Droormanyca
Kapitel 1 Der erste Kontakt
Zunächst scheint die Situation auf der Erde in eine vielversprechende Zukunft zu weisen. Während sich Christina immer noch Gedanken über ihre auf dem Planet Folan zurückgelassene "Zwillingsschwester" macht, erlebt diese die Welt der Folaner mit der gleichen Neugier, die auch Christina nicht unbekannt ist.......
...... auf dem Planet Folan .........
Der erste Kontakt
Der Häuptlingssohn war heute 17 Jahre alt geworden und hatte seinen ganz großen Tag. Bei seinem Volk war es üblich, dass mit dem 17-ten Lebensjahr ein Jugendlicher in den Erwachsenenstatus mit einer ganz besonderen Mutprobe überwechselte. Er musste innerhalb von 10 Tagen nach Vollendung des 17-ten Lebensjahres nur mit Speer oder Schwert bewaffnet alleine gegen einen Droorm kämpfen. Sobald er mit seiner Waffe den Droorm verletzen konnte, war die Mutprobe erfüllt und der Kampf durfte beendet werden. Nur die Mutigsten bestanden diese Probe. Viele die es versuchten wurden dabei getötet oder schwer verletzt. Aber als Häuptlingssohn musste er unbedingt diese Probe bestehen, sonst hatte er nie die Möglichkeit, das Erbe seines Vaters anzutreten. Nur wer während dieser Prüfungszeit mit einem Droorm erfolgreich einen Kampf führen konnte, durfte sich später in einem weiteren Kampf um das Erbe des Stammesführers bewerben oder sich eine Frau selbst aussuchen.
Es gab allerdings immer einige Jungkrieger die nicht den Mut zeigten, sich diesem Kampf zu stellen und waren dadurch für immer in den Status eines Dieners oder Sklaven versetzt. Aber lieber Diener sein als tot dachten sich diejenigen, die diesen Kampf nicht wagten. Wenn man allerdings wusste, dass ein Droorm ein riesiger fleischfressender saurierähnlicher Koloss mit ungeheuren Körperkräften war, konnte man schon verstehen, warum sich die jungen Krieger vor einem Kampf mit so einer Bestie fürchteten.
Es dauerte gar nicht lange, bis einer dieser Fleischfresser vor dem Schutzwall der Siedlung auftauchte um nach geeignetem „Futter“ Ausschau zu halten. Normalerweise bildete der Schutzwall ein gutes Hindernis gegen die Droorms in das Dorf einzufallen, aber dieses Ungetüm welches gerade vor der Siedlung auftauchte, war einer der größten den sie bisher gesehen hatten. So ein Riese konnte manchmal mit seiner Sprungkraft auch das Hindernis des steilen Walls überwinden, wenn er vorher genügend Anlauf nahm. Aufgrund der Größe vermutete der Häuptling, dass es sich um ein sehr altes und erfahrenes Tier handelte. Bei einem so alten Droorm musste man besonders gut im Kampf aufpassen, denn so behäbig diese Tiere auch aussahen, so raffiniert und flink waren sie auf der anderen Seite. Es war bekannt, dass sie mit stetigem Alter auch immer intelligenter ihre Beute jagten. Einerseits war es gut, dass der Häuptlingssohn einen so gewaltigen Droorm als Gegner für seinen Bewährungskampf haben würde, denn wenn er siegte, brachte es ihm sehr viel Ansehen und Respekt. Andererseits hatte der Häuptling ernsthafte Sorgen, dass sein Sohn unbeschadet aus diesem Kampf hervorging. Der Junge war gut durch das tägliche Training vorbereitet und ohne eine Spur von Angst zu zeigen, stieg er über den Schutzwall um den Kampf mit dem Droorm zu beginnen. Seine Mutter wusste, dass schon viele ihre Söhne nach so einem Kampf schwer verletzt oder auch tot in den Armen gehalten hatten und war deshalb äußerst besorgt um das Leben ihres Sohnes. Aber ihr Sohn Torkaan war sehr mutig und stark. Ausserdem hatte er stets bewiesen, dass er gefährliche Situationen intelligent meistern konnte. Er musste diesen Kampf unbedingt gewinnen, denn er hatte sich bereits die Tochter von einer sehr hochstehenden Familie als seine Frau ausgesucht und wusste, nur nach einem gewonnenen Kampf würde der Vater dieses Mädchens seiner Wahl zustimmen.
Als er auf der anderen Seite des Schutzwalls unten angekommen war, wurde er sofort von dem Droorm entdeckt. Voll konzentriert wartete Torkaan jetzt auf den Angriff der riesigen Bestie. Er wusste, dass dieser Koloss nur wenige Stellen hatte, wo er nicht durch dicke Knochenpanzerplatten geschützt war. Nur wenn er eine dieser Stellen mit seinem Speer ganz genau traf, konnte er das Herz des Droorms treffen und ihn vielleicht dadurch töten. Doch dieser alte Droorm war ein sehr listiges Tier. Anstatt wie gewohnt sofort seine Beute anzugreifen, wich er immer weiter zurück. Aus dieser Entfernung war es fast unmöglich eine empfindliche Stelle des Droorm zu treffen. Selbst wenn Torkaan eine Stelle auf diese Entfernung genau traf, so war die Wirkung des Speers wahrscheinlich nicht mehr ausreichend um den Droorm aufzuspießen. Es half alles nichts, aber er musste sich auf der anderen Seite des Hügels immer weiter in das offene Gelände hineinwagen um eine richtige Wurfentfernung zu erreichen. Während Wartarkaan, der Häuptling, mit sorgenvollem Gesicht diese unerwartete Entwicklung des Kampfes beobachtete, hatte sich sein Sohn schon eine große Strecke von dem Schutzwall entfernt. Genau das war die List des Droorms gewesen. Er wusste aus vielen Kämpfen seiner Artgenossen, dass er in der Nähe des Schutzwalls geringere Chancen hatte, sein Opfer zu erwischen ohne dass er dabei selbst verletzt wurde. Deshalb versuchte er immer, mit einer vorgetäuschten Flucht, seine Opfer von dem Schutzwall wegzulocken. Hier im freien Gelände waren ihm seine Opfer nur noch eine willkommene Beute und stellten keine Gefahr mehr für ihn dar. Als er diese zweifüßige Beute weit genug von der Siedlung weggelockt hatte, drehte er sich blitzschnell um und rannte so schnell er konnte auf sein völlig überraschtes Opfer zu. Die Mutter von Torkaan stieß einen Schrei des Entsetzens aus, als sie sah, wie der Droorm auf ihren Jungen zuraste. Doch plötzlich hielt der Droorm abrupt in seinem Ansturm inne und blickte irritiert nach oben in Richtung Himmel. Die Zuschauer des Kampfes sahen jetzt auch, dass sich zwischen den Wolken ein riesiges rundes Gebilde mit leuchtendem Feuerschein hervorschob und anscheinend in dem großen Wald hinter ihrer Siedlung zu Boden ging. Torkaan nutzte die Ablenkung des Droorms und warf mit aller Kraft die er aufbringen konnte seinen Speer in Richtung des momentan auf der Stelle verharrenden Angreifers. Er hatte zwar gut gezielt, aber der Droorm reagierte trotz der Ablenkung blitzschnell und drehte sich zur Seite, um sich durch seine Knochenpanzer zu schützen. Mit einem knirschenden Geräusch prallte der Speer an dem Knochenpanzer ab und schnitt mit seiner Spitze eine große lange Wunde tief in seine Haut. Durch den Schmerz wurde er so wütend, dass er sich wie rasend auf sein Opfer stürzte. Genau diese unüberlegte Aktion rettete seinem Opfer das Leben. Torkaan konnte gerade noch im letzten Augenblick ausweichen und zur Seite springen während auch schon die Erde erbebte, als der Droorm nach einem weiten Sprung wieder auf seinen Füßen landete. Bei der nächsten Attacke des Droorm hatte er nicht mehr so viel Glück und eine der Krallen des Droorm streifte ihn auf dem Rücken. Fast wahnsinnig vor Schmerz wälzte er sich zur Seite und war sich bewusst, dass er den nächsten Angriff nicht überleben würde. Auf seinem Rücken klaffte eine tiefe Wunde und er konnte nur noch fühlen, wie ihm das warme Blut aus der offenen Wunde über seinen Körper strömte. Als der Droorm sich jetzt seiner Beute gewiss war, wurde sie erst einmal richtig beschnuppert um zu prüfen, welche Teile davon am besten schmecken würden und wo er anfangen konnte zu fressen. Er wusste, dass die anderen Droorm über einen ungewöhnlich guten Geruchssinn verfügten und deshalb frisches Blut meilenweit wittern konnten. Bis die restliche Meute kam um auch zu fressen und ihm seine Mahlzeit streitig zu machen, musste er die besten Teile der erlegten Beute bereits vertilgt haben.
Als er gerade anfangen wollte seine Beute zu zerlegen, stand da plötzlich noch eines dieser zweibeinigen Wesen. Nun, das auf dem Boden liegende Lebendfutter würde ihm nicht mehr davonlaufen, und Hunger hatte er sowieso immer. Als dieses vor ihm stehende Wesen auch keinerlei Anstalten machte zu fliehen, schnappte er blitzschnell zu. Obwohl Torkaan halb ohnmächtig vor Schmerz war, sah er trotzdem, dass plötzlich direkt vor dem Droorm eine Person von seiner Rasse stand. Es war ein sehr junges Mädchen und äußerst seltsam gekleidet. Anscheinend war sie von einem anderen Stamm, denn diese Kleidung gab es bei seinem Volk nicht. Sie trug einen Kopfschmuck aus einer Art dünner Fasern. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er wollte das Mädchen warnen schnell wegzurennen, brachte aber aufgrund seiner Verletzungen keinen Ton hervor. Voll Entsetzen musste er mit ansehen, wie das Mädchen, das offensichtlich nicht die Gefährlichkeit dieser Bestien kannte, von dem Droorm blitzschnell gepackt wurde und er mit seinen kräftigen Zähnen sofort versuchte, die willkommene leichte Beute in der Mitte durchzubeißen und dadurch zu töten. Hatte er Halluzinationen? Von der Kleidung des Mädchens wurden durch die malmenden Zähne Teile abgerissen, aber anstatt dem Mädchen eine Wunde zuzufügen, konnte Torkaan beobachten, wie stattdessen mehrere Zähne des Droorm ausbrachen und zu Boden fielen. Aus Schmerz beim Abbrechen der Zähne spuckte der Droorm seine Beute wieder aus und versuchte nun das Opfer mit seinen messerscharfen Krallen zu zerteilen. Torkaan konnte nicht glauben was er sah. Auch die Krallen fügten dem Mädchen keine Verletzung zu, im Gegenteil, das Mädchen packte blitzschnell eine der Krallen und riss sie dem Droorm ganz einfach aus. Dieser brüllte vor Schmerz auf und wälzte sich nun am Boden über sein Opfer um es mit seinem tonnenschweren Körpergewicht zu erdrücken. Auch die Stammesangehörigen von ihm hatten den ganzen Vorfall von dem Schutzwall aus beobachtet und keiner konnte für das was sie gerade sahen eine Erklärung finden. Der Koloss stand inzwischen schon wieder auf den Beinen. Nach so viel Gegenwehr hatte er jetzt endgültig das Interesse an der zweiten Beute verloren und wendete sich wieder seinem ersten Opfer zu. Bevor er allerdings bei dem immer noch fast reglos daliegenden Jungen ankam, sprang das Mädchen mit einem einzigen Satz auf seinen Rücken und packte seinen Hals. Der Droorm konnte sein erstes Opfer nicht mehr erreichen denn auf halber Strecke knickten seine Füße ein und er konnte sich nicht mehr bewegen. In seinem Nacken fühlte er einen unsäglichen Schmerz während er sein eigenes, aus daumenstarken Adern pulsierend ausströmendes Blut wittern konnte. Das Mädchen stand vor ihm und jetzt sahen alle, dass sie dem Droorm nur mit den Händen zwei Nackenwirbel herausgerissen hatte. Während der Droorm hilflos auf dem Boden lag und mit weit aufgerissenen Augen darauf warten musste von den anderen Raubtieren gefressen zu werden, hob das Mädchen den Jungen vom Boden auf und trug ihn zu der Siedlung wo er vermutlich sicherer war als hier draussen. Als sie den Jungen gerade im Dorf vorsichtig und behutsam auf eine mit weichen Pflanzenfasern durchwebte Bettstätte gelegt hatte und die Mutter von ihm anfing seine Wunden zu versorgen, kam aus dem naheliegenden Wald eine ganze Truppe dieser komisch gekleideten Personen geradewegs in Richtung auf die Siedlung anmarschiert. Vermutlich waren sie dem Mädchen nicht wohl gesonnen, denn als sie diese Truppe erblickte, ergriff sie blitzschnell die Flucht.
Der Häuptling war noch nicht dazugekommen sich bei ihr für die Rettung seines Sohnes zu bedanken und was viel wichtiger war, er hatte sie auch nicht mehr davor warnen können, dass sie auf ihrem jetzigen Fluchtweg das Dorf in keinem Fall verlassen konnte. Der Schutzwall war auf der Rückseite des Dorfes undurchdringlich angelegt. Es war unmöglich ein Dorf nach allen Seiten gleichzeitig zu verteidigen, deshalb konnte der Schutzwall nur an einer Stelle auf der Vorderseite zum Verlassen des Dorfes überquert werden. Als er ihr so schnell er konnte versuchte nachzueilen um ihr dies mitzuteilen, stellte er mit Verblüffung fest, dass sie irgendwie den Schutzwall auf der Rückseite des Dorfes durchbrochen hatte und verschwunden war. Das musste eine mächtige Kriegerin sein, die es mit einem Droorm aufnahm, ihn tötete und dann einen Schutzwall durchbrach, der bis jetzt allen Angriffen selbst der größten und stärksten Droorms standgehalten hatte.
Er befahl allen in ihre Häuser zu gehen und sich zu verstecken, denn offensichtlich waren diese Fremden, die gerade über den vorderen Schutzwall kletterten, ihnen gegenüber nicht unbedingt freundlich eingestellt. Seltsamerweise konnte er nachdem sie in seinem Dorf angekommen waren sehen, dass sich das Mädchen unter ihnen befand. Irgendwie verstand er diesen Vorgang nicht so richtig und verhielt sich deshalb zuerst einmal abwartend ruhig in Deckung. Die Fremden hatten seltsame sprechende Boxen dabei aus denen eine Stimme ihn und seine Dorfbewohner aufforderte, sich nicht zu fürchten und aus ihren Häusern zu kommen. Das Mädchen war ja bei der Gruppe dabei, also würden sie ihm und seinen Leuten bestimmt nichts Böses tun. Er ging aus seinem Haus und forderte die anderen auf, auch aus ihren Verstecken zu kommen. Zuerst bedankte er sich bei dem Mädchen für die Rettung seines Sohnes. Überraschenderweise klärte ihn diese junge Frau aber auf, dass nicht sie seinen Sohn gerettet hatte, sondern ihre Zwillingsschwester hätte dies getan. Sie fragte ihn, wohin ihre Schwester verschwunden war. Erst als er sicher war, dass sie ihr nichts antun wollten, verriet er, in welche Richtung sie gelaufen war.
Die Fremden hatten es plötzlich sehr eilig und verließen sofort nach dieser Information wieder sein Dorf. Seine Frau machte ihm ernsthafte Vorwürfe die Fluchtrichtung des Mädchens verraten zu haben, schließlich hatte sie ja mutig das Leben Ihres Sohnes gerettet. „Aber du hast doch selbst gesehen, welche Kräfte sie hat, die kann sich doch leicht gegen diese Fremden wehren“, konterte er. „Und was passiert ihr, wenn diese Fremden auch alle solche Kräfte haben?,“ meinte sie vorwurfsvoll. Zu seiner Schande musste er zugeben, an so etwas noch gar nicht gedacht zu haben. Allerdings kam das Mädchen nach ein paar Tagen wieder in sein Dorf zurück und fragte ihn, ob sie hier bei seinem Volk bleiben dürfte. Man konnte sich die Freude gar nicht vorstellen als er auf dem Dorfplatz verkündete, dass diese mächtige Kriegerin nun für immer bei ihnen bleiben würde. Da sie namenlos war und mit bloßen Händen einen Droorm erlegt hatte, nannte er sie Droormanyca, was soviel wie „Drachentöterin“ bedeutete.
Auch die anderen Fremden tauchten noch einmal auf, und er sah, wie die seltsam gekleideten Fremden sich sehr herzlich von der neuen Kriegerin verabschiedeten. Diese erklärte ihm, dass ihre Schwester mit einer Flugmaschine zu ihrem Heimatplanet fliegen würde. Das musste ein mächtiges Volk sein welches Körperkräfte hatte, mit einem Droorm zu kämpfen und in der Lage war wie ein Djoka in der Luft zu fliegen. Es gab ein großes Dorffest, denn die Anwesenheit einer solch mutigen und starken Kriegerin musste gebührend gefeiert werden. Droormanyca sah sich die Wunden von Torkaan genauer an und stellte zufrieden fest, dass diese „Folaner“ sehr viel von Naturheilmittel verstanden. Die Wunden waren mit heilenden Blättern abgedeckt, und das Fieber war inzwischen schon vollkommen abgeklungen. Torkaan wurde von einem sehr jungen Mädchen versorgt und stolz stellte er sie Droormanyca als seine zukünftige Frau vor. Er hatte zwar die Mutprobe bestanden, den Kampf mit dem Droorm leider trotzdem nicht alleine gewonnen. Aber jeder hatte zugeben müssen, dass es mehr als mutig war, den Kampf mit so einem mächtigen Koloss anzutreten. Es gab im ganzen Dorf kaum jemand, der so etwas gewagt hätte. Die Eltern von Torkaan waren sehr stolz auf ihren Sohn und auch seine Schwiegereltern wussten ihre Tochter in guten Händen. Als die Feier sich spät in der Nacht dem Ende zuneigte, wollte es der Zufall, dass Droormanyca mit Feelinor, der Mutter von Torkaan, alleine sprechen konnte. Droormanyca fragte vorsichtig, warum es eigentlich diese Sitte gab, mit diesen Kolossen zu kämpfen. Überraschenderweise erfuhr sie jetzt, dass die Mütter ganz anders darüber dachten als die Väter, wenn ihr Sohn bei so einer Mutprobe schwer verletzt oder getötet wurde. Aber es war seit jeher so üblich, dass nur diejenigen, die einen Kampf gegen einen Droorm antraten bei ihrem Volk zu Ehre kamen. Wer sich dem Kampf nicht stellte oder sofort die Flucht ergriff wenn er seinen Gegner nahen sah, konnte nur noch in der untersten Kaste seine Dienste verrichten. Die unterste Kaste waren Diener und Sklaven. Droormanyca sah sie etwas irritiert an. „Diener, Sklaven, wo ist da der Unterschied?“, wollte sie wissen. Diener waren diejenigen, die zwar zu einem Kampf gingen, dann aber die Flucht ergriffen. In die Gruppe der Sklaven kamen alle, die von vornherein Angst vor der Mutprobe hatten und sich schon gar nicht getrauten sich so einem Kampf zu stellen. Auch wenn Mädchen nicht mit dem von ihren Eltern ausgewählten Mann einverstanden waren, wurden sie der Gruppe der Sklaven untergeordnet. Konnte für ein Mädchen nicht bis zum 16ten Lebensjahr ein passender Mann gefunden werden, landete sie bei der Kaste der Diener. Also das waren schon recht eigenartige und strenge gesellschaftliche Regelungen fand Droormanyca. Vermutlich herrschten bei jedem Volk andere Sitten und Gebräuche. Anscheinend hatte sie etwas zu laut gedacht, denn die Mutter von Torkaan fand diese Sitte ihres Volkes nicht so lustig wie Droormanyca, der diese Schilderung offensichtlich nur ein amüsantes Lächeln entlockt hatte. „Aber nein, ich musste nicht über deine Schilderungen eurer Gebräuche lachen, die sind eher traurig und im Grunde genommen recht brutal“, klärte sie ihr Gegenüber auf. „Nein, ich habe gerade über meine eigene Geschichte nachgedacht, und die ist noch viel verrückter als eure Sitten und Gebräuche“.
Es dauerte bis zum frühen Morgen, aber die Mutter von Torkaan hörte sich aufmerksam die Geschichte von Droormanyca an. Sie war aus der Kraft einer Sonne geboren worden, und fast gestorben, als sie sich von dem Ort ihrer Geburt entfernt hatte. Als sie von ihrer Zwillingsschwester durch Zufall gefunden wurde, wusste weder sie dass sie noch eine Schwester hatte, noch ihre Schwester selbst dass es sie gab. Sie hatten sich beide bekämpft und wären fast gestorben nur weil die eine von der anderen nichts wusste. Erst hier auf dem Planet Folan, wurde sie von dem Freund und dem Sohn ihrer Zwillingsschwester gefangengenommen und erfuhr die wahre Geschichte ihrer Existenz und ihrer besonderen Fähigkeiten. Nicht alle dieser Fremden, die sie gesehen hatten, waren mit solchen Kräften ausgestattet, sondern nur die Mitglieder ihrer Familie. Ihre Schwester hatte auf ihrem Heimatplanet sehr viel Einfluss und war sehr wohlhabend. Ja, sie war quasi in der obersten Kaste der Häuptlinge, bestätigte sie die Zwischenfrage. Es war für eine Folanerin nicht vorstellbar, solchen gesellschaftlichen Status zu erreichen, dies war auf ihrem Planet nur Männern vorbehalten. „Dann hat bis jetzt auch noch nie eine Frau gegen einen Droorm gekämpft“, wollte Droormanyca amüsiert wissen. „Bis jetzt gab es noch nie eine Frau, die gefragt hätte, ob sie so eine Mutprobe machen dürfte“, gestand ihre Gesprächspartnerin verblüfft ein. In Anbetracht der Tatsache, dass wenn ein Droorm das Dorf angriff, auch die Frauen bei der Verteidigung tatkräftig unter Einsatz ihres Lebens mithalfen und deshalb im Kampf meist sehr gut trainiert waren, war diese Idee eigentlich gar nicht so abwegig. „Vielleicht sind die Frauen auf diesem Planet genauso intelligent wie die auf dem Planet wo meine Schwester beheimatet ist und wissen, dass es gesünder ist so einem gefährlichen Kampf nur wegen einer Mutprobe aus dem Weg zu gehen“, sinnierte Droormanyca laut. Als die Männer das fröhliche Lachen der beiden Frauen aus der Unterkunft hörten, wären sie nicht schlecht erstaunt gewesen, wenn sie gewusst hätten, was die beiden da gerade noch zu der späten Stunde so fröhlich gestimmt hatte.