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Findet Vendan - Kapitel 1 - von Zeeben_und_K-Ro, 06.06.2004
Kapitel 1 – Tag der Prüfung
~ von Zeeben ~



Endlich. Heute war es so weit. Nach dem langen Warten in Argis Pathinas würde sie endlich ihr Ziel erreicht haben, Magie Novizin zu werden. Zefoni wusste, dass sie fachlich schon weit über das Niveau eines normalen Novizen hinaus war, aber sie war ein Sonderfall. Um den Hohen Rat zu überzeugen, musste sie ihr bestes geben.

Und das würde sie. Die letzten Monate in Argis hatte sie ausschließlich damit verbracht zu lernen und zu lesen. Die Große Bibliothek war der einzige Ort, den sie hier mochte. Und dass, obwohl sie nur den kleinen uninteressanten Teil betreten durfte. Die Mystischen Schriften waren den Magiern des Ordens vorbehalten. Und zu denen würde sie bald zählen. Die ganze Stadt, so kam es ihr vor, war voller Staub. Nicht, dass er sichtbar gewesen wäre: Argis war eine beeindruckende, prächtige und uralte Glanzstadt. Nein, den konservative Filz der selbst ernannten Wächter des Lichts – sie schnaubte abfällig – der sich in jedem Winkel der Stadt befand konnte sie schon lange nicht mehr ertragen.

Wächter des Lichts! Im 5. Aeon wurden die Magier Gilden abgeschafft und zu einem Bund zusammen gefügt. Dem Bund des Lichts. „Böse“ Magier wurden verfolgt, verbrannt und somit Solis, „Gott des Lichts“, geopfert. Die Nokturnen Formen der Magie waren damals fast in Vergessenheit geraten.

Einem sehr mächtigen Lichtmagier, welcher damals im 6. Aeon den Vorsitz des Rates hatte, ist es zu verdanken, dass Nokturne Magier jetzt in dem Orden toleriert werden. Toleriert. Nicht Willkommen geheißen oder als gleichwertig angesehen. Sein Sohn war mit außergewöhnlichen Kenntnissen in Dunkler Magie geboren worden. Das veranlasste den Meister dazu, den Orden zu reformieren und es Nokturnen Magier, die aber eine Gute Seele haben – Wenn Zefoni diesen Ausdruck nur hörte… – zu ermöglichen im beizutreten. *Und das war die letzte Reformation, die es überhaupt gab.*, dachte Zefoni bitter.

Sie hatte schnell begonnen eine Abscheu gegen die hiesigen Magier zu entwickeln. Sie waren ganz anders als ihr Meister. Vendan war ein mächtiger Zauberer und ein weiser Mann gewesen. Er hatte Zefoni viel beigebracht. Manchmal war er zwar streng gewesen. Doch es wäre ihm nicht im Traum eingefallen, Zefoni seine Meinung aufzuzwängen. Er hat sich immer angehört, was sie zu sagen hatte. Er war ein Nokturner Meister gewesen und er hatte auch nicht an den Kodex des Ordens geglaubt. Aber er war gerecht gewesen. Hart aber gerecht.

Diese Magier hier waren von einem anderen Schlag. Sie hatten mit Vorurteilen vergiftete Gedanken und ließen sich von oben herab kommandieren ohne einen Befehl zu hinterfragen. Sie waren wie willenlose Diener. Zefoni verachtete sie.

Ihre weißen, prächtig verzierten Gewänder wehten um ihre schlanke Figur, als sie sich siegesgewiss dem Inneren Tempel näherte, wo sie ihre Prüfung ablegen sollte. Sie hasste ihre Roben, so wie sie alles hier hasste, aber sie hatte schnell gelernt, dass man in schlichten schwarzen Wanderroben in Argis nicht weit kam. Auf der Reise mögen sie praktisch sein, da man ihr, ihren Reichtum darin nicht ansah, und sie so nicht überfallen wurde, aber in dieser Stadt wurden alle Leute wie Ausgestoßene behandelt, die sich in dunkle Farben kleideten.

Zefoni kniff die Augen zusammen. Dieses verdammt Licht. Die ganze Stadt schien im Sonnenlicht zu glitzern. Zefoni hasste Sonnenlicht. Doch sie hatte ihren Tagesrhythmus schnell umstellen müssen, als sie hergekommen war. Nach acht Uhr abends wurde keine Tür der inneren Stadt mehr geöffnet und keine Person war mehr auf den Straßen. Je schneller sie hier wegkam, desto besser.

Vor ihr wurden die großen goldenen Flügeltüren des Tempels geöffnet und in goldweiße Roben gehüllt erwartete sie dort Großmeister Lamésliel. Zefonis geblendete Augen konnten nur seine Umrisse ausmachen, aber das war ihr schon genug, um fast zu kotzen. Elfen und Vespera hatten von eh und je kein gutes Verhältnis zu einander, aber bei Lamésliel und Zefoni war das ein heillose Untertreibung. Sie hatte es so satt ihm immerzu Honig um sein arrogantes Maul zu schmieren. Aber das war nun mal erforderlich. Wenigstens noch heute.

„Ihr seid ja pünktlich.“, grüßte sie Lamésliel mit offensichtlicher Enttäuschung im Ton.

*Ihr hättet mich wohl zu gerne rausgeschmissen, wenn ich auch nur eine Minute zu spät gewesen wäre, was?!*, dachte Zefoni, sagte aber stattdessen: „Natürlich, Großmeister. Ich bin bereit meine Prüfung abzulegen.“ Lamésliel musterte sie abschätzend und seufzte dann:

„Gut. Folgt mir. Ihr werdet erwartet.“

Zefoni war kaum nervös. Dies würde leicht werden. Den schwierigsten Teil hatte sie bereits vor einem Monat hinter sich gebracht. Sie hatte den Rat davon überzeugen müssen, dass sie eine – wie sie diesen Ausdruck hasste – Gute Seele hatte. Zum Glück war sie eine Meisterin im Lügen und Überzeugen. Sie hatte ihr Engelslächeln aufgesetzt und den Ratsmitgliedern genau das geliefert, was sie sehen wollten: Eine junge herzensgute Schülerin der Magie, die nun endlich Novizin werden wollte. Der Rat war entzückt gewesen. Nur Lamésliel hatte gegen sie gestimmt. Und er vertraute ihr noch immer nicht.

In dem großen Raum, in dem sie vor einem Monat gestanden hatte, hatte sich nichts verändert. Es schien sich in dieser Stadt nie etwas zu verändern. Zefoni lächelte, als sich vorstellte, was Lamésliel wohl sagen würde, wenn ihm klar würde, wie sehr sein geliebter Orden dem Adel der Vespera glich. Für ihn waren alle Vespera sündige Geschöpfe der Nacht. Zefoni stellte in seinen Augen keine Ausnahme dar. Ein Wolf im Schafspelz. Oder wie man bei ihm zu Hause sagt Ein Gnoll im Elfrock.

Lamésliel, der nichts von den amüsanten Gedanken ahnte, die Zefoni in diesem Augenblick über ihn hatte, setzte sich auf seinen Platz an dem halbrunden Ratstisch. Zefoni stand nun allein auf der geraden Seite des goldenen Tischs. Der Stellvertretende Oberste erhob sich. Er saß zur linken des Obersten, der auf Grund seines hohen Alters kaum noch einen Finger rühren konnte, geschweige denn einen Satz ausformulieren. *Eine bizarre Metapher des Ordens selbst. Das ist er.* dachte Zefoni fast mitleidig.

„Schülerin Zefoni Thylit U’ Escar von aus dem Haus der Escari Yonaka.“, sprach der Zweite, „ist das Euer Name?“

„Das ist er, o Großmeister des Lichts, ich stehe demütig vor Euch.“, antwortete Zefoni gemäß dem Ritual.

„Ihr wurdet würdig gefunden, Euch des letzten Tests zu unterziehen. Seid Ihr bereit, Schülerin?“

„Ich bin bereit dem Licht zu folgen, wohin es mich auch führt, o Großmeister.“

„So sei es!“ Damit ließ sich der Zweite wieder nieder und gab einem Apprentice mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er nun an der Reihe war. Dieser kam auf Zefoni zu und sogar er, ein Zauberer niedrigen Ranges, fast noch ein Novize, hatte eine nervenzerfetzende Arroganz in der Stimme.

„Höret nun Eure Aufgabe, Schülerin Zefoni“, las er aus einer goldenen Schriftrolle vor, „Ihr sollt den Berg Kobar’Mari im Osten der Stadt erklimmen und mit keinem Menschen, Elfen oder sonstigem zivilisierten Geschöpf reden bevor Ihr die Spitze erreicht habt. Ihr sollt diesen Brief ungeöffnet dem Mitglied des Rates überreichen, welches dort auf Euch wartet. Ihr sollt dich durch nichts und niemanden aufhalten lassen und nur mit Eurer Magie bewaffnet sein. Geht nun und kehrt wieder, wenn der Test bestanden ist.“

Damit übergab der junge Magier Zefoni einen versiegelten Brief und trat wieder zurück. Der Zweite nickte Zefoni zu und gab ihr so zu verstehen, dass ihre Audienz nun beendet war.

Während Zefoni durch die goldnen Gänge des Tempels zurück ging konnte sie nicht anders, als sehr verwirrt sein. Sie hatte nie etwas Gefährliches von dem Berg Kobar’Mari gehört. Er war nicht sonderlich hoch und wurde oft von Magierpilgern bestiegen, die über der Stadt meditieren wollten. Es konnte dort also keine gefährlichen Monster geben, denn sonst würde man keine Greise dort hoch ziehen lassen.

Ergo war der Test entweder noch viel leichter als sie gedacht hatte, oder die alten Hexer hatten dort eine kleine Falle für sie aufgestellt. Zefoni befürchtete letzteres. Lamésliel hätte sie nie mit einer so einfachen Aufgabe betraut. Und er hatte einigen Einfluss im Rat.

Wenn sie doch bloß jemanden über den Berg befragen konnte, aber es war ihr ja verboten zu sprechen. *Mh…*, dachte sie, *Vielleicht ist das die Falle. Sie wollen mich dazu bringen aus Unsicherheit das Schweigegelübde zu brechen, weil ich zu unsicher bin.* Aber im nächsten Moment kam ihr das dann doch wieder ein bisschen einfach vor.

Sie wünschte, sie könnte wenigstens bis zur Abenddämmerung warten. Ihre Augen waren viel besser in der Nacht und sie fühlte sich sicherer. Aber dann würde sie es riskieren nicht mehr rechtzeitig vor Mitternacht fertig zu werden. Denn die Prüfung musste noch am selben Tag bestanden werden, an dem sie gestellt wurde. Am letzten Tag des Jahres. Dem 31. der Noxia.

Also machte sie sich auf, um ihre Sachen aus der Herberge zu holen. Ihr Zimmer war klein und düster. Die Hauswirtin hatte zuerst nicht verstanden, warum sie dieses, ihr schlechtestes Zimmer, haben wollte. Bis sie ihre spitzen Eckzähne bemerkte und kein Wort mehr herausbrachte. *Jämmerlich! *, fand Zefoni. Zu Beginn ihrer Reise hatte sie es als Vorteil angesehen, auf Grund ihres Volkes von vielen Leuten gefürchtet und gemieden zu werden. Doch langsam war es ihr über. Genau wie diese Stadt.

Sie packte ihren Beutel mit Brot und Wasser, einer Ritualkerze, einigen Kräutern, einer Decke und einer kleinen Phiole menschlichen Bluts, das leckerste und wirksamste aller Blutsorten.

Vespera besaßen die Fähigkeit Wunden und Verletzungen durch die Einnahme von Blut zu regenerieren. Sie benötigten es aber nicht täglich als Lebensgrundlage, wie manche in ihrer Unwissenheit dachten. Auf Grund ihrer Kurzlebigkeit waren die Menschen immer in Bewegung und Hast. Sie hatten schließlich nicht so viel Zeit. Diese Energie steckte ihnen im Blut und machte es so zu einer der besten Sorten. Das Blut in der Phiole hatte Zefoni vorsorglich einer armen Frau aus einem der umliegenden Dörfer abgekauft. Diese hat sich zwar ein bisschen gegruselt, war aber froh darüber gewesen, für so einen geringen Aufwand einen ganzen Wochenlohn zu bekommen.

Nachdem sie diese Dinge in der Tasche verstaut hatte, griff sich Zefoni noch ihren schwarzen Reisemantel und zog ihn sich über. Beim Rausgehen fing sich ihr Blick im Spiegel. Vespera hatten entgegen der landläufigen Meinung sehr wohl ein Spiegelbild, obwohl Zefoni das ihre nicht besonders mochte. Sie hatte noch nie viel Wert auf ihr Aussehen gelegt. Die elfenstämmigen Vespera, hatten eine angeborene Schönheit, die auf Menschen betörend wirkte. So war auch Zefoni von graziler Gestalt und zartem Aussehen. Sie wirkte schön auf menschliche Augen, doch in ihrer Heimat war sie als gerade noch mittelmäßig angesehen worden.

Sie hatte fahle porzellanweiße Haut und schwarzes Haar, das kraftlos glatt bis zu ihren Schultern reichte und in immer wieder nervigen Strähnen in ihr Gesicht fiel. Ihre Augen waren blassblau und undurchschaubar und ihre zierliche gerade Nase verlieh ihr ein aristokratisches Aussehen.

Das menschliche Auge nahm sie als zartes, zerbrechliches Mädchen wahr. Auf ihr eigenes Volk wirkte Zefoni kränklich und klein.

Daran hatte sich Zefoni schon lange gewöhnt. Was sie wirklich ärgerte, war das unter dem schwarzen Mantel noch immer die verhassten weißen Gewänder sichtbar waren. Sie wünschte sich, sie endlich ablegen zu können, aber sie durfte sich jetzt keinen Fehler erlauben. Nicht so kurz vor dem Erreichen ihres Ziels. Das Ziel.

Mit diesem Gedanken verließ sie ihr Zimmer und machte sich auf gen Osten.

* * *


Der Aufstieg war beschwerlicher, als sie es erwartet hatte. Die Felsen und Böschungen schienen sich ihr absichtlich in den Weg zu stellen. Schon stand die Sonne am Horizont und warf ihre letzten Strahlen auf das in der Dämmerung rotgolden glitzernde Argis Pathinas. Das musste Zefoni der Magierstadt lassen. Sie hatte eine besondere Schönheit. Auch wenn diese nicht ihrem Geschmack entsprach.

Zefoni wurde langsam nervös. Nicht das sie Angst hatte, es nicht in der vorgegebenen Zeit zum Gipfel zu schaffen, denn es war nur noch höchsten eine Stunde Weg. Nein, sie spürte, dass die Falle des Rates, mit der sie jetzt fest rechnete, jeden Moment zuschnappen würde. Und noch immer hatte sie keine Ahnung was es sein könnte.

*Wahrscheinlich wird man mich versuchen, durch List zum sprechen zu bringen*, dachte sie, *oder ich muss mit meiner Magie irgendeine Art Aufgabe bestehen.* Sie hoffte, dass letzteres der Fall war, denn sie war sehr gut auf so eine Situation vorbereitet. Sie war definitiv weiter, als die meisten anderen Bewerber, die Novizen werden wollen.

*Wenn ich bloß wüsste, was in dem Brief steht. Vielleicht ist das die Falle? Das sie meine Disziplin dadurch testen wollen, indem sie sehen, wie lange ich es aushalte, den Brief ungelesen mit mir mit zu schleppen. Na ja, so blöd bin ich nicht, dass ich auf so etwas reinfalle!* Aber irgendetwas sagte ihr, dass der Test noch etwas anderes sein würde.

Just in dem Moment wurde sie durch einen lauten Schrei aus den Gedanken gerissen:

„Hilfe! Mama!! Wo bist du? Hilfe!!“ Zefoni rannte los. Hinter einer Biegung verborgen lag da ein klarer Bergsee, den ein Fluss mit klarem Wasser versorgte. In der Mitte des Sees klammerte sich ein kleiner Junge verzweifelt an ein Stück Holz und ging dabei immer wieder unter. Etwas weiter entfernt am Rand des Sees stand eine Gruppe Kobolde. Fiese, kleine halbintelligente Wesen. Sie lachten den Jungen aus und scherzten darüber, wie sie ihn weiter oben in den Fluss geschmissen hatten.

Da bemerkte Zefoni etwas Allarmierendes. Das Wasser des Sees strömt auf eine Klippe zu, von der sich ein gewaltiger Wasserfall ergoss.

Fieberhaft überlegte Zefoni, aber es fiel ihr einfach kein Spruch ein, der in dieser Lage etwas genutzt hätte. Alle Zauber, die sie beherrschte dienten zum Angriff und zur Selbstverteidigung.

Es wurde höchste Zeit etwas zu unternehmen. Das Stück Holz mit dem verzweifelt schreienden Kind näherte sich immer mehr dem tosenden Abgrund. Schnell zog sich Zefoni ihren Mantel aus und riss sich ihr perlenbesetztes Gewand von Leib, das viel zu schwer war, um mit ihm zu schwimmen. Dann machte sie, nur mit ihrem Unterkleid bedeckt einen Köpper in das eiskalte Wasser des Sees.

Verbissen kämpfte sie sich vorwärts bis sie ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte. Da hörte sie das widerliche Gackern der Kobolde hinter sich. Als sie sich umdrehte sah sie, wie diese ihre Sachen durchwühlten. Gerade hatte einer der Truppe den Brief gefunden und wedelte damit beglückt durch die Luft.

„Hey!“, brüllte Zefoni, “wenn du das anfasst sind deine Tage gezählt, Kobold!“ Doch der nahm gar keine Notiz von ihr, sondern begann an dem Brief zu knabbern.

„Du kleiner Scheißer!“, schrie Zefoni, „lass das sofort fallen!“ Der Kobold aber streckte ihr nur die lange grüne Zunge raus und machte Anstalten das Siegel zu lösen.

Was sollte Zefoni nur tun. Der kleine Junge hatte angefangen zu weinen. Nur noch wenige Minuten trennten ihn von seinem sicheren Tod. Aber sie war nicht so weit gekommen, hatte nicht so sehr gekämpft, um sich das alles nun von ein paar Kobolden zerstören zu lassen.

Nach einer Sekunde des Zögerns machte sie sich auf und schwamm zurück in Richtung des Ufers. Die Kobolde schnitten ihr Grimassen, sangen Spottlieder und warfen Stück für Stück ihre Anziehsachen und den Inhalt ihres Beutels ins Wasser.

Zefoni war so wütend, dass sie sich wunderte, den See noch nicht zum Kochen gebracht zu haben. Ihr Zorn gab ihr Energie und sie schwamm schneller als sie jemals zuvor geschwommen war. Langsam wurde es den Kobolden zu heiß und sie begannen mit dem Brief in der Hand sich auf ihren kurzen Stummelbeinen aus dem Staub zu machen.

Aber sie hatten keine Chance. Kaum hatte Zefoni das Ufer betreten ließ sie mit aller Kraft, die in ihr steckte einen Sturm von Blitzen aus ihren Fingerspitzen schießen. Bewusstlos sanken die grünen Quälgeister zu Boden. Schnell drehte sich Zefoni um, aber von dem kleinen Jungen war keine Spur mehr zu sehen.

Betrübt nahm Zefoni den Brief aus der Hand des Kobolds und verzog angewidert ihr Gesicht wegen des grünen Schleims der ihn teilweise bedeckte. *Ach, was soll’s?*, dachte sie gleichgültig und putzte ihn an ihrem nassen Unterkleid ab.

Zunächst hatte sie noch vorgehabt ihre Kleidung aus dem See zu fischen, aber der hatte diese schon längst verschlungen. Achselzuckend machte sie sich wieder auf den Weg. Sie fror nicht, denn schließlich kam sie aus einem sehr kalten Land und es war sowieso nur noch ein kurzer Weg zum Gipfel.

Der Rest der Wanderung schien ihr unbeschwerlicher zu sein. Vielleicht lag es aber nur daran, dass sie nicht mehr ihr schweres Gewand mit sich herumschleppen musste. Ziemlich bald erkannte sie die Umrisse des Kobar’Mari Schreins, der von dem gleichnamigen Begründer der Stadt an der höchsten Stelle des Berges zu Ehren des Sonnengottes Solis erbaut worden war. In ihm brannte Licht. Erst jetzt wurde Zefoni klar, dass die Sonne bereits untergegangen war. Sie hatte es geschafft. Vor Ablauf der Zeit und ohne mit einem „zivilisierten Geschöpf“ zu sprechen, denn dazu konnte man Kobolde nun wirklich nicht zählen. Die Falle hatte sie auch überstanden. Jetzt trennte sie nur noch eine goldene Tür vom Sieg. Selbstsicher öffnete sie auch diese.

In dem Moment, in dem sie das hämische Lächeln in Lamésliels arrogantem Gesicht sah, wurde ihr klar, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Irgendeinen.

In dem nächsten Moment wurde sie sich plötzlich ihrer spärlichen Kleidung bewusst, als der Blick des Elfen spöttisch an ihr herunter glitt. Schnell bedeckte sie ihren durch das nasse Gewand schimmernden Körper.

„Ich habe gewusst, dass Ihr diesen Test nicht bestehen würdet, Vespera.“, sprach der Magier in seinem üblichen herablassenden Tonfall, „Von Anfang an wusste ich es. Hier, bedeckt euch.“ Damit reichte er ihr einen weißen Mantel, den Zefoni nahm und sich schnell überzog.

„Also habt Ihr doch noch bekommen, was Ihr wolltet. Das muss ich euch lassen. Ihr habt es geschickt eingefädelt. Sagt, wenn ich den Jungen gerettet hätte, wäre ich dann durchgefallen, weil der Brief verloren ging?“, fragte Zefoni, während sie verzweifelt gegen die Schamesröte ankämpfte.

„Aber nein, Schülerin.“, antwortete Lamésliel mit einem süffisanten Lächeln, „der Hohe Rat arbeitet nicht mit den Tricks eines gewöhnlichen Falschspielers.“ Er gab ihr durch seinen Blick zu verstehen, dass er sie für nicht mehr als das hielt. „Wir waren noch nicht vollkommen von Eurer Aufrichtigkeit überzeugt. Wir hatten den Verdacht, dass ihr Eure guten Intentionen nur vorgespielt habt.“

„Das habe ich nicht, Großmeister.“, versuchte Zefoni es noch einmal, so sehr es sie anwiderte, auf die unschuldige Tour, „Ich hielt es nur für die oberste Priorität, die Befehle des Rates ohne Hinterfragen auszuführen.“ Der Elf sah sie amüsiert an.

„Ihr mögt für kurze Zeit den Rat getäuscht habe, Schülerin, aber ich habe euch nie geglaubt. Spart Euch das Wimperngeklimper für den Rat auf. Ich habe euch – durchschaut.“ Zefoni wurde vor Scham und Wut jetzt endgültig rot.

„Euer arrogantes Grinsen wird euch schon noch vergehen. Großmeister.“, fauchte sie ihn mit vor Abscheu triefendem Zorn in der Stimme an, „In nur einem Jahr werde ich wieder antreten und dann werde ich auf eure Intrigen vorbereitet sein!“ Das Lächeln verschwand tatsächlich aus Lamésliels Gesicht. Doch es wurde von nichts weniger Unangenehmen ersetzt. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Er baute sich zu seiner gesamten beachtlichen Größe auf und trat einen bedrohlichen Schritt auf Zefoni zu, die weder zurückwich noch weg sah, obwohl sie das gerne getan hätte. Sie schluckte.

„Nicht wenn ich es verhindern kann!“, zischte der Magier sie an, „und das kann ich!“ Er wartete noch einen Moment, um seine Worte wirken zu lassen, trat dann zurück und war wieder sein übliches spöttisches Selbst. „Und jetzt kommt. Der Rat wartet schon gespannt auf den Ausgang dieser Farce.

* * *


„Schülerin Zefoni Thylit U’ Escar aus dem Haus der Escari Yonaka. Ist das Euer Name?“

„Das ist er, o Großmeister des Lichts, ich stehe demütig vor Euch.“, antwortete Zefoni dem Zweiten korrekt aber mit weitaus weniger Elan als am Vortag.

„Ihr steht heute vor dem Rat, um zu erfahren, ob Ihr des Titels der Magiernovizin als würdig empfunden worden seid.“

„Ich bin bereit mich dem Urteil des Lichts zu stellen, o Großmeister.“

„Nun gut, Schülerin, so höret nun unser Urteil.“, damit setzte sich der Zweite wieder und übergab dem Apprentice das Wort, der wieder eine goldene Schriftrolle öffnete und zu lesen begann.

„Höret nun Euer Urteil, Schülerin Zefoni.“, las er mit träger Stimme vor, „Ihr wurdet nicht für würdig gefunden, den Titel der Magiernovizin zu tragen. Im Einzelnen lautet die Begründung des Urteils…“

Zefoni hörte schon gar nicht mehr zu. Eine seltsame Ruhe hatte sie befallen. Sie nahm die ganze Situation wie eine Außenstehende wahr. Das Einzige, was sie empfand, war Belustigung. Ob es den Leuten in diesem Raum wohl niemals langweilig würde, immer dasselbe zu hören und zu tun? Gewissermaßen verstand sie Lamésliel nun ein wenig. Er hatte diese ganze Sache nur aus reiner Langeweile geplant. Es geschah ja nie etwas, also unterhielt er sich durch Intrigen, Gemeinheiten und Demütigungen selbst. Er tat ihr leid, wie alle hier.

„…bis Ihr in einem vollen Jahr die Chance erhaltet Euch und Euer Können erneut unter Beweis zu stellen“, beendete der Apprentice seinen Vortrag. Zefoni war schon bereit entlassen zu werden, als plötzlich Lamésliel das Wort ergriff.

„Einspruch, Euer Eminenz. Diese Schülerin hat sich nicht nur nicht als fähig erwiesen, eine Novizin zu sein, sie hat in ihrer Prüfung auch tief sitzende ethische Unzulänglichkeiten gezeigt. Mängel dieser Art sind nicht in einem einzigen Jahr zu beseitigen.“ Zefoni korrigierte sich. Sie bemitleidete ihn nicht. Sie empfand nur tiefste Abscheu vor dem arroganten Elf.

„Was schlagt ihr vor, Siebter?“, fragte ihn der Zweite unmotiviert.

„Mit Verlaub Eminenz: Diese Frau hat es sogar geschafft Euch zu täuschen. Es wäre nicht auszumalen, was für Unheil wir anrichten könnten, wenn wir einer Person von solch zweifelhafter Moral tatsächlich gestatten würden, die Mystischen Schriften zu studieren.“ Er machte an dieser Stelle eine dramatische Pause. Schließlich war er ein geübter Redner. „Und deshalb schlage ich vor, ihr den Beitritt des Ordens auf Lebenszeit zu versagen.“ Ein Raunen ging durch die Reihen des Rates. Nun war Zefoni wieder komplett in ihrem Körper und es kostete sie all ihre Kraft, ihn daran zu hindern etwas Törichtes zu machen. Stattdessen brachte sie schließlich heraus.

„Bei allem Respekt, Großmeister. Ich gebe zu, dass ich falsch und unbesonnen handelte, als ich den vermeintlichen Jungen im Stich ließ. Ich bin unendlich froh zu erfahren, dass er wie die Kobolde nur eine magische Illusion war.“ *Ihr verdammten Mistkerle*, fügte sie im Kopf hinzu, „Ich bin vielleicht heute noch nicht bereit die Verantwortung zu übernehmen, die der Titel der Novizin mit sich bringt.“ *Und ob ich das bin, Lamésliel, du räudiger Köter!!!* „Aber ich war immer in der Annahme, dass der Orden des Lichts die Überzeugung vertritt, dass eine Person sich ändern und bessern kann.“

Sie schlug mit den Wimpern, so wie Lamésliel es ihr auf dem Berg Kobar’Mari spöttisch empfohlen hatte. Ein weiteres Raunen hallte durch den Saal. Schließlich gebot der Zweite den übrigen Ratsmitglieder still zu sein und beugte sich mit seinem Ohr zu dem Mund des alten Obersten vor. Dieser gab ein für Zefoni unverständliches Wispern von sich, dann verstummte er wieder und fiel zurück in seinen einer Totenstarre ähnlichen Zustand.

Der Zweite erhob sich und begann nach einem Moment der gespannten Stille zu sprechen:

„Der Oberste hat gesprochen. Ihr, Schülerin, sagt er, seid noch jung genug, um zu lernen und habt noch viel Zeit euer jugendliches Temperament in Studien und Büchern bändigen zu lernen. Der Oberste sagt, dass Ihr bereit seid, Euch dem Test noch einmal zu unterziehen in –“, er holte Luft und ließ seinen Blick dann auf Zefoni ruhen, „– fünfundzwanzig Jahren.“

Zefoni spürte wie innerhalb einer Sekunde all ihre Pläne, Wünsche und Hoffnungen Stück für Stück zerbrachen. Von weit weg schien Lamésliels erleichtertes Seufzen an ihr Ohr zu dringen, doch sie nahm keine Notiz davon. Fünfundzwanzig Jahre! Was sollte sie fünfundzwanzig Jahre lang machen mit ihrem Talent und keinem Meister, der sie unterrichtete und keinen Texten, die sie studieren konnte!

Wie im Traum nahm sie noch war, wie der Apprentice sie aus dem Tempel führte. Das Letzte was sie vor Augen hatte, war Lamésliels selbstgefälliges, siegesfrohes Lächeln.

* * *


Irgendwann wurde sie sich bewusst, dass sie in ihrem Zimmer saß und die Wand anstarrte. Sie hatte nur verschwommene Erinnerungen daran, her gekommen zu sein.

*Was mache ich denn da? Ich habe mich doch nicht wirklich diesem ‚Ormayl’ geschlagen gegeben?* Aber sie wusste, es gab nichts, das sie tun konnte. Lamésliel hatte seine Schritte gut geplant. Von Anfang an hatte er vorgehabt, sie zu vernichten, und so war es ihm nun auch gelungen. Sie fühlte sich tatsächlich vernichtet.

Zefoni hatte nicht mal mehr genug Kraft sich eine grausame Rache und einen langsamen Tod für ihn auszudenken. Sie wollte nichts mehr, außer in ihrem Zimmer sitzen und die Wand anstarren.

Wieso war sie bloß so vermessen gewesen, zu glauben, dass sie es schaffen würde? Sie, eine Vespera! Eine von ihrer Art gehörte einfach nicht nach Argis Pathinas. Sie sollte zurück nach Vesperania, nach Saddon gehen und dort ihren Vater um Vergebung bitten. Vielleicht würde der ihr, ihre Flucht sogar verzeihen und sie wieder in der Familie aufnehmen. Natürlich würde sie immer verleugnet und verachtet werden. Sie würde sich dort verstecken müssen, da sie solch eine Schande über die Familie gebracht hat, aber sie könnte sich ja mit anderen Dingen beschäftigen. Könnte Lesen und Schreiben und alles über Magie vergessen.

Zefoni wusste, dass sie niemals zurückkehren würde, aber es war ihre Art von Selbstbestrafung über eine Heimkehr nachzudenken. Was würde bloß Meister Vendan von ihr denken, wenn er sie jetzt so sehen würde? Er hatte sich ihrer damals angenommen, hatte ihr geholfen von ihrer Familie wegzukommen und sie entgegen dem Kodex in der Magie unterrichtet, obwohl sie nicht zum Orden gehörte. Nie hatte er eine Gegenleistung verlangt, außer dass sie fleißig arbeitete und lernte und ihn dadurch stolz machte.

Sie hatte versagt. Wie sehr sie sich Meister Vendan jetzt herwünschte, so dass sie ihn um Vergebung bitten konnte. Doch seid der einen merkwürdigen Nacht im Westwald hatte sie ihn nicht mehr gesehen.

Damals, vor fast einem halben Jahr, war Zefoni plötzlich mit einem merkwürdigen Gefühl aufgewacht. Sie konnte sich nicht erklären, was es war und so beschloss sie ihren Meister nicht zu wecken. Gerade als sie sich wieder hatte schlafen legen wollen, wurde ihr Blick von einem sehr schwach glühendem Licht abgelenkt, das aus dem Gehölz kam. Sie wusste nicht welcher Teufel sie damals geritten hatte, einfach allein los zu schleichen, um es zu erforschen.

Ein Mensch hätte das fahle Licht nie erkannt, aber die Augen einer Vespera waren lichtempfindlicher als die der anderen Lebewesen. Leise tastete sich Zefoni vorwärts bis sie das Leuchten fast erreicht hatte, doch dann es erlosch so sacht, dass Zefoni daran zweifelte, es überhaupt gesehen zu haben. Sie machte sich auf den Weg zurück zum Lager, doch als sie dort ankam, war Meister Vendan verschwunden. Sein Gepäck, sein Bett und alle Wertsachen noch an Ort und Stelle, nur der Meister selbst war wie vom Erdboden verschluckt. Seid damals hatte Zefoni nichts mehr von ihm gehört.

Falls noch irgendjemand ihr in dieser Situation beigestanden hätte, dann er. Er hätte sie sogar jetzt noch unterrichtet.

Da wurde es Zefoni mit einem Schlag klar. Es war Bestimmung, dass sie den Test nicht bestanden hatte. Ganz klar, die Götter wollten, dass sie nach ihrem alten Meister suchte, statt in Argis nach einem Neuen Ausschau zu halten.

Wie undankbar sie gewesen war. Fast hätte sie ihn verraten und im Stich gelassen. Aber jetzt nicht. Jetzt würde sie sich auf den Weg machen, um ihn zu finden und wieder seine Schülerin zu werden.

Doch wo suchte man nach einer schon so lange vermissten Person? An einem Ort, wo sich Leute befinden, die von weiten Reisen kommen. In dem Gasthaus „Talgrund“ für Wanderer und Reiter, derselben Absteige, in der sie sich grade befand.

Voll neu gefundener Energie wechselte Zefoni ihre Kleidung und genoss es nun endlich wieder ihre alten Gewänder tragen zu können. Dann begab sie sich in den Raum des Gebäudes, den sie das ganze halbe Jahr, das sie nun schon in Argis Pathinas wohnte, nicht betreten hatte, die Schenke.

Eigentlich bestand sie aus drei aneinander angrenzenden Räumen. In einem stand eine große Theke, auf die einige betrunkene Gäste im Schlaf sabberten. Der kräftige Wirt fegte drei von ihnen mit einer Handbewegung von dem Tresen und wandte sich dann mit dam typischem Tonfall der Arbeitklasse an Zefoni.

„Was darf ’s sein, Schätzchen?“ Zefoni konnte nicht anders als angewidert gucken. So sehr sie sich über die Sauberkeitsfanatik im Inneren der Stadt Argis Pathinas aufgeregt hatte, sie war ihr lieber, als dieser Ort voll trunksüchtiger Raufbolde und falsch spielender Kleinkrimineller. Obwohl sie sich nie mit ihrer adeligen Herkunft identifiziert hatte, spürte sie ganz klar, dass dies unter ihrem Niveau war.

Doch gerade Schenken wie diese waren die Orte, an denen sie Reisende treffen konnte, die vielleicht etwas von ihrem Meister gehört hatten. Also versuchte sie ihre Verachtung zu verstecken und soweit wie möglich auch ihren Oberschicht Akzent, durch den sie oft auf Abneigung stieß.

„Ich trinke nicht.“, begann sie und erntete dafür einen abschätzenden Blick von dem Wirt.

„Womit kann ich sonst dienen?“

„Ich suche nach Informationen. Ist in dieser Schenke schon einmal den Namen „Vendan“ gefallen?“ der Wirt sah sie durchdringend an.

„Was wär’ euch die Info denn wert, Süße?“

„Fünf Xhanos und noch einmal fünf, wenn Ihr euren Blick wieder auf mein Gesicht lenkt.“ Der Wirt sah grinsend hoch und nickte dann. Zefoni legte das Geld auf den Tresen und sah ungeduldig zu, wie der Dicke es in aller Seelenruhe zählte und anschließend in seinen weiten Hosentaschen verschwinden ließ.

„Nun?“, fragte sie schließlich genervt. Der Wirt setzte eine mysteriöse Miene auf.

„Ich habe diesen Namen tatsächlich schon einmal gehört. Eine junge Frau war vor ein paar Tagen hier und hat mir dieselbe Frage gestellt.“ Zefoni wartete, aber der Wirt hatte nichts mehr zu sagen.

„Das war ´s?“, fragte sie sauer.

„Mehr weiß ich auch nicht.“

„Wer war diese Frau denn? Wie hieß sie? Wie sah sie aus? Was trug sie für Kleidung? War sie von hier?“

„Sie hat ihren Namen nicht genannt und sie war so flink mit ihren Schwertern, dass ich es nicht gewagt habe, sie danach zu fragen. Sie hatte eine dunkle Kapuzenrobe an, so dass ich ihr Gesicht nicht gesehen habe. Sie war relativ klein, aber wirkte gefährlich“ Zefoni sah ihn böse an. Diese Beschreibung passte auf viele Frauen. Für einen Moment dachte sie daran ihm einen Blitz direkt ins schmutzige Gesicht zu jagen, besann sich dann aber, nickte ihm steif zu und ging.

Sie spielte mit dem Gedanken, einfach zu einem der Tische zu gehen und die dort sitzenden Personen direkt nach Vendan zu befragen, aber das war ihr unangenehm und sie wollte sich diese Option lieber für den Schluss aufheben.

Zum Glück war dies nicht die einzige Schenke in den Vororten der Stadt. Aber es war die düsterste und die, welche bei den Reisenden am beliebtesten war. Trotzdem wollte Zefoni ihr Glück auch in den anderen Absteigen versuchen, diesmal würde sie allerdings vorsichtiger mit ihrem Geld sein.

Sie wendete sich in Richtung einer anderen Kneipe, die sie bei ihren nächtlichen Streifzügen gesehen hatte. Der Weg zum „Wiesel“ führte durch die enge, dunkle Gassen des ärmsten und schäbigsten Vororts der Stadt, in dem sich auch der „Talgrund“ bereits befand.

Sie hatte ihn gerade zur Hälfte zurückgelegt, da beschlich sie plötzlich das ungute Gefühl, verfolgt zu werden. Ruckartig drehte sie sich um. Doch die Straßen waren leer. Dennoch, irgendjemand oder irgendetwas schien ihr auf den Fersen zu sein.

Zefoni ging einen Schritt schneller. Es waren nur noch einige hundert Meter bis zur Schenke, da packte plötzlich jemand sie unsanft am Nacken und zerrte sie blitzschnell in eine dunkle Seitengasse. Bevor sie aufschreien konnte, legte sich ihr eine behandschuhte Hand auf den Mund und eine andere drückte sie mit dem Rücken an eine Hauswand.

Zefonis Augen hatten sich schnell auf Nachtsicht umgestellt und sie erkannte eine junge Frau, etwas kleiner als sie selbst, in eine dunkle Kapuzenrobe gehüllt. Sie war ungemein kräftig für ihre Statur und sah Zefoni mit eiskalten Augen an.

„Was weißt du über Vendan?“, zischte die Unbekannte durch zusammen gepresste Zähne.



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