Summend komme ich zuhause an und schließe die Haustüre auf. Gut gelaunt hänge ich meine Jacke in die Garderobe. „Na wenn du so flöhlich summst, lief es dieses Mal wohl gut, oder?“, mein Vater lächelt mich wissend an. Anscheinend haben sich mittlerweile mit dem Gedanken angefreundet, dass ich ausziehen werde. „Ja ich habe das Zimmer“, strahle ich ihn an, „und ich kann morgen schon mit dem Renovieren anfangen! Ab 14 Uhr kann ich in die Wohnung, das heißt, davor kann ich in den Baumarkt und Möbel kaufen.“, freue ich mich. „Langsam Schatz, du solltest nicht so überstürzt Möbel kaufen. Überleg dir doch vorher erst was du brauchst, wo du es hinstellen willst und miss das Zimmer aus“, schlägt mein Vater vor. „Stimmt Paps, ich sollte überlegt an die Sache rangehen, ich habe ja noch Zeit.“ „Wann ziehst du denn dort ein?“ „Am 01.11, also in 2 Wochen, das sollte doch reichen oder?“ „Klar Schatz, ich kann dir auch gerne helfen, wenn du möchtest. Wo ist denn die WG nochmal? Ich habe um 15 Uhr Feierabend, dann könnte ich mitkommen!?“, schlägt mein Vater vor. „Weißt du was Paps, ich glaube ich kann deine Hilfe wirklich gebrauchen, die WG ist in Neuköln, ich werde aber trotzdem schon um 14 Uhr hingehen. Ich geb dir die Adresse, dann kannst du ja nachkommen?“, erwidere ich. „Klar Schätzchen, dann komm ich einfach nach“, er scheint froh zu sein, dass er gebraucht wird. Oder er freut sich einfach, dass er sich alles anschauen darf. Zusammen gehen wir ins Wohnzimmer, wo meine Mutter vorm Fernseher eingeschlafen ist. Mein Vater weckt sie zärtlich und sie blinzelt verwirrt. „Hallo Mama, ich habe das WG-Zimmer, morgen geh ich nochmal hin und messe alles aus damit ich Möbel kaufen kann. Papa kommt auch mit“ platze ich heraus. „Hast du schon was unterschrieben?“, frägt sie immer noch verwirrt. „Nein, aber das kommt bestimmt bald“, antworte ich jetzt auch verwirrt, weil ich darüber gar nicht nachgedacht habe. „Kann ich morgen auch mit?“, frägt sie schließlich. „Lieber nicht, ich will nicht gleich mit Mama und Papa ankommen, das ist irgendwie komisch. Die denken dann noch ich komm allein nicht klar oder so“, versuche ich ihr das auszureden. „Ich schaue mir das alles an und erzähle dir dann alles wichtige“, wiegelt mein Vater ab. Ich bin ihm sehr dankbar dafür. „Ich mache mir mal was zu essen“, als ich auf der Wanduhr sehe, dass es schon 17 Uhr ist, weiß ich auch warum ich so hungrig bin.
Ich schaue im Kühlschrank und Vorratsschrank nach, was ich mir machen könnte und entscheide mich für Rührei mit Leberkäs und Kartoffelsalat. Als ich gerade am Herd stehe registriere ich, dass jemand hinter mir steht. Ich drehe mich um und sehe meine Mutter, die irgendwie traurig wirkt. „Ist alles okay“, hacke ich nach. „Ja, ich finde es nur schade, dass ich morgen nicht mitdarf“, erklärt sie. „Du wirst noch alles sehen aber eben nicht gleich morgen“, versichere ich ihr. „Okay“, kleinlaut verlässt sie die Küche wieder. Ich versuche mir nicht zu viele Gedanken über ihr Verhalten zu machen, sie muss lernen meine Entscheidungen zu akzeptieren. Meinen Vater nehme ich ja nur mit, weil ich seine Hilfe wirklich gebrauchen kann, meine Mutter kann mir morgen nicht viel helfen. Während ich esse lasse ich die Eindrücke der WG nochmal auf mich wirken und mir wird plötzlich klar, dass da noch einige ungeklärte Fragen sind. Z.B. wie viel kostet das WG-Zimmer, wie wird das Zusammenleben laufen und warum habe ich noch nichts Schriftliches. Ich werde einfach morgen mit Josy reden, wenn mein Vater noch nicht da ist, sie kann mir bestimmt ein paar Fragen beantworten können.
Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer und überlege, was ich machen könnte, um mir die Zeit bis morgen zu vertreiben. Nach einem Blick in eine lange nicht geöffnete Schublade weiß ich, dass ich definitiv aussortieren muss. Schränke und Schubladen am besten gleich, dann kann ich auch gleich schauen was hierbleiben kann und was ich mitnehme. Es sind zwar noch zwei Wochen aber ob die Sachen jetzt in Schränken oder in Kartons sind erscheint mir als egal, außerdem öffne ich die Schränke so selten, dass ich die meisten Sachen in der Zwischenzeit wahrscheinlich gar nicht brauchen werde. „Haben wir irgendwo Kartons?“, frage ich meinen Vater flüsternd als ich ins Wohnzimmer trete, da meine Mutter schon wieder eingeschlafen ist. Er steht auf und kommt zu mir rüber „auf dem Dachboden müssten wir welche haben, bist du schon wieder vorschnell?“, frägt er grinsend. „Ich brauche doch so gut wie nichts und ich habe ja nur nächste Woche frei dann muss ich wieder arbeiten“, rechtfertige ich mich. „War doch nur Spaß, ich gehe mal nach den Kartons sehen, ich bringe sie dir dann“. „Danke Paps“, bedanke ich mich und mache mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Ich überlege gerade wo ich anfangen soll und wie ich vorgehen soll, als sich meine Zimmertür öffnet und mein Vater beladen mit Kartons hereinkommt. „Kann ich helfen“, frägt er. „Nein danke, du hast mir schon geholfen indem du mir die Kartons gebracht hast. Nochmal danke Paps“, bedanke ich mich. „Okay, dann werde ich mal deine Mutter ins Bett bringen, mach nicht zu viel Lärm ja?“, bittet er. „Geht klar, Gute Nacht Paps“. Meine Mutter ist ein früher Vogel und steht immer um 5 Uhr auf. Aber ich denke, das liegt daran, dass sie nichts mit sich anzufangen weiß und dann aus Langeweile und Gewohnheit schon so früh einschläft. Wir sind es gewohnt, mein Vater hat sich ihr angepasst, wahrscheinlich weil es langweilig ist allein wach zu bleiben. Ich beginne die Schränke von oben nach unten auszuräumen und alles auf den Boden zu legen. Im ersten Schrank finde ich alte Schulsachen und Zeugnisse. Die Zeugnisse könnte ich wohl brauchen, der Rest kann hierbleiben. Ich beginne in meinen Ausbildungszeugnissen zu blättern und ärgere mich, bei einem Blick auf meine Noten, dass ich versucht hatte Beziehung und Ausbildung gleichzeitig gerecht zu werden. Im Nachhinein hätte ich mich wirklich mehr auf die Ausbildung konzentrieren sollen, und Phillip hätte einfach Verständnis haben sollen. Aber er hat ständig genervt, dass er zu kurz komme. Ich hätte damals schon merken müssen, wie egoistisch er ist und eher auf Abstand gehen sollen. Aber leider kann man die Zeit nicht zurückdrehen, ich hätte gerne bessere Noten gehabt. Dennoch hat es gereicht und ich habe einen Arbeitsplatz, mit dem ich sehr zufrieden bin. Ich blicke auf die Uhr und merke, dass es so ewig dauern wird. Also beschließe ich nicht mehr alles durchzublättern, schließlich weiße ich was wo drin ist. Ich räume also die alten Schulsachen wieder in den Schrank und die Zeugnisse in einen Karton. Mir wird allmählich klar wie viele Sachen ich habe, die ich wohl nie brauchen werden. Ich beginne mit einem Haufen mit Sachen, die ich entsorgen werde. Ich komme schnell voran, bis ich zu meiner CD-Sammlung komme. Ich werde nicht alle mitnehmen, das ist klar. Also werde ich die, die ich oft anhöre mitnehmen und den Rest mitnehmen. Ich habe ja eigentlich auch alles auf meinem MP3-Player, aber sicher ist sicher. Nachdem ich auch noch meine Büchersammlung durchgegangen bin und beschlossen habe, einige nochmal zu lesen, mache ich mich bettfertig und lege mich mit einem ins Bett und schlafe schon nach 2 Kapiteln ein.