„Bereitmachen zum Eindringen! Formieren!“
Ich klemmte den Sprengsatz unter die rostige Türklinke, umfasste den kleinen Zünder fest mit der anderen Hand. Presste ich meine Schulter gegen die schmutzige Wand neben der Tür, hinter mir Josh, gegenüber Roman.
„Zündung!“
Ich riss den Arm vor mein Gesicht und löste den Zünder aus, dann zuckte der Lichtblitz der Explosion durch die schmale Gasse und erhellte für Sekundenbruchteile die Nacht. Die Sprengkraft zerriss das Schloss, Josh trat sofort die Tür ein.
„Gehen rein!“
„Na los, schnappt euch die Bastarde!“
Ich stürmte mit dem Sturmgewehr im Anschlag in das Haus. Der Kegel der Taschenlampe an meiner Waffe huschte suchend die Wände entlang. Wir traten die erstbeste Tür ein und fanden verängstigte Frauen und weinende Kinder in einer Ecke.
„Schön die Schnauze halten, dann passiert niemandem etwas, klar?“ zischte Roman.
Er blendete sie mit seiner Taschenlampe, auf der Suche nach einem Opfer. Nach seinem Opfer.
„Steh auf, Schlampe!“
Er packte eine der jüngeren Frauen am Arm und zerrte sie unter den Schreien ihrer Mutter und ihrer Kinder aus dem Raum. Jeder von uns wusste, was mit ihr geschehen würde.
Dann Gebrüll, Schüsse, plötzlich war dieser Mann im Raum. Mein Finger zuckte zurück, das Mündungsfeuer flimmerte an den Wänden, die Kugeln fraßen sich in die Brust des Mannes, sein Körper wurde zurückgeworfen, prallte gegen einen Wandteppich, sackte zusammen und schlug dumpf auf dem Boden auf. Die Frau schrie, unter Tränen fiel sie vor mir auf die Knie, trommelte mit geballten Fäusten gegen meine Brust.
Ich starrte auf den zusammengesackten Haufen Mensch am Boden, auf das Loch in der Brust des Mannes, aus dem tiefrotes Blut sickerte, auf die Lache, die sich langsam ausbreitete. Ich habe ihn getötet. An der Wand Blutspritzer, die sich ausbreiten wie ein Krebsgeschwür. Der ganze Raum ist bedeckt mit Blut, die Frauen, die Kinder, sie schrien unaufhörlich, es kroch meine Stiefel hinauf, meine Uniform, es überzog meine Handschuhe und umhüllte meine Waffe, ich begann zu schreien, es berührte meine Lippen, gelangte in meinen Mund, ich hustete, spuckte es aus, drohte daran zu ersticken, schwarz.
Augen und Mund weit aufgerissen schrak ich aus dem Schlaf. Ich starrte auf die dunkle Schrankwand, während die Bilder verblassten. Meine schweißnassen Hände krallten sich ins Laken. Die Vorhänge wallten sich lautlos in der Luft, die aus der kühlen Nacht hereinwehte. Der Mond leuchtete unschuldig ins Schlafzimmer.
Die Bettwäsche knisterte leise, Leila war aufgewacht. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen.
„Hast du schlecht geträumt?“, murmelte sie verschlafen.
Sie streckte ihren Arm nach mir aus.
Ich schaute sie an. Dann sank ich zurück in das Kissen und Leilas Arme. Sie schmiegte sich warm und beruhigend an mich, schlief bald wieder ein. Ich spürte ihren gleichmäßigen Atem, ihre Haare kitzelten. Ich bleib wach. Ich wollte nicht einschlafen.
Ich wollte nicht zurück.
Ich wollte nicht zurück nach Afghanistan.