Schisma
Ein Film über dem Abgrund des Glaubens
1. Aussen Kinogebäude – Nacht
Strömender Regen. Ein Paar verlässt das hell erleuchtete Gebäude und begibt sich zu einem Parkplatz. Sie laufen eng aneinandergekuschelt unter einem grossen Regenschirm. Der Mann öffnet der Frau die Seitentüre des Wagens, bevor er selber mit schnellen Schritten zur Fahrerseite wechselt.
2. Innen Auto – Nacht
Die Scheinwerfer des Autos tasten sich durch den Regen und den Nebel auf der kurvenreichen Strasse. Die Frau schmiegt sich an den Oberarm ihres Gatten.
Georg: „Der Film war grossartig. Ich mochte Gene Hackmann als alten Spinner. Auch der Anwalt war grosse Klasse. Überhaupt ein gutes Thema, findest Du nicht auch? Die totale Überwachung, unglaublich...leider nur... Mensch, das Wetter ist ja grauenhaft.“
Martha: „Vorsicht Schatz, fahre vorsichtig... Der Film war gut. Aber ich glaube, ich hätte fast jeden Film gut gefunden. Es war so schön, einmal wieder mit Dir alleine zu sein. Ich habe das sehr genossen... und die totale Überwachung findet hier in unserem Kopf statt...“
Martha lacht und tippt ihrem Mann an die Stirne.
„...das ist erschreckender als Videokameras.“
Georg: lacht leise „Ja, das meint die Frau des Anwalts im Film ja auch. Da seit ihr euch einig... es war wirklich sehr schön. Apropos Überwachung: Meinst du der Junge war ruhig?“
Martha: „Und wenn auch nicht. Das Kindermädchen soll ihn halt trösten, wenn er wach geworden ist. Das ist nicht so schlimm. Irgendwann muss er lernen, eine Nacht alleine zu verbringen. Irgendwann wird er ganz alleine sein.“
Georg: „Liebling, er ist sieben Jahre alt.“
Martha: „Komm schon Schatz. Ich liebe ihn über alles. Aber ich will auch ab und zu mit Dir zusammen sein. Damit muss unser Junge auch leben.“
Georg küsst Martha auf die Stirn. Sie lächelt zufrieden. Die kommende Kurve sieht Georg zu spät, der Wagen beginnt zu schlingern, rutscht über die Böschung, überschlägt sich und knallt gegen einen Baum. Stille. Nur das sinnlose Drehen der Räder ist noch zu hören.
3. Aussen Böschung und Landstrasse - Nacht
Das Scheinwerferlicht und das Blaulicht von einem Polizeiwagen und der Ambulanz
spiegeln sich auf der nassen Strasse. Die Körper von Georg und Martha liegen auf zwei Bahren. Polizisten und Nothelfer arbeiten auf der Unfallstelle.
Ein Sanitätsarzt zieht den beiden Leblosen eine Abdeckung über den Körper und den Kopf. Sie sind tot.
4. Aussen Kleiner Bahnhof in einer Berggegend - Tag
Eine Sozialhelferin bringt den Knaben Johannes zu dem Bahnhof auf dem Lande. Vor dem Bahnhof steht die unscheinbare Station einer Berggondel. Sie warten vor dem kleinen Gebäude.
Die Sozialhelferin zupft die Kleidung des Buben zurecht.
Sozialhelferin: „Dein Onkel wird bald hier sein. Ich freue mich so für Dich, dass er mit deiner Aufnahme in das Klosterleben einverstanden war. Das ist nicht selbstverständlich, weisst Du. Dort oben leben nur noch wenige Mönche und eigentlich ist das Kloster nicht mehr in Betrieb. auf jeden Fall nicht so wie früher. Du wirst es gut haben, Johannes. Und denk daran, wenn Dich irgendetwas beschäftigt, dann ruf mich bitte an. Ich bin da für Dich.“
Johannes nickt. Er wirkt abwesend und verschlossen. Aus einem eben parkierten Postauto steigt ein grosser Mann in schwarzer Robe: Pater Ralph. Er wirkt streng und ernsthaft. Mit bestimmten Schritten kommt er auf die beiden zu.
Pater Ralph: „Da seit ihr ja schon. Bitte entschuldigt die kleine Verspätung. Das passiert bei uns schon mal und geschieht ohne böse Absicht. Wir leben hier auf dem Land.“
Sozialhelferin: „Wir sind eben erst angekommen, Pater. Wir haben kaum gewartet. Ich freue mich sehr, sie zu sehen und ich danke ihnen im Namen vom ganzen Waisenhaus für ihre Bemühungen. Wir sind so froh über Ihre spontane Bereitschaft. Für Johannes ist das die beste aller Lösungen.
Nicht wahr, Johannes?“
Johannes nickt. Sein Blick ist auf den Boden geheftet.
Pater Ralph: „Das ist selbstverständlich und würde Gott missfallen, wenn wir nicht für die Not unserer Brüder da sind. Sein Vater war erst noch mein leiblicher Bruder, wie könnte ich da nein sagen? Unser Betrieb ist klein und bescheiden, aber für eine Seele hat es bestimmt noch platz. Wir freuen uns auf Dich, Johannes.“
Johannes: „Danke“
Sozialhelferin: „Wir werden mit ihnen in Kontakt bleiben und sind für alle Fragen und Hilfestellungen für sie da. Wenn sie erlauben, werde ich per Gelegenheit das Kloster besuchen.
Pater Ralph: „Sie sind jederzeit willkommen. Komm Johannes, die Bahn wartet. Verabschiede Dich von Frau Berger.“
Johannes gibt der Sozialhelferin die Hand, sein Blick bleibt gesenkt.
Johannes: „Auf Wiedersehen.“
Sozialhelferin: „Auf Wiedersehen Johannes. Lass es Dir gut gehen. Ich werde Dich bald besuchen.“
5. Innen Seilbahn – Tag
Die Bahn schwebt leise über Fels und Wald.
Pater Ralph: „Siehst Du das Gebäude dort auf dem Hügel, Johannes? Dort leben wir. Und in dem Dorf da unten wirst Du zur Schule gehen. Ich habe eben noch mit dem Lehrer gesprochen. Er ist froh, wenn Du seine Klasse vergrössern wirst. Da sind nicht so viele Kinder, Du wirst sehen. Überhaupt freuen sich alle auf Dich. Ich glaube, Du hast grosses Glück im Unglück, Johannes. Weil Gott über Dir wacht.“
6. Aussen Weg zum Kloster - Tag
Der Pater hält Johannes die Hand, beide tragen Koffer. Johannes läuft leicht hinter dem Pater. Das Kloster steht auf einer Felskuppe, die nur über einen kleinen Weg
erreichbar ist. Dach und Gemäuer sind sehr alt. Das Gebäude atmet Einfachheit und Verzicht. Es ist das Kloster „La chapelle Du Vorbourg“ bei Delémont im Jura.
7. Innen Zimmer im Kloster – Tag
Ein spartanisch eingerichtetes Zimmer mit einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Bett und einem Wandschrank. Über dem Schreibtisch hängt ein Schrifttäfelchen mit der Inschrift „ora et labora“. Über dem Bett hängt ein kleines Kruzifix.
Pater Ralph: „Dein Zimmer, Johannes. Wir haben keinen Komfort, aber Du wirst sehen, dass Gottes Segen Dein Leben erfüllen wird. Seine Liebe ist der grösste Komfort und tröstet uns in schweren Stunden. Richte Dich ein, Johannes. Wir essen in einer Stunde.“
Pater Ralph verlässt das Zimmer. Johannes steht verloren da. Er sucht als erstes das Bild seiner Eltern im Reisegepäck und stellt es auf seinen Nachttisch. Daneben stellt er ein grösseres Bild seiner Mutter. Er sitzt auf dem Bett, Tränen in den Augen.
8. Innen Essraum im Kloster – Nacht
Am Tisch sitzen fünf Mönche und Johannes. Er hält den Blick gesenkt. Pater Ralph steht am Tischenden und spricht.
Pater Ralph: „Im Namen der Barmherzigkeit unseres Erlösers heissen wir Johannes in unserer bescheidenen Runde willkommen. Gott wird seinen Segen über unserer Gemeinschaft ausschütten. erheben wir uns zum Gebet.“
Die Mönche stehen auf. Pater Ralph blickt lächelnd aber bestimmt zu Johannes, bis der sich aus seinem Stuhl erhebt. Pater Ralph öffnet segnend die Arme und gibt einem Mönch ein Handzeichen.
Mönch 1: „Vater unser, der Du bist in den Himmeln...“
9. Innen Zimmer des Johannes – Nacht
Johannes sitzt im Schlafanzug auf dem Bett. Pater Ralph kontrolliert seinen Schrank und richtet ordnend die Wäsche. Dann setzt er sich zu Johannes.
Pater Ralph: „Vieles wird Dir streng vorkommen, Johannes. Aber Du wirst sehen, dass uns die Gesetze Gottes und die Ordnung im täglichen Leben Sicherheit geben. Sie machen uns frei und garantieren ein erfülltes Leben. Und das Gebet tröstet uns und gibt uns Kraft.“
Pater Ralph übergibt Johannes einen schönen Rosenkranz mit dem Votivbild der Mutter Maria.
Pater Ralph: „Du wirst lernen zu beten, Johannes. Das ist ein kleines Willkommensgeschenk. Komm...“
Pater Ralph kniet vor dem Bett und heftet seine Augen auf das Kreuz über dem Bett. Er wartet, bis Johannes die Augen geschlossen hat.
Pater Ralph: „Heilige Mutter Maria wir danken Dir, dass Du uns den Erlöser Jesus Christus geboren hast. Wir kommen zu Dir und bitten Dich um Gnade und Trost für Johannes, der eine schwere Prüfung bestehen musste. Jetzt ist er hier. Sei Du ihm gnädig und erfülle ihn mit Freuden. Sei ihm Vater und Mutter zugleich, damit die Trauer nicht sein Leben in Beschlag nimmt. Wir bitten auch für die Seelen seiner verunfallten Eltern in der Ewigkeit. Es erfüllt uns mit Stolz, dass sie als deine Kinder gestorben sind. Amen.“
10. Innen Zimmer des Johannes – Nacht
Johannes presst das Bild seiner Mutter und den Rosenkranz auf seine Brust, löscht das Licht und liegt beim schwachen Licht einer Kerze mit weit aufgerissenen Augen im Bett.
11. Aussen Schulhaus/Pausenhof – Tag
Die Mittagsglocke klingelt. Wenige Kinder verlassen rennend und lärmend das kleine Landhaus. Johannes geht alleine.
Drei Jungs warten auf Johannes.
Junge 1.: „He Mönch, kommst Du heute Nachmittag mit zum Dorfmarkt?“
Johannes: „Ich kann nicht.“
Junge 2.: „Was heisst, ich kann nicht? Musst Du beten oder was?“
Johannes: „Ich muss arbeiten.“
Junge 1.: „Wir müssen auch arbeiten. Wir sind aber nicht so heilig wie Du, dass wir immer arbeiten müssen. Niemand muss immer arbeiten. Komm doch mit.“
Johannes: „Ich kann nicht.“
Junge 1.: „Ich kann nicht...ich kann nicht...ich bete...ich bete...ihr spinnt ja gewaltig in eurem Hallelujakloster.“
Die Jungs ziehen spottend ab.
12. Aussen Waldweg – Tag
Auf dem Weg Durch den Wald geht Johannes an einer Mariastatue vorbei. Sie steht in einer kleinen Grotte. Er nimmt seinen Rosenkranz aus der Jackentasche und betrachtet das Marienbild. (Das Antlitz der Maria sieht dem Gesicht seiner Mutter zum Verwechseln ähnlich). Johannes bewegt leise betend seine Lippen.
13. Aussen Waldweg - Tag
Eine weiche Frauenstimme tönt über ihm.
Frauenstimme: „Johannes, wer den Weg seines Heilandes geht, wird von ihm belohnt. Trotz Spott und Hohn. Fürchte Dich nicht, Johannes. Ich liebe Dich. Meine Liebe wird Dir in der Welt genügen.“
14. Aussen Klostergarten/Kreuzgang – Tag
Johannes arbeitet im Garten des Klosters. Dann fegt er den schattigen Kreuzgang mit dem Besen. Er geht zum Brunnen und wäscht sich die Hände. (Einen Kreuzgang und einen authentischen Innenhof hat es im Städtchen St. Ursanne am Doubs)
15. Aussen Brunnen – Tag
Johannes betrachtet sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche. Plötzlich ertönt die Frauenstimme. (Zu seinem Spiegelbild gesellt sich das Bild seiner Mutter/Maria).
Frauenstimme: „Nicht Silber und Gold, Johannes; nicht Silber und Gold. Meine Liebe wird Dein Lohn sein.“
16. Aussen Kloster – Nacht
Die Glocke ruft zum Abendgebet.
17. Innen Kapelle – Nacht
Die Mönche knien im Chor der Kapelle und empfangen die Hostie. Johannes kniet betend in vorderster Front. In der Hand hält er den Rosenkranz.
12 Jahre später
18. Aussen Bahnhof Dornach – Tag
Der 20-jährige Theologiestudent Johannes wartet auf einen Zug am Bahnhof Dornach. Der Zug fährt ein.
19. Aussen Bahnsteig – Tag
Der gealterte Pater Ralph entsteigt dem stehenden Zug. Johannes eilt auf ihn zu.
Die beiden umarmen sich brüderlich.
Pater Ralph mustert den jungen Mann wohlwollend.
20. Aussen Bahnhofsplatz – Tag
Johannes trägt das Gepäck des Paters zum Taxi.
21. Innen Taxi – Tag
Pater Ralph: „Die Diözese hat mich über die Versetzung nach Arlesheim informiert. Ich habe das Amt als Abt gerne angenommen. Ich freue mich auf die neue Aufgabe, obwohl Gott von uns stilles Ausharren und Treue verlangen darf. Der Mensch ist ein unruhiges Wesen, ich bin davon nicht ausgeschlossen...“
Pater Ralph lacht.
„...aber wenn die Gnade des Herrn diese Arbeit für mich vorgesehen hat, freue ich mich doppelt. Was macht Dein Studium, Johannes?“
Johannes: „Ich bete und arbeite viel.“
Auch Johannes lacht leise. Er denkt kurz nach, dann fährt er fort:
„Moderne Theologen haben oft die Angewohnheit, das Wort Gottes zu interpretieren. Nicht zu befolgen. Es braucht bibelfestere Anhänger in der Theologenzunft. Weniger psychologisierende. Ich sehe dort meine Aufgabe und meine Interessen.“
Pater Ralph: „Dann hast Du das Wichtigste nicht vergessen, Johannes. Nur das Wort Gottes wird uns frei machen.“
22. Aussen Domplatz Arlesheim – Tag
Pater Ralph und Johannes gehen über den historischen Domplatz. Die Kirche mit den Doppeltürmen und die flankierenden Gebäude sind zur Zeit des Historismus prächtig renoviert worden. Der Komplex strahlt in satter Behäbigkeit. Pater Ralph stellt seinen Koffer ab und sieht sich um.
Pater Ralph: „Die Liebe Jesu leuchtet Durch die Werke des Herrn. Obwohl der Geist des Unglaubens unsere heilige Kirche bedrängt, strahlt sie doch in unvergänglicher Schönheit. Wirst Du an unserem Morgengebet teilnehmen, Johannes?“
Johannes: „Wenn die Zeit reicht, dann gerne. Ich treffe mich aber regelmässig mit einer Bibelgruppe in Basel, wir haben dort das Morgengebet dreimal wöchentlich organisiert. Die Universität stellt unserer Fakultät den Raum zur Verfügung. Es würde uns sehr freuen, wenn Du vielleicht diese Andacht besuchen könntest.“
Pater Ralph: „Ich werde die Einladung gerne annehmen...“
Er nimmt seinen Koffer wieder auf.
„...begleitest Du mich bitte noch zu meinen Räumen?“
Er sieht die Fassade des mehrstöckigen Gebäudes hoch.
„Ich kann Deine Kraft gut gebrauchen.“
23. Innen Universität – Tag
Der Dozent Rüegg sitzt am Arbeitsplatz in seinem Büro an der Schule. Klopfen an der Tür:
Prof. Rüegg: „Herein.“
Johannes betritt den Raum.
Johannes: „Guten Tag, Herr Professor Rüegg. Sie haben mich rufen lassen?“
Prof. Rüegg: „Ja, ich habe...setz Dich bitte, Johannes...setz Dich...ich habe das Exposé von deiner Doktorarbeit gelesen. Ich bin sehr zufrieden, habe aber eine entscheidende Frage:
Wenn Du von dem Zusammenhang der Apokryphen mit dem heiligen Gral sprichst, dann hinterfragst Du die Identität des Jesus Christus von Nazareth. Beide Themen treffen sich in diesem Punkt. Die Apokryphen wie die Gralserzählungen. Du erwähnst die Lehre des Arius, die sich schlussendlich nicht gegen die Lehre des Athanasius Durchsetzen konnte. Warum sagst Du nicht, dass die konsequente Betrachtungsweise der arianischen Lehre heissen würde: Jesus von Nazareth war ein ganz gewöhnlicher Mensch?“
Johannes: „Ich bin ein gläubiger Katholik, Professor. Das wäre Gotteslästerung!“
Prof. Rüegg: „Warum, Johannes? Warum?“
Johannes: „Mit Verlaub, Herr Professor. Sie haben uns selber gesagt, wie wichtig die heilige Dreifaltigkeit für das Christentum ist. Wenn Jesus ein gewöhnlicher Mensch gewesen wäre, gäbe es diese Dreieinigkeit nicht. Dann gäbe es aber auch keine gottgewollte Erlösung für uns Menschen. Wir wären verloren. Ausserdem hatte die heilige Mutter eine unbefleckte Empfängnis, sie konnte gar keinen Menschen gebären.“
Prof. Rüegg: „Siehst Du Johannes, genau um diese Fragen geht es sowohl in einem Teil der apokryphischen Schriften, wie in der Legende des heiligen Grals. Du solltest in Deiner Arbeit beide Standpunkte genau erläutern. Auch die These, dass Jesus gar kein Sohn Gottes sein konnte, weil er Mensch war. Diese Fragen sind für die Kirchengeschichte von grösster Bedeutung. Meinst Du nicht auch?“
Johannes: „Herr Professor, Sie haben bestimmt recht. Was die Kirchengeschichte angeht. Ich will mich nur nicht gegen unseren Heiland versündigen. Deshalb schrieb ich „gottähnlich“, nicht „menschengleich“.
Prof. Rüegg: „Warum scheust Du Dich vor der Möglichkeit, dass der Gottesstatus Jesu nur allegorischen Charakter hat und damit lediglich auf ein bestimmtes Denken hinweisen soll, das auf höchster moralischer Ebene das Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des Einzelnen und den Bedürfnissen der Gruppe schafft. Wäre das nicht das Ziel der Religionen?“
Johannes: „Professor, das höchste Ziel meiner Religion ist die Errettung des Sünders vor Tod und Verderben. Jesus wird wiederkommen und die seinen zu sich holen. Ob allegorisch, oder nicht.“
Prof. Rüegg: „Johannes, ich verstehe Deine Sehnsucht und ich versuche auch Deine unbedingte Bibeltreue zu verstehen. Versuche Du aber in Deiner Arbeit, beide Denkweisen zu erörtern, denn sie sind die Polarpunkte Deines Themas. War Jesus Gott, oder war er Mensch. Dazwischen liegt wohl viel Grauzone, aber auch viel unentdeckte Wahrheit. Wenn ich Dir noch einen Hinweis geben darf: Das arianische Denken ist Grund für das älteste und hartnäckigste Schisma der katholischen Kirche. Weil die Katholiken die gesellschaftlichen Konsequenzen dieses Schismas missachtet haben, wurde 1200 Jahre später die Reformation überhaupt erst möglich. Arius sagte zum Beispiel, Jesus sei ein Mensch gewesen, gleich wie wir alle, deswegen sollten wir alle auf Besitz verzichten. Gleich wie er. Während die Gotteslehre des Athanasius den heiligen Besitz der Kirche überhaupt erst rechtfertigte. Bedenke dieser Fakten in Deiner Arbeit, Du wirst Verblüffendes finden.“
Johannes: „Ich werde daran denken, Professor. Aber ich werde nicht meinen Erlöser verleugnen. Gute Nacht, Professor.“
Prof. Rüegg: „Gute Nacht Johannes. Gute Nacht.“
24. Innen Zimmer – Nacht
Johannes sitzt in seinem spartanisch eingerichteten Zimmer und forscht in Büchern und Unterlagen. Das Zimmer ist im Nebenhaus der Mühle in der Eremitage in Arlesheim. Das Licht aus dem Fenster des Johannes verliert sich in den verschlungenen Wegen der Einsiedelei.
25. Aussen Eremitage – Tag
Am Morgen früh geht Johannes zu dem kleinen Wallfahrtsort in der Eremitage. Er meditiert und betet. Die Frauenstimme ertönt:
Frauenstimme: „Die Weisheit der Welt dient dem Gottlosen zum Verderben, Johannes. Ich aber werde bei Dir sein bis an das Ende der Welt.“
26. Aussen Eremitage – Tag
Auf dem Nachhauseweg beobachtet Johannes eine fotografierende junge Frau (Maria) bei dem Steg am oberen See der Eremitage. Sie versucht eine Aufnahme vom Morgennebel im Schilf zu machen. Sie hantiert mit den Ausrüstungsgegenständen.
27. Aussen Seeufer – Tag
Die Fotografin bemerkt Johannes und winkt ihm zu.
Maria: „Hallo...guten Morgen...hallo...darf ich Dich etwas fragen?“
Johannes eilt zu ihr.
Maria: „Ich krieg das hier nicht hin. Kannst Du mir bitte die Soft-Box halten, bis ich die Aufnahme gemacht habe? Ich beeile mich...bitte.“
Johannes lacht höflich.
Johannes: „Natürlich. Gerne. Sie brauchen sich nicht zu beeilen.“
28. Aussen Seeufer – Tag
Maria drückt Johannes die Soft-Box in die Hände, platziert ihn im Schilf, kontrolliert die Beleuchtung und die Distanz und schiesst eine Reihe von Fotos. Dann verändert sie die Positionen und fotografiert weiter. Zuletzt geht sie zu Johannes und nimmt ihm das Material ab.
29. Aussen Seeufer – Tag
Maria: „Danke...Danke sehr...den Rest kann ich selber machen...Du brauchst nicht mehr zu warten.“
Johannes: „Was machen Sie denn?“
Maria: „Fotos.“ Sie lacht.
„Nein, im Ernst, ich bin Fotografin und bereite eine Ausstellung vor. Hallo, ich bin Maria.“
Sie reicht Johannes die Hand.
Johannes: „Natürlich...ach...ich bin Johannes. Ich heisse Johannes.“
Maria ist belustigt.
Maria: „Nett Dich kennen zu lernen, Johannes. Danke für Deine Hilfe.“
Johannes: „Keine Ursache. Gerne. Soll ich nicht tragen helfen?“
Maria: „Wenn Du das gerne machst, bin ich natürlich froh darüber. Was treibst Du denn hier, in dieser Herrgottsfrühe?“
Johannes: „Ich meditiere. Ich bereite mich auf den Tag vor. Für mich bedeutet die Stille Kraft.“
30. Aussen Waldweg – Tag
Sie gehen in Richtung Tal-Ausgang. Maria redet fröhlich:
Maria: „Toll. Eine gute Art, den Tag anzufangen. Da bin ich viel zu wenig hart mit mir selber. Ich bleibe lieber liegen. Heute war eine Riesenausnahme. Begleitest Du mich bis zum Parkplatz?“
Johannes: „Ja, das tue ich. Was machst Du denn für eine Ausstellung?“
Maria: „Ich nenne sie „Terre de salvaesche – unbekannte heilige Erde“
Johannes: „So? Ein schwieriger Titel. Was meinst Du damit?“
Maria: „Mir kam die Idee, als ich das Buch eines Gralsinterpreten las, der belegen will, dass die Burg dort oben die legendäre Festung Munsalvaesche aus der Erzählung Wolframs von Eschenbach ist. Hier hat es die zwei Seen und dort hinten ist die Mühle. Eine Einsiedelei gibt es auch, hier am Berg. Das Gelände soll mit der Beschreibung Eschenbachs übereinstimmen. Da kam mir die Idee zur Fotoausstellung.“
Johannes: ist hellhörig geworden, versucht zu lachen. „Was sagst Du da? Heilige Erde? Warum soll das die Gralsburg sein? Dann müsste ja Parzival hier gewesen sein.“
Maria: „Ach, Du kennst die Geschichte? Ja, nur dass Parzival eine literarische Figur ist, die in der Erzählung ihre wahre Identität finden muss. Eine Ich-Suche Durch Gesellschaftsklassen und Religion. So ungefähr. Es gibt berechtigte Gründe anzunehmen, dass Chrétiens von Troyes seine Gralsgeschichte hier geschrieben, oder wenigstens hier angesiedelt hat.“
Johannes: „Ich kenne die Geschichte. Ich studiere Theologie und schreibe meine Dissertation über den heiligen Gral und die Ketzerbewegungen. Was Du sagst, ist unmöglich. Der heilige Becher ist in Valencia. Munsalvaesche war die Ketzerburg der Katharer in Südfrankreich.“
Maria: „Das muss nicht sein. Die Ketzerbewegung kam viel früher in Fahrt. Die Katharer wurden bereits in Köln verbrannt. Das Konzil von Troyes war dabei ausschlaggebend.“
Johannes: ist entsetzt „Das Konzil von Troyes? Warum um alles in der Welt? Dieses Konzil stand unter der Leitung des heiligen Bernhard.“
Maria: „Ich weiss nicht genau, aber in Troyes wurden die Templer als Orden geweiht. Sie waren Kriegermönch. Heilige und Soldaten. Das ist in sich ein krasser Widerspruch, meinst Du nicht?“
Johannes: „Ich...ich weiss nicht...was soll das denn mit dem Gral zu tun haben?“
Maria: „Hast Du Dich nie gefragt, wie man beten und töten gleichzeitig kann? Im Namen einer Liebe, die für alle gültig sei.“
Johannes: erregt „Die Feinde Gottes sollten sie töten. Nur die Feinde Gottes. Gott will es. So predigte bereits Urban der Zweite.“
Maria: „Jesus hat aber unmissverständlich gesagt: Liebet eure Feinde und tut Gutes denen, die euch hassen. Das muss Dein Urban wohl vergessen haben.“
Johannes: „Und dennoch ist der Befehl Gottes da, das Reich Satans zu bekämpfen.“
Maria: „Nur wenn Du einem imaginären und nicht beweisbaren Gott mehr Glauben schenkst als den Worten des Rabbiners von Nazareth. Nicht wahr?“
Johannes: „Was heisst nicht beweisbar? Jesus und Gott sind Eins. Am Anfang war Gott der Vater, er hat seinen Sohn Jesus geopfert, damit wir gerettet werden...“
Maria. „Siehst Du...dann verlangt er Busse und Unterwerfung, er verlangt ein Opfer und er vernichtet alle Ungläubigen...das ist keine Liebe. Das ist Diktatur. Und genau dort versteckt sich das Gralsgeheimnis: Der Gott-Vater tötet und wütet, der Mensch Jesus predigt Frieden und Barmherzigkeit. So - und viele deiner Ketzer sagten, dass Jesus ein Mensch gewesen sei. Kein Gott. Dass es deswegen kein Opfer, keine Erlösung, keine Gnade und keine Unterwerfung braucht. Aber auch keine Verwaltung. Das hätte das Ende bedeutet. Für Deine Kirche.“
Johannes: „Das ist Gotteslästerung!“
Maria: „Für die Gläubigen, Johannes. Nur für die Gläubigen. Für alle anderen wären die Worte des Rabbiners ein Muss, wenn unsere Erde gerechter werden wollte.“
Johannes: „Gott allein ist Liebe und Gerechtigkeit.“
Maria: „Findest Du? denkst Du es sei gerecht, wenn die Bischöfe und Pfaffen in Gold und Purpur Nächstenliebe predigen, während die Gläubigen in Slums verrecken und von dort ihren letzten Pfennig der Kirche in den Arsch schieben? Denkst Du das sei gerecht? Für die Ketzer war das der Beweis, dass etwas mit dem Glauben nicht stimmen konnte. Wenn vor Gott alle gleich wären, bräuchte es keinen irdischen Druck, keine Hierarchie und keinen Besitz. Die Gerichte wären arbeitslos. Schuld und Sühne sind menschliche Begriffe. Missbraucht für grössenwahnsinnige Absichten.“
Johannes: „Auf keinen Fall...ich kann das nicht...“
Maria: „Musst Du auch nicht. Ich will Dir nur sagen, was der heilige Gral bedeuten kann. Du denkst, Jesus sei ein Gott. Das ist Dein Recht. Ich denke, Jesus war ein Mensch. Ich hoffe, Du respektierst mich trotzdem. Aber Du siehst, dass es wegen dem Blut dieses Menschen sofort grosse Probleme geben kann. Aber komm, wenn Du Lust und Zeit hast, zeige ich Dir etwas Spannendes.“
31. Aussen Haus bei der Eremitage – Tag
Johannes: „Ich komme schon mit. aber ich muss noch mein Studienmaterial holen. Ich wohne hier.“
Maria: „Wahnsinn. Schön wohnst Du. Also, beeil Dich.“
32. Aussen Atelier in Arlesheim – Tag
Die beiden betreten das Atelier.
33. Innen Atelier – Tag
Johannes bestaunt die vielen Fotografien. Maria zeigt auf das eine oder andere Bild.
Die Ausstellung wird offensichtlich vorbereitet.
Bilder stehen und hangen überall.
34. Innen Dunkelkammer – Tag
Maria führt Johannes in die Dunkelkammer. Dort hangen Abzüge zum Trocknen.
Johannes entdeckt ein seltsames Foto. Auf einem Stein steht grob eingraviert
Lilzahira..............(pers. für den der blüht – anstelle von INRI Jesus der Nazarener, König der Juden steht: Igne natura renovatur integra. Das heisst:Durch Feuer wird die Natur erneuert. Phönix. Transmutation der Stoffe, anstelle Transsubtination des Blutes.)
Johannes: „Wo hast Du dieses Foto gemacht?“
Maria: „Oben, bei der Kappelle der Einsiedlerin.“
Johannes: „Was ist das?“
Maria: „Ich weiss es nicht. In dem Stein ist halt irgendetwas eingeritzt. Ich finde, es sieht spannend aus.“
Johannes: „Darf ich dieses Bild fotokopieren?“
Maria: „Nimm doch gleich den Abzug. Ich brauche es nicht für die Ausstellung.“
35. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes studiert eifrig die Konturen der Schrift. Er liest, er betet, er redet mit Mutter Maria.
Frauenstimme: „ Was ist der Mensch, dass er an der Liebe Gottes zweifelt, Johannes? Was ist der Mensch?“
36. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes ist über den Studienpapieren eingeschlafen. Am Morgen um 4.30 Uhr klopft es an der Tür. Laut und unnachgiebig, bis Johannes öffnet. Pater Ralph steht vor der Tür.
Pater Ralph: „Steht nicht in den Psalmen: Gott wird uns helfen früh am Morgen? Komm Johannes. Ich begleite Dich zum Morgengebet.“
Johannes schiebt das Foto unter einen Stapel Hefte, dann geht er in das kleine Badezimmer. Pater Ralph steht am Arbeitstisch und sieht die Bleistift -Notizen.
Auf einem Fresszettel hat Johannes das Zeichen nachgemalt. Als Johannes vom Bad kommt, ist Pater Ralph sehr aufgebracht.
Pater Ralph: „Johannes, Johannes! Warum umgibst Du Dich mit Aberglauben und Irrlehre. Lass dem Teufelszeug keinen Platz in Deinem Leben.“
Johannes: völlig konsterniert „Wovon redest Du?“
Pater Ralph: „Dein Notizzettel hier. Ich rede von dem Zeichen auf Deinem Notizzettel.“
Johannes: ausweichend „Das habe ich bloss in einen Buch gesehen. Ich weiss überhaupt nicht, was das bedeutet.“
Pater Ralph: „Es bedeutet auch nichts Gutes. Das war Alchemisten- und Zauberergeschwätz. Es ist nichts für Kinder Gottes. Lass die Finger von solchem Aberglauben.“
Pater Ralph vernichtet den Notizzettel und fordert Johannes zum Gehen auf.
Pater Ralph: „Lass uns gehen, Johannes.“
Als sie das Haus verlassen wollen, packt Johannes seine Schulhefte ein. Heimlich nimmt er das Foto mit.
37. Innen Universität – Tag
Johannes geht zu Professor Rüegg. Er betritt dessen Arbeitszimmer und wirkt sehr verspannt.
Johannes: „Herr Professor, darf ich Ihnen etwas zeigen?“
Professor Rüegg: „Nur zu, Johannes. Nur zu. Wo drückt der Schuh?“
Johannes: „Ich habe...ich habe da ein Bild...mit...können Sie mir sagen, was das bedeutet?“
Professor Rüegg: Sieht sich das Bild genau an. Wirkt überrascht „Schau an, schau an. Woher hast Du das Foto? Die Schrift ist persisch...und den Inhalt kennst Du ganz genau. Nur in einem anderen Zusammenhang. Das Wort heisst „Lilzahira“, was soviel bedeutet wie „für den der blüht“ oder „für den der aus dem Feuer erwacht“. Es ist ein Zeichen für den legendären Vogel Phönix und für die Reinkarnation. Die Wiedergeburt. Auf lateinisch heisst es: IGNE NATURA RENOVATUR INTEGRA. Was heisst: Durch Feuer wird die Natur erneuert. Aber sieh Dir einmal die Anfangsbuchstaben an.“
Johannes: fassungslos „Mein Gott, das heisst ja...“
Professor Rüegg: „Ja Johannes, das heisst I.N.R.I. Eine etwas andere Version als die uns bekannte: Jesus von Nazareth König der Juden. Meinst Du nicht?“
Johannes: „Aber das kann doch gar nicht sein. Das ist...“
Professor Rüegg: „Warum nicht? Du schreibst doch eine Arbeit über den heiligen Gral und die Ketzer. Und das hier ist ein Zeichen, das den härtesten Vertretern der Ketzerei und der Geheimbünde geläufig war. Es repräsentiert die persische Feuertaufe und den Glauben, das der persische Mazdaismus die eigentliche Vorlage für das Christentum sei. Der Mazdaismus ist streng genommen ein vorderasiatischer Kult. Er sieht in Jesus lediglich einen Menschen. Aber dieses Thema hatten wir ja schon. Nicht wahr? Woher hast Du nun dieses Foto?“
Johannes: „Ich fand es bei einer Fotografin, die eine Ausstellung vorbereitet.“
Professor Rüegg: „Was kann denn das Thema einer derartigen Fotoausstellung sein?“
Johannes: „Verzeihen Sie, Herr Professor. Ich kann es selber kaum erklären. Ich werde Sie informieren, wenn die Ausstellung stattfindet.“
Professor Rüegg: „Gut, Johannes. Ich bin sehr gespannt.“
38. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes sitzt zu Hause. Er stiert auf den Tisch. Er wäscht sich die Hände im Lavabo. Er sieht sein Spiegelbild. Er wäscht sich wieder.
Frauenstimme: leise „Johannes...Johannes.“
39. Aussen Waldweg – Nacht
Johannes geht durch den Wald. Stille umgibt ihn.
Frauenstimme: „Quo vadis Johannes? Wohin gehst Du?“
Johannes: „Vergib mir meine Schuld, Mutter Maria. Wie auch ich vergebe meinen Schuldigern...“
40. Aussen Kapelle der Einsiedlerin – Nacht
Johannes findet den gekennzeichneten Ort. Im schein der Taschenlampe bewegt er den losen Stein. Dann gräbt er mit einem Holzstück die Erde weg und hebt den Stein aus seiner Umrandung. In einem Hohlraum steckt eine halb vermoderte Kiste mit Metallbeschlägen. Er zerrt sie in das Freie. Die Innenausstattung der Schatulle ist kaum mehr zu definieren. Beim genauen Betrachten der leeren Kiste im Schein der Taschenlampe entdeckt Johannes ein Schriftstück.
Es ist ein Pergament.
41. Aussen Waldweg – Nacht
Auf dem Weg nach Hause beeilt sich Johannes. Der Wald ist jetzt voller Geräusche. Das Rascheln hört sich zunehmend wie Schritte an. Johannes sieht Schatten die ihn verfolgen.
42. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Zu Hause verriegelt er die Tür. Er reinigt sich wieder. Er untersucht das Pergament.
Er studiert den Fund und liest Bücherpassagen. Er wirkt übernächtigt und gestresst.
43. Innen Universität – Tag
Nach Schulschluss wartet Johannes auf einen Studienkollege aus der archäologischen Fakultät.
Johannes: „Peter, Du Peter...darf ich Dich etwas fragen?“
Peter: „Klar, was ist denn? Mensch, wie siehst Du denn aus? Hast du Stress?“
Johannes: „Meine Dissertation. Ich bin noch nirgends und brauche ein wenig Hilfe.“
Peter: „Na klar. Wo brennt es denn...?“
Johannes: „Ich bearbeite einen Brief der Apokryphen, dessen Alter ich bestimmen sollte. Ihr habt doch die Möglichkeit, das herauszufinden. Das Alter der Stoffe.“
Peter: „Schon, aber ich muss einen kleinen Teil des Probematerials verbrennen um das gebildete Kohlendioxid in Natronlauge absorbieren zu können. Diese Probe wird mit Phosphorsäure versetzt und mit weiteren Beigaben im Flüssigkeitsintillationsspektrometer gemessen. Das Ergebnis ist recht genau. Aber ich brauche die Erlaubnis des Professors, um das Laboratorium zu benutzen. In den nächsten Wochen ist alles besetzt. Du bist nicht der Einzige, dem die Zeit davonläuft. Hättest Du denn ein Probestück?“
Johannes: „Ja, ich habe eine Probe. Gibt es wirklich keine Möglichkeit, einen freien Tag für das Labor zu finden?“
Peter: „Einen Tag bestimmt nicht. Aber komm morgen Abend um 22 Uhr zur Mensa. Wir schaukeln das Kind durch die Nacht. Das ist nicht das erste Mal.“
44. Innen Universität/Bibliothek – Tag
Johannes holt sich ein Buch über aramäische Schriftzeichen.
45. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes fängt an, die Schrift auf dem Pergament zu entziffern. Er macht sich Notizen und vergleicht mit anderen Übersetzungen. Er wäscht sich wieder und wieder seine Hände. Er trinkt Wasser und betet.
Frauenstimme: „Habe ich Dir nicht gesagt, dass ich bei Dir bin bis an das Ende der Welt. Was suchst Du die Weisheit an fremden Orten, Johannes?“
46. Innen Universität/Mensa – Nacht
Johannes und Peter treffen sich am nächsten Abend vor der halb abgedunkelten Mensa um 22.00 Uhr. Johannes folgt Peter zum Laboratorium.
47. Innen Universität/Laboratorium – Nacht
Johannes übergibt Peter ein kleines Stück Pergament. Der bringt den chemischen
Prozess in Bewegung. Johannes starrt in die Reagenzien und Prozessoren. Das fahle Licht spiegelt sich überall.
Frauenstimme: „Johannes, Johannes; die Weisheit dieser Welt wird zu Grunde gehen...Johannes...töricht...töricht...wer nicht auf Gott vertraut.“
Johannes schüttelt seinen Kopf und versucht das erste Mal, sich dem Einfluss der Frauenstimme zu entziehen. Er ist enorm gestresst.
Johannes: „Vergib mir, Mutter Maria...vergib mir.“
Peter: „Was sagst Du...ich kann Dich nicht hören...was steht eigentlich auf dem Pergament?“
Johannes: „ Nichts...ich sage nichts...ich...das Pergament? Ich habe es noch nicht fertig übersetzt...es ist eine Art Widmung.“
Peter: „Deswegen dieser Aufwand? Na gut, wenn es Dir hilft. Also...“
Peter untersucht das Ergebnis aus dem Spektrometer und vergleicht es mit einer Tabelle.
Peter: „Wenn mich nicht alles täuscht, dann dürfte dieses Pergament zwischen tausendneunhundertfünfzig- und zweitausend Jahre alt sein. Geht das? Kannst Du damit etwas anfangen?“
Johannes: „Grossartig. Ja das ist...grossartig. Ich kann damit viel anfangen. Danke...danke für Deine Hilfe.“
Peter: „Gerne. Sag mal, was ist los mit Dir? Du bist bleich. Geh nach Hause und leg Dich hin.“
Johannes: „Nichts. Ich bin müde und habe kaum gegessen. Ich bin froh, dass Du mir helfen konntest. Ist dieses Resultat genau?“
Peter: „Normalerweise schon, ja. Klar gibt es kleine Abweichungen, aber die sind unbedeutend. Vor allem dann, wenn das Grundsmaterial kaum verschmutzt und gut erhalten ist, wie das Deine. Woher hast Du dieses Pergament?“
Johannes: „ Von meinem Onkel. Ich habe es von meinem Onkel.“
48. Aussen Strassenbahnstation Arlesheim – Nacht
Mit dem letzten Tram ist Johannes in Arlesheim angekommen. Im Tram sitzt jemand mit dunkler Kapuze. Die Gestalt verlässt mit Johannes die Strassenbahn und verschwindet in der Nacht.
49. Aussen Waldweg Eremitage – Nacht
Johannes läuft durch die Dunkelheit. Er nimmt den Schatten hinter sich wahr und sieht die Gestalt mit Kapuze. Er lässt die letzten Gebäude von Arlesheim hinter sich und geht nun mehr in völliger Dunkelheit in Richtung Eremitage. Von Ferne leuchtet dort eine Laterne am Wohnhaus. Wie ein Leuchtturm.
Plötzlich sieht er den Kapuzenmann vor sich. Johannes weicht in den Wald aus, stolpert, richtet sich wieder auf, rennt – und fällt. Er rutscht den Hang hinunter und bleibt vor einem Kruzifix am Pilgerweg liegen. Die Gestalt ist verschwunden.
Das Kreuz leuchtet fahl und unheimlich in der Dunkelheit.
50. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes ist schmutzig und blutverschmiert. Er reinigt sich oberflächlich und schläft in seinen Kleidern ein.
51. Innen Zimmer in der Eremitage – Tag
Johannes forscht in seinen Büchern und Dokumenten. Er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und entziffert Buchstabe für Buchstabe des Pergaments. Er wäscht sich wiederholt, betet, trinkt Wasser, fastet. In einem Anfall der erzwungenen Askese schneidet er sich die Haare. Er ist übermüdet und verunsichert.
52. Innen Grotte von Mariastein – Tag
Johannes pilgert nach Mariastein und betet in der Grotte.
Frauenstimme: „ Der grosse Drache wird die Erde verführen Johannes. Wo wirst Du sein, wenn Gott seine Gerechten versammelt? Johannes, wo wirst Du sein?
Johannes: „Ich will bei Dir sein heilige Mutter, bei Dir und Deinem Sohn Jesus Christus.“
53. Innen Grotte von Mariastein/Beichtstuhl – Tag
Johannes kniet im Beichtstuhl in Mariastein.
Johannes: „Ehrwürdiger Vater. Ich habe mich versündigt. Bitte helfen sie mir. Meine Not ist gross.“
Pater: „Bruder, Gott hält seine Barmherzigkeit für Dich bereit. Er empfängt die Reuigen und hält seine Gnade offen für die, die schuldbeladen sind. Egal wie gross Deine Sünde, Jesus hat sie für Dich getragen.“
Johannes: „Vater, sagt nicht die Bibel, dass es für die Sünde gegen den heiligen Geist keine Vergebung gibt. Furchtbare Zweifel begleiten mich jeden Tag. Ich zweifle an Gott, ich zweifle am heiligen Geist, ich zweifle am Sohn Gottes. Vater ich zweifle an der göttlichen Dreieinigkeit. Das Böse scheint in mir zu brennen.“
Pater: „Mein Sohn, diese Zweifel werden vom menschlichen Verstand genährt. Du bist nicht der erste Gerechte, der an der heiligen Dreifaltigkeit zweifelt. Schon Arius von Alexandrien war dieser Sünde verfallen. Trotzdem gibt uns Gott die Hand, wenn wir bereit sind, den kleinmütigen Geist der eingebildeten Weisheit hinter uns zu lassen, um uns ganz in Gottes Gnade und Absicht zu begeben. Freue Dich mein Sohn, Gott wartet auf Dich und Dein Glaube wird im Feuer des Zweifels geläutert.“
Johannes: „Ich...ich kann nicht sagen...Vater vergib mir...vergib mir.“
Pater: „Gott hat Dir schon vergeben. Bete jeden Tag den Rosenkranz und gib Dich ganz dem Vertrauen hin. Aus tiefsten Zweiflern werden die grössten Gottesmänner. Gehe hin in Frieden, Bruder. Das Haus Gottes steht Dir offen.“
54. Aussen Mariastein/Telefonkabine – Tag
Johannes ruft seinen Onkel an. Der Abt sitzt in seinem Arbeitszimmer in Arlesheim.
Johannes spricht hastig.
Johannes: „Ich bin in Mariastein...ich habe versucht zu beichten.“
Pater Ralph: „Johannes, was ist mit Dir. Kann ich Dir helfen?“
Johannes: „Ich kann es nicht sagen...es ist mit zuviel...ich zweifle furchtbar.“
Pater Ralph: „Johannes, hast Du Dich wieder mit dem Teufelszeug eingelassen? Hast Du diese Schrift nicht zerstört, die ich bei Dir gesehen habe? Ist es das? Ich habe Recht, nicht wahr? Johannes, das ist Sünde. Es ist die grösste Sünde, die ein Mensch begehen kann. Weisst Du das?“
Johannes: „Ich wollte das nicht. Ich habe ein Pergament gefunden...in der Eremitage...ich wollte...“
Pater Ralph: „Was hast Du? Johannes, was hast Du gefunden?“
Johannes: „Der Schriftzug den Du gesehen hast, war auf einem Sockel in der Kapelle der Einsiedlerin. Dahinter fand ich eine alte Kiste mit einem Pergament...ich liess es prüfen...es ist zweitausend Jahre alt... aramäisch...ich habe es übersetzt.“
Pater Ralph: „Johannes fürchte um Deine Seele. Damit kannst Du nicht umgehen. Du brauchst Hilfe im Kampf mit Satan, dem grossen Widersacher. Ich verlange von Dir, dass Du sofort herkommst und mir dieses Pergament bringst. Du brauchst dringend Absolution und Du musst Dich unter den Schutz des heiligen Sakraments stellen. Komm zu mir und überlass den Kampf mit dem Aberglauben den Brüdern, die speziell dafür geschult sind und von Gott für diese Arbeit ausgesucht wurden.“
Johannes: „Ich habe plötzlich Angst. Ich denke, ich werde verfolgt...da ist ein Mann...“
Pater Ralph: „Das Böse ist wie ein Tier, das Dich verschlinge. Das sagt uns schon die Bibel. Durch Deine Zweifel öffnest Du Tür und Tor. Lass Dich nicht beirren. Komm zu mir, es wird Dir nichts geschehen.“
55. Aussen Strassenbahn – Tag
Johannes fährt in der Strassenbahn zurück nach Basel. Er sieht wieder den Mann in der Kapuze. Die Strassenbahn ist sonst voll mit Leuten, die zur Basler Fasnacht fahren.
56. Aussen Nadelberg – Tag
Johannes flüchtet in die Hektik der Fasnacht. Er ist übermüdet und panisch. Inmitten der Larven und Kostüme sieht er immer wieder den Mann mit der Kapuze.
57. Aussen Münster/Gräberrundgang – Tag
Johannes flüchtet zum Münster. Er will hinein. Die Tür ist verschlossen.
Johannes: betet „Hilf mir Mutter Maria...hilf mir...vergib mir.“
Er eilt zum Gräberrundgang. Er will sich vor dem Mann in der Kapuze verstecken. Hinter einem Pfeiler bleibt er erschöpft stehen. Jemand tritt aus einem Versteck und packt Johannes an der Schulter. Johannes schreit auf und blickt in eine Furcht erregende Larve. Das helle Lachen Marias ertönt und sie nimmt die Larve vom Kopf.
Maria: „Mein Gott, wie siehst Du denn aus? Bist Du so erschrocken? Man könnte meinen, Du hättest ein Gespenst gesehen. Was machst Du an der Fasnacht?“
Johannes ringt um Worte. Er stammelt. Seine Augen füllen sich mit Tränen der Erleichterung. Er lacht und weint zugleich.
Maria: „Du, was ist mit Dir? Geht es Dir nicht gut?“
Johannes: „Doch, doch...ich bin nur völlig überarbeitet und ich habe das Gefühl, ich drehe mich im Kreis...ich brauche ein wenig Luft.“
Maria: „Mensch, Du bist gut. He, man kann das Studium auch zu Ernst nehmen. Komm mit.“
58. Aussen Basel/Rheinpromenade – Tag
Johannes spaziert mit Maria an der Rheinpromenade. Sie führt ihn über den belebten Münsterplatz an farbigen Lichtern und lebensfrohen Ständen vorbei.
59. Innen Restaurant/Arlesheim – Nacht
Johannes und Maria essen in einem kleinen Restaurant.
60. Aussen Weg zur Eremitage – Nacht
Maria begleitet Johannes nach Hause.
61. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Maria sieht die Papierberge und die Bücher im Zimmer von Johannes. Sie besieht sich seine Studien – und sieht plötzlich das Foto mit dem hermetischen Zeichen.
Maria: „Sag mal, das ist doch mein Foto. das ich Dir gegeben habe. Was machst Du damit? Warum ist dieses Zeichen überall?
Johannes: „Ich kann das kaum erklären...meine Doktorarbeit...der heilige Gral. Ich glaube, ich habe den Beweis gefunden, dass Jesus verheiratet war.“1§
Johannes schwitzt. Er ist unruhig und seltsam verängstigt.
Maria: „Erzähl! Das wäre ja der Hammer. Aber warum hast Du so einen Stress?“
Johannes: „Dann würde uns die Bibel ja die Wahrheit verheimlichen. Jesus wäre vermutlich nur ein Mensch gewesen. Es gäbe keine Erlösung. Nicht im biblischen Sinn.“
Maria: „Ist das denn so wichtig? Ist seine Botschaft nicht eine Botschaft für die Armen und Benachteiligten? Eine Botschaft des Friedens? Keine Botschaft für Schuld und Sühne. Glaubst Du wirklich den Worten der Bibel?“
Johannes: „Ich dachte, Jesus sei unser Erlöser. Ich dachte, der Sinn meines Lebens sei es, ihm zu dienen. Ich wurde so erzogen.“
62. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Johannes zeigt Maria die Fotografie seiner Mutter. Er erzählt ihr von seiner Kindheit und seinem Glauben. Maria hat sich zu ihm gesetzt. Sie streichelt ihm den Arm.
Maria: „Mein Gott, Du zitterst ja. Was ist los mit Dir? Leidest du so wegen dieser Jesus –Geschichte? Die ist doch eigentlich grandios. Einfach unglaublich.“
Maria beugt sich vor und küsst Johannes.
Johannes erwidert den Kuss. Sehr zaghaft. Maria küsst ihn innig und schiebt sich ihren Pullover hoch. Sie führt seine Hände an ihre Brüste.
63. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Maria sitzt rittlings auf Johannes. Johannes sieht sie mit grossen Augen an, während sie seine Hosen öffnet. Als er in sie eindringt, schliesst er seine Augen. Sofort hört er die Stimme:
Frauenstimme: „Ich werde alle vernichten, die meine Gerechten verführen. Der Zorn Gottes wird die erreichen, die meine Gesetze missachten. Gottes Zorn ist furchtbar...Gottes Zorn ist furchtbar...“
Die Stimme vermischt sich mit dem Stöhnen Marias. Johannes öffnet die Augen und sieht nur die Umrisse des Kapuzenwesens auf ihm sitzen. Er schreit. Er stöhnt.
Seine Halluzination vermischt sich mit dem Klang von schweren Schlägen eines Hammers auf Fleisch, Metall und Holz. In seinem Wahn sieht er Blut und die Dornenkrone. Jesus wird gekreuzigt. Am Schluss wimmert Johannes:
Johannes: „Vergib mir, Gott vergib mir.“
64. Innen Zimmer in der Eremitage – Tag
Johannes erwacht. Er liegt nackt auf seinem Bett. Überall im Zimmer herrscht Unordnung und Chaos. Johannes schwitzt, er geht zum Lavabo und wäscht sich. Er blickt in den Spiegel und weint. Dann ruft er Maria an. Am anderen Ende antwortet nur der Anrufbeantworter. Johannes liest in der Bibel. Er ruft wieder Maria an. Das gleiche Szenario wiederholt sich. Schlussendlich schläft Johannes wieder ein.
65. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Es ist Abend geworden. An der Haustür tönen schwere Schläge. Johannes erwacht nicht. Die Türe wird vorsichtig geöffnet. Der Abt schiebt sich in den Raum. Johannes schläft unruhig. Der Abt sieht erstaunt und erschrocken das Chaos. Er sucht die Bilder mit der Inschrift und findet auch die Übersetzung des Pergamentes. Da steht:
Meinem geliebten Freund und Bruder Jesus von Nazareth!
Verehrter Rabbi, möge Gottes Licht leuchten über Dir und Deinem Hause. Ich wünsche Dir und Deinem Weib Maria Magdalena den Segen des Allmächtigen zu eurem göttlichen Bund des Lebens. Möge der Schoss Deiner Frau fruchtbar sein wie der Garten Eden und Deine Nachkommen zahlreich wie die Söhne Isaaks. Ich überreiche Dir diesen Kelch als Geschenk zu eurem Tag des Segens. Er soll leuchten in Deinem Hause wie die Gnade Gottes.
Dein Freund und Bruder
Joseph von Arimathäa
Pater Ralph räumt hastig die Notizen zusammen und sucht vergeblich das Pergament. Dann sieht er die Kellertüre. Er öffnet sie ganz und folgt der Treppe in das Untergeschoss.
66. Innen Keller – Nacht
Pater Ralph sucht das Licht. Er hält sich die Hand vor Mund und Nase. Er findet den Lichtschalter und betätigt ihn. Der Schock steht in seinen Augen.
Am groben Holzkreuz der Dohlenkonstruktion des Kellers hängt die tote Maria.
Ein Kranz aus Nägeln und Holzstücken ist an ihrem Kopf befestigt.
Sie ist schwer verstümmelt. Erloschene Kerzen sind überall.
67. Innen Keller – Nacht
Pater Ralph reisst sich aus seinem Entsetzten los, als er am leblosen Körper der Verstümmelten das blutgetränkte Pergament entdeckt. Er reisst es an sich und geht die Treppe hoch.
68. Innen Zimmer in der Eremitage – Nacht
Als Pater Ralph im Zimmer ankommt, sitzt Johannes bereits auf dem hinteren Ecken des Bettes. Er hält sein Knie umschlossen und blickt mit aufgerissenen Augen.
Pater Ralph packt ihn an der Schulter. Er schreit:
Pater Ralph: „Was hast Du gemacht? Was hast Du gemacht? Was um alles in der Welt hast Du gemacht?“
Er umfasst den Kopf des Johannes und reisst ihn hoch:
Pater Ralph: „Was hast Du gemacht?“
Johannes schliesst krampfhaft die Augen. Er keucht. Geifer fliesst über seine Lippen.
Johannes: „Nicht ich...nicht ich...die Sünde...sie wollte es...Gott ist tot.“
Er schluchzt.
Johannes: „So hilf mir doch...Gott ist tot...es ist alles Lüge...ich bin tot...Gott ist tot...bitte vergib mir.“
Pater Ralph: „Johannes es ist das Pergament, nicht wahr, das Pergament...ich habe Dir gesagt, Du sollst es lassen...Johannes, wer weiss von diesem Pergament?“
Johannes: „Das Böse...nur sie...das Böse...vergib mir.“
Pater Ralph: „Ich kann Dir nicht vergeben. Gott muss Dir vergeben. Aber diesen Weg musst Du alleine gehen. Es ist die Sünde wider den heiligen Geist. Und Du hast gemordet.“
Johannes: „Geh nicht weg. Vergib mir.“
Pater Ralph: „Jesus muss Dir vergeben. Ich kann nichts mehr für Dich tun.“
Johannes: „Jesus ist tot...Jesus war ein Mensch und Du weisst es...Jesus ist tot.“
Pater Ralph hat das Pergament und die Papierstücke an sich gerafft und verlässt das Zimmer. Zurück bleibt der verzweifelte Johannes.
69. Innen Keller – Nacht
Johannes geht in den Keller, befreit den toten Körper Marias aus seiner Lage, deckt ihn zärtlich zu. Danach erhängt sich Johannes am gleichen Balkenkreuz.
70. Aussen Eremitage – Nacht
Aus einer Telefonzelle ruft Pater Ralph die Polizei. Anonym. Aus einem Versteck im Wald wartet er, bis er das Blaulicht sieht und die Sirenen hört. Im Schein des flackernden Polizeilichtes hastet er durch den Wald und versenkt seine Reliquien im See.
ENDE