. Glauben Sie mir bitte einfach, dass ich ihr neuer Blindenhund bin. Ich werde versuchen, meine Arbeit gut zu machen, Ihnen nicht zur Last zu fallen und mich ganz einzufügen. Wenn Sie es nicht mögen, wenn ich spreche, kann ich auch von jetzt an schweigen oder auf allen vieren gehen. Wenn Sie dann mit mir besser auskommen, soll es mir Recht sein.“
Ich hörte stumm zu, sie sagte alles vollkommen selbstsicher, gut gelaunt und klang fast wie eine professionelle Verkäuferin, die ein Produkt anpries. Ich überdachte das Ganze, anscheinend meinte sie es ernst, insofern würde ich zumindest versuchen, mit dem Kind auszukommen. Ich erklärte ihr kurz, was Merlin immer getan hatte, wie er sich verhalten hatte und wo ich absolut keine Einmischung haben wollte. Sie akzeptierte alles und wiederholte auch einwandfrei alles, was ich ihr gesagt hatte. Sie bot sogar an, Dinge zu tun, für die ich normalerweise eine bezahlte Hilfe hatte. Sie wollte zum Beispiel für mich einkaufen oder putzen. Es kam mir ein wenig sehr seltsam vor, dass das Mädchen ohne Bezahlung und alles das Ganze machen wollte. Doch selbst, als ich ihr Taschengeld anbot, lachte sie nur und meinte, es würde ihr reichen, wenn ich mein Leben problemlos leben konnte. Selbst, als ich ablehnte, dass sie gänzlich ohne eine Gegenleistung alles tat, meinte sie nur, dass es ihr reichen würde, wenn ich sie einmal am Tag kurz an den Ohren kraule oder ähnliches. Und es war wirklich seltsam, dass von jemandem zu hören, der bis auf die Ohren in meinem Kopf als Mensch verankert war. Doch es ging erstaunlicherweise alles sehr gut.
Sie hatte sich schnell eingelebt und übernahm Merlins Rolle wirklich vollständig. Vor allem, wenn ich irgendwohin musste, war sie sehr selbstständig, konnte nach dem Weg fragen oder sah ihn vorher anscheinend in einer Straßenkarte nach. Solche Dinge konnte Merlin natürlich nicht tun, allerdings war ich auch nie zwingend darauf angewiesen gewesen, es war jetzt nur ein wenig Luxus. Sie vermied auch absolut alles, was ich nicht wollte, dass sie tat. So ließ sie mich immer im Badezimmer allein und wartete vor der Türe auf mich. Auch überließ sie mir in der Küche alles und kaufte meistens ein, wenn ich kochte oder badete. Manchmal, glaube ich, ging sie in solchen Momenten auch spazieren, ich weiß nicht genau. Als ich sie mal nach ihrem Namen gefragt hatte, meinte sie nur, dass ich ihr einen geben solle. In der Schule hatte sie eine fünfstellige Zahlenkombination als Name gehabt, was für mich extrem nach Kaserne oder Fließbandfabrik klang. Sei es aus Sentimentalität oder einfach eine spontane Idee, jedenfalls nannte ich sie Meerle, was vom Klang her Merlin nicht unähnlich war. Meerle akzeptierte ihren Namen sofort und hörte auch vom ersten Moment auf diesen.
Am Ungewöhnlichsten fand ich nach einiger Zeit aber nicht ihr Äußeres oder die Tatsache, dass sie irgendwie ein Mensch war, sondern dass sie ein Gerüst trug, wie es auch wirklich Blindenhunde taten. Nur war die Stange beweglich. Sie hatte gemeint, dass man so Größenunterschiede zwischen dem Herren und dem Hund ausgleichen wolle. Auch daran gewöhnte ich mich schnell, aber es war doch ein seltsames Gefühl, einen Menschen mehr oder weniger an die Leine zu nehmen und so durch die Stadt zu laufen. Zumal ich nichtmal sehen konnte, ob Andere auch solche Tierwesen hatten und diese ebenfalls an einer Art Leine waren. Fragen würde ich sicher niemanden, aber ich kam mir meist vor, als wenn ich der einzige Idiot wäre, der sowas mitmachte. Doch ich gewöhnte mich auch schnell daran. Ich war es gewöhnt, dass man mir dumme Kommentare entgegenbrachte oder mir Streiche spielte, mich interessierten die Meinungen Anderer schon lange nicht mehr. Vielleicht gefiel mir darum auch Meerle so gut. Sie tat, was man ihr sagte, nicht mehr und nicht weniger. Sie leistete mir Gesellschaft, schien aber immer zu spüren, wann ich kein Interesse an Gesprächen oder Ähnlichem hatte. Sie merkte es sogar, wenn mir nicht gut war, ich müde oder krank war. Da zeigte sie sich immer sehr fürsorglich, machte mir Kaffee, Tee oder sprach mich darauf an, ob ich mich hinlegen wollte. Ebenso freute sie sich aber, wenn es mir gut ging, sie steckte dann auch nur noch mehr mit ihrer Fröhlichkeit an und es war lustig, wenn man hörte, wie ihr Schwanz wedelte. Sie konnte mir bis heute nicht sagen, wieso sie einen langen buschigen Schwanz hatte, wenn sie doch ein Rottweiler war, sie vermutete immer, dass ihr Genspender schon ein Mischling gewesen war oder man sich in ihrer Rasse geirrt hatte. Aber es war immer ein gutes Zeichen, wenn man hörte, wie das buschige Fell beim Wedeln ein typisches leises Rauschgeräusch machte. Allein das ließ mich manchmal lächeln und steigerte meine Laune.
Nach etwa einem Monat hatte ich mich sogar so sehr an sie gewöhnt, dass ich ihren Vorschlag, sie zu kraulen, angenommen hatte. Am Anfang kam ich mir bescheuert vor, einem fast erwachsenem Mädchen den Kopf zu kraulen, doch sie winselte immer und schien es zu mögen. Und irgendwann schien es mir das normalste der Welt, dass sie sich mit dem Kopf auf meinen Schoss legte und sich betütern ließ. Auch ging ich neuerdings ab und zu mit ihr in den Park und spielte mit ihr Apportieren, was sie mit großer Begeisterung machte. Merlin hatte nie irgendwie angedeutet, dass er spielen wollte, aber vielleicht hatte ich es auch nie darauf angelegt, zu sehen, ob es ihm vielleicht Spass machen würde. Ich bekam ab und zu ein schlechtes Gewissen. Meerle war Merlin verdammt ähnlich, Merlin war zwar ruhiger gewesen, nicht immer so gut gelaunt, denke ich, aber ansonsten waren sie sich wirklich ähnlich. Nur, dass ich Meerle besser zu behandeln schien, nur weil sie meine Fragen wirklich verstand und auch deutlich sagen konnte, ob sie an etwas Interesse hatte. Doch ich versuchte, nicht schlecht über Merlin zu denken. Er hatte mich 18 Jahre lang begleitet und beschützt, es wäre undankbar. Manchmal dachte ich sogar, wenn Merlin wirklich so schlau wie Meerle war - und daran glaubte ich fest – dann wäre er auf sie als Nachfolger sicher stolz gewesen. Aber ansonsten versuchte ich, nicht viel an Merlin zu denken. Denn es war auch unfair gegenüber Meerle, die sich wirklich engagiert für mich einsetzte und ihre Arbeit gut machte. Auch, wenn sie einem direkten Vergleich mit Merlin nicht standhalten würde, einfach schon deshalb, weil ich sie nichtmal annähernd so lange hatte wie ich Merlin hatte. Darum versuchte ich einfach, auszublenden, wie lange ich Meerle schon hatte und dass sie manchmal ein paar Fehler machte. Dafür genoß ich ihren doch etwas anderen Charakter, dass sie manchmal Wünsche äußerte, was Merlin nie auch nur angedeutet hatte. So ging sie gerne spazieren, weshalb ich mir nachträglich gedacht hatte, dass sie dies wohl auch immer tat, wenn ich für mich alleine sein wollte. Am Liebsten ging sie an die nahegelegene Küste, sie freute sich immer, wenn viele Möwen übers Wasser flogen. Irgendwann wurde es zur Tradition, dass wir jeden Sonntag um 10 Uhr zur Küste gingen und uns dort auf eine Bank setzten. Meerle bereitete nach einiger Zeit sogar immer Brötchen und eine Thermoskanne mit Tee vor, die wir dann mitnahmen. Wir frühstückten dann immer an der frischen Luft und ließen uns das auch nur bei schlechtem Wetter nehmen.
„Nanu, Herr Blindschleiche hat ja ein Pet. Sagen sie bloß, Ihnen ist aufgefallen, dass sie total altmodisch gelebt haben?“ Ich drehte mich um, ich kannte die Stimme. Sie gehörte dem Kioskbesitzer gegenüber, der allerdings für mehrere Wochen in Urlaub gewesen war. Ich hatte ihn noch nie gemocht, er war die männliche Version einer Klatschtante, noch dazu war er selten so diskret, über einen zu lästern, wenn man nicht anwesend war. Frau Clemens, die alleinerziehende Mutter eine Etage tiefer hatte mir auch mal gesagt, dass er auch äußerlich ein sehr schmieriger Typ wäre, der einen Kleingangster in einem Noirfilm spielen könnte. Überrascht sah ich zu Meerle, als diese leise zu knurren begann. Ich war mir unsicher, ob sie es wegen dem Kommentar tat oder ob sie meine Antisympathie an sich bemerkt hatte. Ich shhte ihr zu und sie schwieg wieder. Soba, der Kioskbesitzer, lachte laut auf, als er das offenbar bemerkt hatte. „Was für ein unverschämtes Pet, knurrt doch tatsächlich einen Menschen an. Dabei ist es nichtmal soviel wert wie eine Wasserratte. Was für einen Blödsinn, diese Viecher auch noch unter Schutz zu stellen. Aber vielleicht ist das ja notwendig, damit diese Dinger nicht von armen Krüppeln geklaut werden.“ Ich spürte, wie ich eine Faust ballte vor Wut, doch ich schwieg. Selbst wenn ich es drauf anlegen würde, ich würde auf jeden Fall unterlegen sein. Meerle begann wieder zu knurren, wenn auch leiser als vorher. Soba lachte nochmal laut auf, ehe ich plötzlich ein Klatschen und ein Winseln hörte. Wenig später polterte es und diesmal knurrte Meerle wirklich laut. Ich war verwirrt, ich hatte den Überblick verloren, was los war. „Lassen Sie Meerle in Ruhe!“ rief ich und wieder lachte Soba laut auf. „Ach herrje, haben Sie Angst, sonst den Weg nicht zu finden?“ fragte er in ironischem, übertrieben mitleidigem Ton und wieder hörte ich, wie Meerle auffiepte. Ich musste nicht lange überlegen um zu wissen, was Soba gerade wohl mit Meerle tat, doch ich konnte nichtmal wirklich heraushören wo er und Meerle waren. „Hören Sie auf oder ich rufe die Polizei!“ drohte ich, doch statt zu lachen oder zu antworten, schien er mehrmals auf Meerle einzutreten oder sowas. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, um die Uhrzeit war niemand hier und wenn ich versuchen würde, auf Soba loszugehen, würde ich den Kürzeren ziehen, wenn ich nicht vorher aus Versehen über den Zaun fiel, der den Fußweg von den Klippen trennte und verhinderte, dass man versehentlich baden ging. „Meerle!“ rief ich verzweifelt, sie winselte kurz, ehe sie ein Würggeräusch von sich gab. Ich bekam es mit der Angst zu tun, ich traute ihm zu, Meerle zu Tode zu prügeln. Da fiel mir etwas ein, was ich eigentlich nie vor hatte, zu benutzen.
Meerle hatte mir einen Pager anvertraut. Er war eigentlich dafür gedacht, dass dann die Polizei gerufen wurde, um durchgedrehte Pets einzufangen. Aber ich denke, es würde wohl kaum Ärger geben, wenn ich ihn jetzt benutzen würde. Ich hatte ihn immer in der Jackentasche, ich drückte den Knopf, es piepte kurz, ehe ich nur noch abwarten konnte und den abscheulichen Geräuschen lauschen musste, die Meerle von sich gab, wenn Soba sie trat, schlug oder was immer. Doch in auffällig kurzer Zeit hörte ich plötzlich Polizeisirenen. Soba schien es erst nicht zu merken und als es soweit war, war es zu spät. Die Polizei befahl uns Dreien, uns nicht zu bewegen und bemerkten wohl auch schnell, weshalb sie gerufen worden waren. Sie führten den laut schreienden Soba ab und alarmierten auch sofort einen Krankenwagen für Meerle. Allerdings versicherte man mir, dass sie bei Bewusstsein und wohl auch nicht in Lebensgefahr war.
„Kommen sie.“ sagte die Schwester, die mich bis zum Raum gebracht hatte, in dem Meerle lag. Ich hatte nicht mit dem Krankenwagen fahren dürfen, da ich erst zum Polizeipräsidium sollte, um da kurz zu erklären, was passiert war. Lachend hatte mir der zuständige Beamte gesagt, dass sie noch nie wegen sowas mit dem Pager gerufen wurden, dass es aber durchaus auch eine Funktion war und er es der Pet GmbH vorschlagen würde. Doch das war mir ziemlich egal, ich trat an der Schwester vorbei ins Zimmer und lächelte leicht traurig, als ich ein schwaches, aber fröhliches „Herr.“ hörte. Ich tastete mich zu ihrem Bett, die Schwester hatte mir gesagt, dass sie zwar Prellungen und Blutergüsse hatte, aber das einzig schwerwiegende war eine Gehirnerschütterung, weshalb ich leise und geduldig sein sollte. Aber das wäre ich auch so gewesen. „Wie geht es dir?“ fragte ich leise und sie kicherte etwas. „Naja, mir tut alles weh, aber ansonsten gut. Die Schwester macht mir immer das Fenster auf, draußen hört man nämlich fast immer Vögel.“ Ich lachte kurz, selbst nach sowas war sie immer noch mit so wenig zufrieden. Ich seufzte kurz auf, ehe ich das fragte, was mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war. „Wieso hast du dich nicht gewehrt? Du hast doch bestimmt auch Zähne und Krallen, vielleicht nicht ganz wie ein Hund, aber du hättest ihm doch was entgegensetzen können.“ Sie schwieg kurz, ehe sie meine Hand nahm, sie an ihre Wange führte und ihren Kopf etwas dagegen rieb. „Aber dann hätte er vielleicht auch dich angegriffen. Oder dich wegen Körperverletzung angezeigt. Ich muss dich doch beschützen, das habe ich versprochen.“ Ich sah sie nur ungläubig an, ehe ich merkte, wie ich wieder lächelte. Sie war Merlin wirklich so ähnlich. Er hatte nie wirklich an sich gedacht, selbst, wenn er sich verletzte, versuchte er, mich sicher heim zu bringen, ließ sich nichts anmerken. Vielleicht starb er auch deshalb, weil er eben so selbstlos gewesen war und mehr Narben hatte als ein anderer Hund. Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete, ich wusste nicht, ob er durch die Erinnerung an Merlin entstand oder ob es wegen dem treuen Verhalten von Meerle war.
Plötzlich winselte sie, offenbar merkte sie wieder, dass ich traurig war, was mich wieder lächeln ließ. Ich führte meine Hand an ihrem Kopf entlang zu den Ohren und kraulte sie da. „Tut das weh?“ fragte ich sicherheitshalber, sie sagte nur ganz leise nein und ließ es sich gefallen. Sie musste drei Tage im Krankenhaus bleiben und sollte auch für wenigstens eine Woche ihre Aufgabe als Blindenhund aufgeben. In der Zeit half mir immer Frau Clemens mit den Einkäufen. Manchmal wurde ich das Gefühl nicht los, dass Meerle deshalb sehr eifersüchtig auf sie war, denn sie war immer sehr unfreundlich, wenn diese zu Besuch kam und wenn sie ging, wollte Meerle auch immer Schmusen, fast, als wolle sie sich beweisen lassen, dass ich dennoch sie mehr mochte. Es war beinahe niedlich und auch Frau Clemens dachte das. „Sie haben wirklich einen süßen Hund“ sagte sie immer, wenn sie sich verabschiedete, nachdem Meerle meist geradezu unverschämt ihr die Einkaufstüten wegriss. Und ich konnte dann immer nur lachen und sagen: „Vielleicht ist sie ein wenig eigensinnig, aber da kann man nichts dran machen. Sie ist und bleibt mein kleiner Augenstern.“



©2007 by MangaEngel. Jegliche Wiedergabe, Vervielfaeltigung oder sonstige Nutzung, ganz oder teilweise, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Autors unzulaessig und rechtswidrig.

Kommentare


Von sunshishi
Am 03.01.2009 um 18:49 Uhr

Oha,

am Ende deiner Geschichte musste ich glatt weinen. Arme Meerle *schnüff*
Anfangs war ich etwas verwirrt, weil dieses Kapitel nichts mit dem vorherigen zu tun hatte, aber es hat mir dennoch sehr gut gefallen.

Greez
SuShi





I laugh in the face of danger - then I hide till it goes away.


Von Engelchen
Am 28.12.2007 um 10:41 Uhr

Recht gut kann man sich in den 'Blinden' hineinversetzen.
Die Vergleiche zwischen seinem alten Hund und dem jetzigen Pet fallen zu Beginn teilweise beschämt bei dem Besitzer aus.

Nebenbei erkennt er welche Vorteile ein Pet hat findet auch Gefallen an diesen.

Mit dem Traktieren des Pets wird sehr gut auch die Treue des 'Hundes' herausgearbeitet, die trotz menschlichen Genen vorhanden ist.


" Liebe wohnt im Herzen, nicht im Mund. Sie bedarf der lauten Worte nicht, doch der Kraft der Stille. "

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Es gibt 2 Kommentare


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