Wir trafen uns am Mainufer. Ihre zierliche, feuerrote Silhouette erkannte ich sofort. Das war eine dieser verzauberten Frauen, deren Erscheinungsbild nichts von ihrem Geheimnis verriet. Sie besaß alles was die Schönheit in der anderen „gewöhnlichen“ Welt ausmacht: Eleganz, Stil und Zartheit. Aber sie hatte noch mehr: Tiefgang und innere Ruhe, Anmut und den heiteren, hellwachen Blick.
Wir kamen ins Gespräch und sie erzählte mir von ihrer Welt. Jener geheimnisvollen Welt, in der oft eine vollkommene Disharmonie der Gefühle, Handlungen und Gedanken herrscht. „Lass Dich nicht beirren“, sagte sie. Es ist nicht immer so. Es gibt hier auch andere Begegnungen. Und sie berichtete mir von ihren Beziehungen mit Künstlerinnen und Dichterinnen, von geheimnisvollen orientalisch bekleideten Frauen, von Frauen, die ihren Namen nicht verraten wollten, von Frauen, die sie vergötterten und von denen sie trotzdem Abschied nehmen musste.
Ich war eine zufällige, aber eine dankbare Zuhörerin. Und als die kühle Dunkelheit ihren Mantel um uns legte und die ersten kalten Regentropfen fielen, deckten wir uns mit ihrer Jacke zu und redeten weiter. Sie rauchte und ich überlegte, wie sie wohl jetzt schmeckt, nachdem der Zigarettenrauch ihre Lippen verlassen hat. Ich spürte die Zartheit ihres Körpers an meiner Seite, und dachte nach, was wohl die Leidenschaft für sie bedeutet.
Wahrscheinlich war unsere Begegnung nur eine flüchtige. Und ich bereue es, dass ich mir nicht alle Einzelheiten dieses Abends eingeprägt habe. Mit der Zeit werden die gesagten Worte aus dem Gedächtnis entweichen. Aber was bleibt ist das Gefühl der Wärme ihrer Lippen, nach dem wir unseren Abschied mit einem Kuss besiegelten.