Rockstar Diaries Chapter 4
Die Wochen zogen vor rüber, und ich hatte kaum noch Platz an meinen Wänden. Und langsam aber sicher zeigte diese „Therapie“ keine Wirkung mehr. Es war stockdunkel in meiner Wohnung. Ich konnte kein Licht vertragen. Ich lief herum, wie ein eingesperrtes Tier, in meiner Hand eine Flasche Whiskey. Ich verließ meine Wohnung eigentlich nur noch um neuen Alkohol oder neue Drogen zu besorgen. Essen ließ ich mir kommen. Ich hatte bei der Pizzeria um der Ecke schon so viele Treue Coupons gesammelt, dass ich das komplette Haus damit hätte zu kleistern können.
Der Whiskey leerte sich viel zu schnell, für meinen Geschmack. Auf dem Wohnzimmertisch hatte ich aus purer Langeweile vier Lines Koks aufgereiht. Ich zog sie mir alle schnell hintereinander und mein Kopf begann angenehm zu schwirren. Ich legte mich auf die Couch und schloss die Augen. Ich liebte dieses Gefühl. Ich liebte es so sehr, dass ich nicht mehr genug davon bekam. Ich versank immer tiefer in diesem Strom aus Alkohol und Drogen und langsam aber sicher, konnte ich den Himmel nicht mehr sehen. Und das Schlimmste war, es war mir egal.
Mein Körper wurde immer schwerer und ich bekam Angst. Ich kannte dieses Gefühl und es bedeutete nichts Gutes. Ich griff nach meinem Handy und wählte den Notruf, bevor es zu spät werden würde.
Ich sagte der netten Stimme am Telefon meine Adresse, meinen Namen und das ich gleich zusammenbrechen würde. Dann legte ich auf.
Die Dunkelheit um mich herum, wurde immer bedrohlicher, doch ich konnte den Lichtschalter nicht erreichen. Tausend Gedanken rasten durch meinen Kopf. Und alle drehten sich nur um mein Thema. Ich wollte nicht mehr. Ich konnte dieses Leben nicht mehr weiterführen. Nicht so. Mit allerletzter Kraft griff ich nach meinem Strohalm und nach dem Tütchen mit dem Restkoks. Ich schniefte den Rest. Danach weiß ich nichts mehr.
Ich erwachte im Krankenhaus. Um mich herum, standen meine besorgt dreinblickenden Bandkollegen und unser Manager. Irgendwie war löste es ein angenehmes Gefühl in mir aus, zu sehen, dass sie alle gekommen waren. Wegen mir. Matthew, der Manager, sah mich ernst an. „Was hast du dir dabei nur gedacht? Du hättest dabei drauf gehen können!!!“, sagte er. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch ich war zu schwach. Die anderen sagten gar nichts. „Was glaubst du, was dein Verhalten für die anderen bedeutet hätte? Was das für uns bedeutet hätte!!??“, tobte er weiter. Ich konnte es nicht fassen. Ich fühlte mich wie betäubt. Ich lag hier, dem Tod knapp von der Schippe gesprungen und er schimpfte mich aus wie einen kleinen Jungen, der eine teure Vase kaputt gemacht hatte. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Sollte ich mich jetzt entschuldigen, dafür, dass ich in meinem Leben keinen Sinn mehr sah und ich keinen anderen Ausweg aus dieser Misere wusste?
Nachdem Matthew mich noch eine Weile strafend angesehen und ich nichts dazu gesagt hatte, drehte er sich um und ging. Die anderen Jungs sahen erst sich und dann mich an. „Na denn mach’s mal gut, Vince“, sagte David und gemeinsam gingen sie dann auch.
Wieder war ich allein. Ich konnte beim besten Willen nicht einschlafen. Ich wollte nicht aus der Band aussteigen. Die Musik war jetzt alles, was ich noch hatte. Ich versuchte mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich jetzt nur noch ein Produkt war. Ein vermarktbares Gesicht mit einer Stimme. Ich starrte an die Decke. Irgendwie dachte ich, dass ich einen Weg finden würde, mich selbst nicht zu verlieren.
Zwei Wochen später wurde ich entlassen. Ich war versucht, da weiter zu machen wo ich vor meinem Krankenhausaufenthalt aufgehört hatte. Aber es ging nicht. Bald würde ein neues Album anstehen und ich wollte Songs schreiben.
Ich saß auf meinem Balkon und überlegte, was ich schreiben sollte. Ich dachte über die Ereignisse der vergangen Monate nach und begann Stichworte aufzuschreiben.
Ich schrieb und schrieb und schrieb. Und ehe ich mich versah hatte ich 16 Songs verfasst. Über Trips, Einsamkeit, Tod, Liebe und all den anderen Scheiß der mir immer im Kopf herumspukte. Es tat gut, alle diese Erlebnisse niederzuschreiben.
Ich rief Matthew an, um ihm mitzuteilen, dass ich wieder bereit zum arbeiten war. Er war sehr erfreut.