Du stehst an einer dicht befahrenen Kreuzung. Du siehst den Wagen hinterher die an dir vorbei fahren. Du beobachtest Menschen, die zur Arbeit fahren, manche kommen vielleicht auch gerade von der Arbeit. Du stehst da und denkst darüber nach was dich hierher zu dieser Kreuzung gebracht hat.
Du bist heute morgen aufgestanden und hast bemerkt, dass irgendetwas anders war. Irgendetwas war nicht so wie es war als du gestern ins Bett gegangen bist. Die Situation macht dich rastlos, also stehst du auf und verlässt deine Wohnung. Du weißt nicht was du tun sollst oder wohin du gehen sollst, aber trotzdem verlässt du deine Wohnung. Du läufst eine Weile durch die Gegend, solange bis du an eben jener Kreuzung angekommen bist an der du jetzt stehst.
Wieder zurück aus deinen Gedanken guckst du dir jetzt wieder die Kreuzung an. Dein Blick fällt auf eine merkwürdige Szenerie. Nicht weit von dir stehen mehrere Kranken- und Polizeiwagen, außerdem erkennst du auch ein normales Fahrzug, oder viel mehr das was noch von ihm übrig ist. Wie durch eine unsichtbare Hand geführt, näherst du dich dem Geschehen. Sanitäter laufen aufgeregt hin und her, es werden Befehle gebrüllt und die Polizisten versuchen für Ordnung zu sorgen. Keiner von ihnen nimmt von dir Notiz. Dann fällt dein Blick auf eine Frau, die einfach nur auf dem Bürgersteig sitzt. Sie sieht auf, scheint aber durch dich hindurchzusehen. Tränen laufen ihr übers Gesicht und sie wirkt erleichtert und am Boden zerstört zugleich. Du bist jetzt so nah, dass du sehen kannst wen die Sanitäter behandeln, oder eher behandelt haben. Du siehst nämlich wie sie einen Leichensack verschließen. Du kannst gerade noch das Gesicht des Verstorbenen erkennen. Was du siehst lässt dich erstarren. Der Tote sieht dir zum verwechseln ähnlich. Erst jetzt begreifst du was hier los ist. Dir fällt alles ein. Der Tote sieht nicht nur so aus wie du, Er ist du und der Frau, die da weinend auf dem Bürgersteig sitzt hast du das Leben gerettet. Auf dem Weg zur Arbeit kamst du an dieser Kreuzung vorbei und du hast gesehen wie ein Auto viel zu schnell auf die Frau zugerast kam, als sie die Straße überqueren wollte. Ohne über das was du tust nachzudenken rennst du zu ihr und stößt sie von der Straße. Genau in diesem Moment rammt dich der Wagen, du wirst durch die Luft geschleudert und landest auf dem kalten Asphalt. Das letzte was du siehst ist, wie der Wagen von einer Wand abprallt und sich mehrmals überschlägt.
Du bemerkst wie dir tränen in die Augen strömen und wie eine blanke Wut in dir aufsteigt. Dann siehst du durch den Vorhang aus Tränen, wie die Frau aufspringt, zum Sack mit deiner Leiche stürmt, ihn öffnet in dein Blutüberströmtes Gesicht schaut, lächelt und, dem Zusammenbruch nahe, ein Wort herausbringt: "Danke"
Als du das siehst, steigt in dir der Wille auf es hier nicht so enden zu lassen. Du willst noch nicht sterben, nicht so. Du rennst zu deiner Leiche schaust sie an und fährst zurück in deinen Körper. Als du die Augen aufschlägst, erschrickt die Frau. In einem kurzen Anflug von Stärke und Humor sagst du: "Sehe ich wirklich so schlimm aus?" Sie schaut dich an, weinend und lachend zugleich. Die Sanitäter kommen zu euch herüber und bringen dich in den Krankenwagen. Dann wird alles schwarz.
Als du das nächste mal aufwachst, bist du im Krankenhaus. Ohne den Kopf zu bewegen siehst du dich um. Du siehst einen Mann im Bett neben dir und eine Frau, die an deinem Bett sitzt. Du erkennst, dass es die Frau von der Straßenkreuzung ist. Du drehst ihr den Kopf zu und fragst: "Wie lange war ich weg?" Sie sieht dich an, erst jetzt bemerkst du wie fertig sie aussieht, und sagt: "Fast drei Wochen. Sie wurden mehrmals für Stunden operiert. Ich war fast die ganze Zeit bei ihnen, aber ich sollte jetzt wohl einen Arzt rufen." "Nein. Warten sie. Ich möchte sie noch etwas fragen und übrigens. Ich heiße Chris. Chris Pierce. Ich möchte wissen warum sie die ganze Zeit hier waren." Sie schaut dich an. Sie lächelt und sagt dann: "Ich heiße Jessica. Jessica Whittwell. Ich dachte mir, dass sie vielleicht ein freundliches Gesicht sehen wollen wenn sie aufwachen und außerdem haben sie mir das Leben gerettet, da habe ich mich für sie verantwortlich gefühlt." In dir erstarken Witz und Optimismus und du sagst: "Nun Jessica. So wie ich das sehe schulden sie mir ein Abendessen, wenn ich hier raus bin. Ich will wissen wer die Frau ist, für die ich so viel getan habe und die..." Du erinnerst dich an das was passiert ist bevor du aufgewacht bist. "...so viel für mich getan hat." Sie lacht. ihr Lachen klingt wunderschön in deinen Ohren, so lebensfroh und unbeschwert. Mit einem breiten Grinsen sagt sie: "Nun, wie könnte ich nach alldem dazu nein sagen."
Ihr redet noch eine ganze Weile. Sie erzählt dir, dass der Mann im Bett neben dir der Fahrer des Unglückswagens ist. Diesmal fühlst du keine Wut, denn du erkennst, dass er dich etwas gelehrt hat. Er hat dir gezeigt, dass du jeden einzelnen Tag deines Lebens so leben musst, als wäre es dein letzter und wenn das Ende gekommen ist, musst du kämpfen, denn es lohnt sich für alles was danach kommt.
Deiner Entlassung aus dem Krankenhaus folgt das Essen mit Jessica und diesem Essen folgen noch viele weitere Verabredungen. Ihr verliebt euch in einander und ihr heiratet. Es ist eine glückliche Beziehung, die bis ans echte Ende hält.