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Droormanyca 02 - Auf dem Planet der Folaner Kapitel 02 - von Aabatyron, 04.10.2008
Droormanyca

Kapitel 2 - Die Mutprobe


Die Mutprobe

Droormanyca half tatkräftig dabei mit, als der Häuptling anordnete, für die neue mächtige Kriegerin eine Hütte auf dem Platz der Oberhäupter seines Stammes zu bauen. Beim Bau der Hütten wurden normalerweise ausschließlich die Diener und die Sklaven beschäftigt. Sehr zum Erstaunen aller, trug Droormanyca offensichtlich ohne erkennbare Anstrengung auch einige der schweren Holzbalken ohne Hilfe zu dem Platz wo ihre Hütte gebaut werden sollte. Während bei den großen Balken vier kräftige Männer offensichtlich einige Mühe hatten, diese an den Platz zu schleppen und deshalb doch einige Zeit brauchten, beschämte sie diese mächtige Kriegerin damit, dass sie in der gleichen Zeit ein vielfaches an Balken bereits alleine transportiert hatte. Während sich die Krieger des Stammes lautstark darüber ausließen, dass es eigentlich unüblich ist, bei ihnen solche Arbeiten selbst zu erledigen – dafür hatten sie ihre Sklaven und Diener – freuten sich die Arbeiter darüber, dass ihnen sehr viel Mühe und Anstrengung abgenommen wurde. Auch der Häuptling wusste nicht so richtig, wie er aus dem Verhalten dieser mächtigen Kriegerin schlau werden sollte. Sie hatte es bestimmt nicht nötig, solche Arbeiten selbst zu verrichten, andererseits wollte er aber auch nicht eine Sitte verletzen, die bei dieser fremden Kriegerin vielleicht bei ihrem Stamm als sehr wichtig erachtet wurde. Normalerweise brauchten die Arbeiter für den Bau einer großen Herrscherhütte mindestens zwei ganze Wochen. Jetzt erlebten sie zum erstenmal, dass man so eine Arbeit mit entsprechender Unterstützung auch in drei Tagen vollbringen konnte. Diese fremde Kriegerin war nicht nur im Kampf mit den Droorms äußerst gewandt, sondern sie kannte sich auch mit dem Bau von Hütten und der Verarbeitung des dazu benötigten Holzes anscheinend bestens aus. Hätten sie gewusst, dass das was ihnen als perfekt neue Bearbeitungsmethode erschien, für Droormanyca als äußerst primitive Methode des Hausbaus angesehen wurde, wären sie wahrscheinlich äußerst frustriert gewesen. Als die Hütte fertig war, wurde der große Innenraum noch in einzelne Kammern unterteilt. Es war üblich, je nach Status eines Kriegers, dass einem Angehörigen der Kriegerkaste Diener und Sklaven zugeteilt wurden die für ihn alle anfallenden Arbeiten verrichten mussten und deshalb mit in seiner Hütte wohnten.
Da Droormanyca eine sehr mächtige Kriegerin war, wurden ihr 4 Mädchen und zwei junge Männer als ihre persönlichen „Diener“ zugeteilt. Obwohl sie eigentlich in der Lage war, alle anfallenden Arbeiten selbst zu verrichten, wollte sie diese Zuteilung nicht ablehnen, denn sie wusste, dass sie mit einer Ablehnung den Häuptling beleidigte und die ihr zugeteilten Sklaven höchstwahrscheinlich ein schlimmes Schicksal erleiden würden. Einer der jungen Männer war von Feelinor persönlich benannt worden. Droormanyca war es allerdings nicht verborgen geblieben, dass Myranor, die Tochter von Feelinor, ihre Mutter gedrängt hatte, diesen jungen Mann in die Dienste von Droormanyca zu stellen. Myranor war 15 Jahre alt und ihr Vater hatte für sie den Sohn von einer befreundeten Familie als Mann ausgesucht. Da aber dieser junge Mann als relativ brutal und unberechenbar handelnd bekannt war, wollte ihn Myranor keinesfalls als Ehepartner haben. Ihre Mutter hatte dafür vollstes Verständnis, allerdings wenn ihr Vater erfahren würde, dass sich seine Tochter bereits einem anderen jungen Mann aus der Kaste der Sklaven zugewendet hatte, musste sie mit einer harten Bestrafung rechnen. Als diese fremde mächtige Kriegerin in ihrem Dorf aufgetaucht war und dann auch noch ihren Vater zu aller Überraschung gefragt hatte, ob sie in ihrem Dorf bleiben dürfte, sah sie die Chance, dass vielleicht diese Kriegerin in der Lage war ihr bei dem Problem das sie hatte zu helfen.
Articoon, so hieß der junge Mann in den sie sich verliebt hatte, lehnte den Kampf mit einem Droorm generell ab. Er war der Meinung, dass es bei einer Stammesgemeinschaft nicht nur ausschlaggebend sein konnte, wer am mutigsten war und die kräftigsten Muskeln hatte, sondern dass auch der schwächere durchaus in der Lage war für den Fortbestand einer Lebensgemeinschaft zu sorgen. Er war sehr intelligent und hatte schon durch sehr viele kleine „Erfindungen“ dazu beigetragen die Lebensqualität der Gemeinschaft zu verbessern. Trotz vielfachem Drängen, in der Bewährungszeit mit einem Droorm zu kämpfen, hatte er es abgelehnt. Lieber wollte er als Sklave leben, als durch so ein nutzloses Ritual unnötig verletzt zu werden oder sogar zu sterben. Er war der Meinung, dass wenn man seinen Verstand einsetzte, konnte man die Droorms auch mit anderen Mitteln von einem Angriff auf ihr Dorf abhalten. Myranor wusste, dass er mit Sicherheit kein Feigling war. Sie hatte ihn einmal heimlich nachts beobachtet, wie er ganz alleine über den Schutzwall des Dorfes geklettert war und in den angrenzenden Wald lief. Selbst ein kräftiger Krieger würde es normalerweise in der Nacht nie wagen, das schützende Dorf zu verlassen. Voll Bangen hatte sie auf dem Hügel des Schutzwalls auf seine Rückkehr gewartet. Im schwachen Lichtschein der Dorffeuer musste sie sich sehr anstrengen um etwas sehen zu können. Als er dann nach einer unerträglich langen Zeit aus dem angrenzenden Wald gelaufen kam, sah sie voll Entsetzen, dass er von zwei riesigen Droorms verfolgt wurde. Sie konnte gerade noch sehen, wie er in eine Vertiefung einer Ansammlung von großen Steinen sprang, als auch schon die beiden Ungetüme über ihm waren. Was sollte sie jetzt tun? Wenn sie jetzt schnell Hilfe holte, wurden beide bestraft, da sie in der Nacht verbotenerweise auf den Schutzwall gestiegen waren und damit die Sicherheit des Dorfes aufs gröbste gefährdeten weil durch ihr Handeln die Droorms angelockt wurden. Ausserdem war es sicher, dass keiner der Krieger, nicht einmal der Mutigste bei zwei Droorms freiwillig nach draussen ging. Gerade in der Nacht war es äußerst gefährlich, die schützende Umgebung ihres Dorfes zu verlassen. Fast alle Raubtiere auf ihrem Planeten waren gerade während der Nacht besonders aktiv damit beschäftigt Beute zu jagen, denn sie konnten auf jeden Fall im Schein der immer brennenden Feuer der Dörfer besser sehen als die Folaner die in den Siedlungen wohnten. Sie selbst konnte ihm auch nicht helfen denn sie hatte keine Waffen und war auch noch nicht genügend trainiert um mit einem Droorm zu kämpfen. Ihr war klar: gegen zwei Droorms hatten selbst die am besten trainierten Krieger des Dorfes auch während des Tages wenig Chancen zu entkommen, da hatte es wenig Sinn, wenn sie versuchte die Droorms irgend wie von Articoon abzulenken – sie gefährdete mit so einer Aktion nur die Sicherheit ihres Dorfes. Plötzlich konnte sie sehen, wie ihr Freund zwischen den Steinen hervortrat und sich mutig vor die Droorms stellte. Mein Gott, ist der jetzt völlig verrückt geworden dachte sich Myranor als sie diese Szene sah. Überraschenderweise griffen die Droorm aber nicht an. Das konnte doch gar nicht sein – während Articoon weiter auf die Droorm zuging, wichen diese vor ihm immer weiter zurück. Das konnte Myranor nicht fassen, aber sie sah es gerade mit ihren eigenen Augen: die Droorm ergriffen jetzt die Flucht und liefen in ihren nahen schützenden Wald zurück. Articoon kletterte wieder über den Schutzwall zurück in sein Dorf. Offensichtlich erschrak er jetzt mehr über die unerwartete Anwesenheit von Myranor auf dem Schutzwall als über den Anblick der beiden Droorm. Vorwurfsvoll klärte er seine Freundin darüber auf, wie gefährlich es war, sich hier mitten in der Nacht auf dem Schutzwall aufzuhalten um ihn auszuspionieren. Also das war jetzt wirklich zuviel für Myranor. Nicht nur dass der verrückte Bursche da draussen allein herumgelaufen war und sie sich große Sorgen um ihn gemacht hatte, nein jetzt mahnte er sie auch noch über die Gefahren einer solchen Handlung. Ausserdem stank der Kerl so penetrant nach Pflanzensaft von Morchknollblüten dass ihr fast übel wurde. Richtig wütend warf sie ihm vor: „Sag mal, bist du denn komplett übergeschnappt mitten in der Nacht da draussen herumzurennen – wenn du schon so lebensmüde bist, dann hättest du ja auch den Bewährungskampf mit einem Droorm machen können und nicht wie ein Feigling den Kampf von vornherein abgesagt“. Er wollte ihr etwas antworten, kam aber gar nicht dazu, sie in ihrem zornigen Redeschwall zu unterbrechen, um irgend etwas sagen zu können. „So kann man sich täuschen. Ich habe gedacht du bist ehrlich und anständig. Stattdessen erzählst du im Dorf immer wie nutzlos und verrückt es ist mit einem Droorm nach der total veralteten Stammessitte zu kämpfen und beleidigst damit meine Eltern – gleichzeitig bringst du mit deiner nächtlichen Aktion das ganze Dorf in Gefahr“, fügte sie noch mit echter Entrüstung dazu. „Und wasch dir endlich diesen penetranten Gestank vom Körper, da wird es ja einem schlecht davon“, befahl sie ihm bestimmend. Ihr fehlten die Worte, als er jetzt auch noch anfing, sich anscheinend über sie zu amüsieren indem er in schallendes Gelächter ausbrach. „Da wird es nicht nur dir schlecht, sondern auch den Droorm“, klärte er sie kurz auf als sie verzweifelt nach Worten suchte um ihn ob seiner Ignoranz zurechtzuweisen. Er hatte beobachtet, dass die Droorms immer ihre Opfer von Orten versuchten wegzulocken, wo solche Morchknollblütenpflanzen wuchsen. Durch Zufall konnte er einmal die Reaktion eines Droorms sehen, der gerade mit einem anderen Tier kämpfte das ihm weit unterlegen war, und einige dieser Morchknollblüten bei dem Kampf zerdrückt wurden. Der Droorm ließ sofort von seinem Opfer ab und rannte panisch davon. Also zog er den logischen Schluss, dass irgend eine Substanz dieser Gewächse für die Droorm schädlich war und sie deshalb den Kontakt peinlichst mieden. Selbst der Geruch dieser Pflanzen schreckte sie so wirksam ab, dass sie trotz großem Hunger lieber auf eine Beute verzichteten als mit diesen Pflanzen in Berührung zu kommen. Um wirklich Gewissheit zu haben, musste er es einfach einmal testen. Das Problem war nur, wie sollte er an die Pflanzen herankommen. In seinem Dorf gab es solche Pflanzen nicht – wer würde auch solche penetrant riechenden Gewächse freiwillig anpflanzen. Nur die Krieger durften das Dorf alleine verlassen. Wenn er mit seinem Herrn unterwegs war, würde der niemals zulassen, dass er nebenher solche nutzlosen Pflanzen sammeln dürfte. Da normalerweise niemand so ein Risiko einging, das Dorf in der Nacht zu verlassen, war gerade dies seine einzigste Chance, um an die Morchknollblütengewächse zu kommen und deren Wirkung zu testen. Er konnte nur hoffen, dass er mit seiner Vermutung recht hatte und er schnell genug an den Saft der Pflanzen herankam. In einem nicht weit weg von der Siedlung liegenden Steinfeld wuchsen viele dieser Morchknollblüten. Es brauchte zwar all seinen Mut in den nahen Wald zu gehen um die Droorm anzulocken, aber er war auch sehr neugierig und führte deshalb sein Vorhaben aus. Er hatte genau berechnet wie lange er brauchen würde um bis zu dem Steinfeld zu laufen. Als er vor dem Wald in ausreichender Entfernung ankam, war es überhaupt kein Problem einen Droorm anzulocken. Als der Droorm seine Beute witterte stürmte er sogleich aus dem Wald. Articoon lief so schnell er konnte zu dem Steinfeld und sprang in eine Vertiefung. Erst jetzt bemerkte er, dass er gleich zwei dieser Kolosse angelockt hatte. Hastig zerdrückte er die weichen Knollen der Morchknollgewächse und schmierte damit so schnell er konnte seinen gesamten Körper ein. Schon beim zerdrücken der Knollen zog sich der Droorm welcher genau über ihm stand durch den ausströmenden Duft sofort zurück. Auch der zweite dieser nachtaktiven Jäger konnte sich anscheinend jetzt nicht mehr dazu überwinden, seine Beute zu fressen. Also kletterte Articoon aus der Vertiefung des Steinfelds heraus und ging langsam und vorsichtig auf die wütend schnaubenden Droorms zu. Es funktionierte, obwohl die beiden offensichtlich nicht auf die Beute verzichten wollten, hielt sie der Geruch dieser Morchknollpflanzen trotzdem von einem Angriff ab. Als er jetzt schon etwas mutiger noch näher auf sie zuging, ergriffen beide blitzschnell die Flucht und er stand erleichtert alleine mitten in dem Steinfeld. Endlich hatte er ein Mittel gefunden, mit dem man die Droorm kampflos ohne Verluste vertreiben konnte. Nachdem er mit seiner Erklärung fertig war, hatte sich seine Freundin offensichtlich in ihrem anfänglichen Zorn jetzt doch wieder beruhigt. Diese Idee mit den Morchknollgewächsen war genau betrachtet geradezu genial. Bevor allerdings jemand etwas von der nächtlichen Aktion bemerkte, mussten beide schnellstens wieder in ihr Dorf zurück. Egal welche Begründung sie hatten, wenn sie bei so einer verbotenen Aktion erwischt wurden, mussten beide mit einer harten Strafe rechnen. Ausserdem konnte sie ihrem Vater sowieso nicht erklären, warum sie als Häuptlingstochter sich um das Leben eines Sklaven so gesorgt hatte, dass sie deshalb alle Stammesregeln missachtend den Schutzwall mitten in der Nacht bestieg, um ihm zu helfen. Zum Glück hatte keiner im Dorf etwas von ihrem nächtlichen Ausflug mitbekommen. Allerdings brauchte er ziemlich lange, bis er sich den Geruch dieses Pflanzensaftes wieder vom Körper abgewaschen hatte.

Nach ein paar Tagen hatte Droormanyca ihre recht große Hütte sehr gemütlich eingerichtet und auch dafür gesorgt, dass ihre sechs „Diener“ jeweils in einem gut eingerichteten Raum wohnen konnten. Ihr war selbstverständlich nicht entgangen, dass die Tochter des Häuptlings verdächtig oft zu Besuch kam und sich dabei überwiegend mit Articoon meist sehr lange unterhielt. Sie wusste, dass es aufgrund der Stammesvorschriften keine Möglichkeit für die beiden jungen Folaner gab ein Paar zu werden.
Als bei einer der täglich üblichen Versammlungen, an dem alle Krieger des Stammes teilnahmen, sich die Gelegenheit bot, lenkte Droormanyca geschickt das Gespräch auf das Thema der in diesem Dorf herrschenden Stammesrituale. Natürlich wollte der Häuptling wissen, wie sich bei ihrem Volk ein Krieger bewähren musste. Um den beiden jungen Leuten zu helfen erklärte sie dem Häuptling, dass es bei ihrem Volk auch eine Ehre war einen Kampf mit einem mächtigen Gegner zu gewinnen. Die höchste Ehre konnte dabei ein Krieger erreichen, wenn er einen Kampf völlig ohne Waffen nur mit den Fäusten austrug und der Gegner flüchtete oder kampfunschädlich gemacht werden konnte. Ihr Plan war, die Entdeckung von Articoon der abschreckenden Wirkung des Pflanzensaftes auf die Droorms zu nutzen, und ihn ohne Waffen gegen einen Droorm kämpfen zu lassen. Selbstverständlich würde sie aufpassen, dass ihm dabei nichts passierte und er verletzt wurde. Wenn er nach ihrem „Stammesritual“ zu Ehren kam, musste dies der Häuptling als bestandene „Mutprobe“ auch anerkennen. Am nächsten Tag rief sie Myranor und Articoon zu sich und erklärte ihnen den verwegenen Plan. Völlig überrascht, dass Droormanyca über sie beide Bescheid wusste, mussten sie erkennen, dass diese Kriegerin anscheinend über bisher nie gekannte Fähigkeiten und eine besonders wache Intelligenz verfügte. Wie sollten sie auch wissen, dass Droormanyca telepathisch Gedanken lesen konnte und somit über ihre heimlichen Treffen genauestens unterrichtet war.
Als sie den Kriegern erklärte, dass einer ihrer Sklaven ohne Waffen gegen einen Droorm antreten wollte und sie ihn nach ihrem "Stammesgesetz" gewähren lassen musste, entlockte es ihnen nur ein müdes Bedauern über so viel Dummheit. Ausgerechnet der lautstärkste Verfechter für die Abschaffung der Mutprobe, die jeder aufgrund ihrer überlieferten Stammesrituale leisten musste um in die Kaste der Krieger aufgenommen zu werden, wollte so einen Kampf wagen. Dabei hatte er das unverschämte Glück gehabt, bei dieser starken Kriegerin in den Dienst treten zu dürfen. Manche der Krieger fanden die Mannesprobe auch nicht unbedingt gerade so sinnvoll, vor allen Dingen diejenigen, die bei dem freiwilligen Kampf mit einem Droorm schwer verletzt worden waren, und nach Wochen der Genesung auch jetzt noch durch ihre entstellenden Narben immer an diesen Kampf erinnert wurden. Andererseits konnten sie sich nicht vorstellen, wer nach einer Abschaffung der Diener- und Sklavenkaste dann die täglichen Arbeiten verrichten sollte. Droormanyca besorgte mit einem gut verschließbaren Gefäß den Saft einiger dieser Morchknollblütengewächse. Als vor ihrem Dorf ein kleinerer Droorm auftauchte, meinten alle, dass jetzt der Kampf beginnen würde. Aber sie wurden enttäuscht, Droormanyca erklärte ihnen, dass dies kein ebenbürtiger Gegner sei und sie warten mussten, bis sich ein größerer blicken ließ. Droormanyca stieg über den Schutzwall und lief in den Wald um dort ein geeignetes Beutetier zu erlegen mit dem sie dann die Droorms anlocken wollte. Sie wusste inzwischen, dass es in dem Wald viele Manocks gab. Die Manocks waren große und kräftige Tiere, die aussahen, wie eine Kreuzung zwischen Feldhasen und Känguruhs. Ein besonderes Merkmal waren ihre beiden riesigen Augen, mit denen sie in der Lage waren auch bei fast völliger Dunkelheit trotzdem noch alles sehr gut zu sehen. Ihre aufgestellten langen, spitzen Ohren waren dauernd in Bewegung und es entging ihnen kein noch so leises Geräusch. Ein ausgewachsener Manock brachte immerhin das Gewicht von fast 70 kg auf die Waage. Wenn sie sich auf ihren Hinterbeinen aufstellten, konnten sie mit ihrer imposanten Größe einen erwachsenen Folaner sogar überragen. Ausserdem verliehen ihnen die kräftigen Beine eine enorme Sprungkraft. Ihr flauschiges Fell schützte sie sowohl vor Kälte, wie auch durch eine besondere Einfärbung und Eigenschaft der Haare, vor der sengenden Hitze der Mittagssonne. Obwohl sie für die Droorms eine wahre Delikatesse darstellten, kamen diese ganz selten in den Genuss, so ein Tier zu erwischen. Die Manocks waren äußerst gewandt und schnell, sie liefen jedem Droorm mühelos bei einer Flucht davon oder verschwanden blitzschnell in einer ihrer tiefen unterirdischen Höhlen. Droormanyca konnte eines dieser Tiere erwischen und nachdem sie es bei seiner Flucht zuvor verfolgt hatte, war ihr jetzt auch bewusst, warum es sehr selten vorkam, dass eines von ihnen von einem Droorm erlegt wurde oder es im Dorf noch seltener das Fleisch eines solchen Tieres zum Essen gab. Sie trug das erlegte Tier auf den freien Platz vor dem Schutzwall des Dorfes, legte es dort als Köder aus und kletterte wieder zurück auf den Hügel der hoffentlich das Dorf bei der Annäherung der zu erwartenden Droorms weiterhin schützen würde. Es dauerte nicht lange, bis die Droorm die willkommene Delikatesse gewittert hatten und schon der erste aus dem angrenzenden Wald kam um sich diese Beute zu holen. Er war noch nicht bis zu dem Liegeplatz des Köders gelaufen, als schon der nächste auftauchte um ihm diese Beute streitig zu machen. Als die beiden gerade anfangen wollten, um die Beute zu kämpfen, tauchten noch zwei weitere dieser riesigen Kolosse auf um auch ihren Teil von dem seltenen Mahl zu holen. So viele Droorms hatten die Folaner noch nie auf dem Platz vor ihrem Dorf gesehen und jetzt glaubte niemand mehr ernsthaft daran, dass einer ihres Volkes sich heute noch einmal draussen vor den Schutzwall wagen würde, geschweige denn gegen einen Droorm kämpfte. Articoon hatte sich inzwischen vollständig mit dem Saft der Morchknollgewächse eingerieben und stand ein gutes Stück entfernt zu der restlichen Dorfgemeinschaft auf ein Signal von Droormanyca wartend. Während sich drei der Droorms heftig um die Beute stritten, war der vierte anscheinend klüger als die anderen und schlich sich von der dem Kampf abgewandten Seite an die wohlschmeckende Beute an. Bevor die anderen reagieren konnten, hatte er den Köder gepackt und mit schmatzendem Geräusch verschwand die leicht erlegte Beute in seinem mächtigen Schlund. Als die anderen Droorm mitbekamen, dass sie jetzt leer ausgehen würden, wurden sie richtig wütend und wandten sich in Richtung zum Dorf um vielleicht dort noch eine andere Beute zu erwischen.
Jetzt gab Droormanyca das Signal für Articoon, seine „Geheimwaffe“ einzusetzen. Als die auf dem Schutzwall stehenden Zuschauer sahen, dass Articoon den Hügel hinunterkletterte, konnten sie es nicht fassen. Während die einen seinen offensichtlichen Mut ernsthaft bewunderten, meinten die anderen, dass es absolut Selbstmord war, jetzt in dieser Situation hinunterzusteigen. Während die Droorms immer noch wütend auf den Schutzwall zustürmten, lief ihnen Articoon entgegen. Obwohl Myranor wusste, dass Droormanyca ihnen versprochen hatte, dass ihrem Freund nichts passieren würde, überkam sie bei diesem Anblick der heranrasenden Kolosse ein sehr mulmiges Gefühl und sie hatte alle Mühe, ihre Angst um das Leben von Articoon zu unterdrücken. Ein Freund von Articoon rief ihm zu, dass er umkehren sollte, er hatte jetzt ausreichend bewiesen, dass er mehr Mut als alle anderen Krieger hatte. Articoon lies sich nicht beirren und lief weiter auf die herandonnernden Kolosse zu. Als er nur noch 100 Meter von ihnen entfernt war, blieb er stehen und wartete auf ihren Ansturm. Als der erste ihn fast erreicht hatte, witterte er den Geruch des Pflanzensaftes und verlangsamte schlagartig sein Tempo. Vorsichtig schlich er sich um Articoon herum, immer wieder witternd den Geruch seiner Beute prüfend. Auch die anderen waren inzwischen bei Articoon angekommen, aber keiner getraute sich, diese Beute anzugreifen. Die Zuschauer auf dem Schutzwall waren ratlos über dieses Verhalten. Sie hatten noch nie erlebt, dass diese gefährlichen Räuber ein wehrloses Opfer nicht sofort angriffen und zerfleischten. Aber es kam noch besser. Ohne Angst lief jetzt Articoon in die Richtung der Tiere. Staunend sahen alle, dass diese blutrünstigen Räuber offensichtlich vor Articoon sogar zurückwichen. Das konnte keiner begreifen. Die Droorm zogen sich, obwohl sie hungrig waren, langsam zurück, und wenn die Zuschauer es nicht selbst sehen würden - eindeutig wurden die Droorms im Moment von ihrem Opfer verfolgt und nicht umgekehrt. Wie konnte es sein, dass vier ausgewachsene Droorms vor einem Angehörigen der Sklavenkaste so viel Respekt zeigten und sich von ihm sogar wieder zurück in ihren Wald treiben ließen. Als Articoon wieder den Schutzwall hochgeklettert war, fragte er den Häuptling ob er nun genug Mut bewiesen hatte. Der Häuptling konnte nicht verleugnen, dass ihn diese Tat des jungen Mannes völlig verblüfft hatte. Er musste beschämt zugeben, dass nicht einmal er selbst es ohne Waffen gewagt hätte, sich auf den Platz vor dem Dorf zu stellen – auch bei nur einem anwesenden Droorm. Mit Sicherheit konnte sich auch sonst niemand im Dorf vorstellen, bei der Anwesenheit von gleichzeitig vier dieser Räuber sich furchtlos mitten unter sie zu stellen und sie dann auch noch ohne Waffen vertreiben zu können. Der Häuptling berief sofort eine Versammlung ein um zu beraten, ob man Articoon in die Kaste der Krieger aufnehmen oder an den Traditionen stur festhalten sollte. Die Diskussion dauerte schon sehr lange, aber man kam zu keiner Lösung. Es waren sich zwar alle einig darüber, dass es mehr als nur normalem Mut und Courage bedurfte um sich gleichzeitig vier Droorms ohne Waffe in der Hand entgegenzustellen, aber wenn sie ihn jetzt in die Kaste der Krieger aufnahmen, dann verletzten sie damit fast alle ihre Stammesvorschriften.
Das schlimmste bei der ganzen Sache war zudem die Tatsache, dass Articoon gar nicht in die Kaste der Krieger wollte, für ihn war nur wichtig frei zu sein. So eine Situation hatte es noch nie gegeben, deshalb fragten sie Droormanyca um Rat. Wie wurde so ein Fall bei ihrem Volk behandelt. Droormanyca machte ihnen den Vorschlag, eine neue Kaste der "Wissenschaftler" zu gründen. Bei ihrem Volk waren die Wissenschaftler teilweise sogar gesellschaftlich höher gestellt als die Krieger. Dieser Vorschlag wurde dankbar einstimmig angenommen. Einerseits wurde dadurch keines ihrer Stammesgesetze verletzt, andererseits konnten sie so einen mutigen jungen Mann unmöglich in der Kaste der Sklaven weiter Dienerarbeiten verrichten lassen. Droormanyca hatte nichts dagegen, dass Articoon weiterhin bei ihr in der Hütte wohnte bis er sich selbst ein Haus bauen konnte.
Es war noch einiges an Diplomatie und geschickter Verhandlung notwendig, dem Häuptling schonend beizubringen, dass er seine Tochter am besten mit so einem mutigen jungen Mann zusammenbringen musste um dessen Ruhm in seiner Familie zu halten. Während sich Wartarkaan krampfhaft Gedanken darüber machte, wie er Articoon dazu bringen konnte seine Tochter als zukünftige Frau zu akzeptieren oder seine Tochter dazu, mit einem ehemals in der Kaste der Sklaven dienenden Mann eine Familie zu gründen, amüsierten sich Feelinor und Droormanyca fast über seine seelischen Nöte. Wartarkaan kannte Articoon als sehr widerspenstigen Zeitgenossen der sich fast nichts vorschreiben ließ. Er wusste natürlich noch nicht, dass seine Tochter bereits mit Articoon liiert war und die Frauen nur beschlossen hatten ihn noch ein Weilchen „schmoren“ zu lassen bevor sie ihn über die tatsächlichen Verhältnisse aufklärten. Vielleicht dachte er dann einmal darüber nach, ob es nicht doch an der Zeit wäre, die alten Stammesgesetze einmal ernsthaft zu überdenken und ein klein wenig zu modernisieren. Jeder war damit einverstanden, dass Articoon sich eine Hütte auf dem Platz der Oberhäupter bauen durfte. Er empfand es als besondere Ehre, dass auch Droormanyca ihm tatkräftig dabei half die Hütte für seine zukünftige Familie aufzubauen.
Inzwischen hatten die Frauen Wartarkaan die schwere Last abgenommen den Vermittler zwischen seiner Tochter und Articoon spielen zu müssen und auf ihre diplomatische Art und Weise dafür gesorgt, dass sich die Tochter des Häuptlings damit „einverstanden“ erklärte, die zukünftige Frau von Articoon zu werden. Als der Häuptling sah, dass diese fremde Kriegerin die in ihrer ursprünglichen Heimat eine der obersten Positionen einnahm, bei den Arbeiten wie selbstverständlich mithalf, wollte er sich auch nicht zurückhalten und zum erstenmal seit langer Zeit machte er wieder die Erfahrung wie es ist, so eine handwerkliche Tätigkeit zu verrichten. Das letzte mal hatte er beim Bau einer Hütte mitgeholfen, als er mit seinem Volk auf diese Anhöhe gezogen war. Diese Arbeit war zwar weit weniger gefährlich wie die Jagt wenn er die Nahrung für die Familie und alle seine Sklaven und Bedienstete besorgen musste, aber irgendwie war er trotz der danach eintretenden Müdigkeit zufrieden, etwas Bleibendes geschaffen zu haben. Nun ja, er tat es ja auch für seine Tochter und seinen zukünftigen Schwiegersohn der aufgrund seines gezeigten ungewöhnlichen Mutes allgemeines Tagesgespräch war.
Seine Frau verstand sich sehr gut mit der fremden Kriegerin, irgendwie hatte er manchmal sogar das Gefühl dass die beiden Dinge ausheckten, von denen er nichts wissen sollte. Wenn er gewusst hätte, dass die beiden ihn in dem Glauben gelassen hatten es wäre ein schweres Stück Arbeit gewesen seine Tochter an Articoon zu vermitteln obgleich ihnen bekannt war, dass die beiden schon längst ein Paar waren, dann wäre er nicht mehr mit so einer dankbaren Einstellung gegenüber seiner Frau gewesen.

Articoon wollte keine Sklaven als Bedienstete, nur wenn sich jemand freiwillig in seinen Dienst stellte würde er ihm erlauben bei ihm zu wohnen. Als die Hütte fertig war, gab es eine große Einweihungsfeier, schließlich wohnte hier zukünftig die Häuptlingstochter und ein sehr mutiger „Wissenschaftler“. Alle wollten natürlich erfahren, was denn die neue Kaste der Wissenschaftler war. Droormanyca erklärte ihnen, dass die Wissenschaftler weniger mit den kriegerischen Dingen beschäftigt sind, sondern eher die Lebensqualität der Gemeinschaft dadurch verbessern, dass sie auch Hilfsmittel für das tägliche Leben entwickeln und anfertigen lassen. So erfuhren sie auch, welche Wirkung der Saft von den Morchknollgewächsen auf die Droorms hatte, und keiner sich in Zukunft mehr vor den Droorms ängstigen musste. Nur jemand mit einem wachen Verstand war in der Lage, Dinge in der Natur zu beobachten und zu analysieren, daraus seine Schlüsse zu ziehen und neue Dinge zu entwickeln. Dies war genau die Arbeitsweise der „Wissenschaftler“. Jeder musste zugeben, dass die Wirkung des von Articoon entdeckten Pflanzensaftes auf die Droorms die Folaner besser schützte als jede Waffe. Wartarkaan war aber eher dadurch überrascht, wie gut sich seine Tochter nach so kurzer Zeit mit seinem zukünftigen Schwiegersohn zusammengerauft hatte. Er kannte sowohl seine Tochter als äußerst widerspenstig und auch von Articoon war er einiges in dieser Richtung gewöhnt. Er konnte zwar das amüsierte Lachen von Droormanyca nicht deuten, aber es passte genau zu dem Gedanken den er eben gehabt hatte. Die meisten Frauen waren zwar körperlich schwächer als die Männer, aber mit Sicherheit wahrscheinlich jedem Mann bei der Bewältigung kritischer und komplizierter diplomatischer Dinge haushoch überlegen. Dass er so über seine Frau und ihre Freundin dachte, durfte er ihnen selbstverständlich nicht verraten, schließlich war ja er der Herr im Haus und der oberste Häuptling seines Stammes.


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