Vati sagt
Eins, zwei, drei
Hundert Euro
Gibt's von der nährenden Hand
Pro Monat
Für's Leben
Im Wohnzimmer der Eltern,
Zwischen zwei Fernsehsendungen.
Mutti,
Draußen in der Küche,
Machts Essen.
Und Vati, ganz lieb
Auf dem Sofa,
Zückt seine Börse
Voller Geld.
Für die Selbständigkeit des Kindes,
Das nichts gelernt und keine Arbeit hat.
Aber Vati liebts Kind.
'S Kind liebt auch Vati,
Denn das ist Pflicht,
Wenn's Geld haben will.
Einmal, zweimal,
Immer so,
Seit Kind Kind
Und Mutti erste Falten schlug.
Vatis Liebe nährts Kind,
Denn er ist Christ,
Betet jeden Sonntag in der Kirche.
Er liebts Kind, wie sich selbst.
Und einmal, zweimal im Monat,
Je nachdem, ob's Geld schon ausgegeben,
Ist Liebe Pflicht.
Manchmal,
Wenns Kind
Zuviel von Vatis Liebe hat,
Da sie am Handteller klebt
Und das Geld schmierig macht,
Dann steht's in der Schlange der Hartz Vierer,
Die fürs Essen einen Euro zahlen,
Jeden Freitag
Im Gemeindehaus der
Christen.
Gebende Hand
Am Altar
Unterm Kreuz.
Und ins Weihwasser
Tauchts Kind die Hände zuvor,
Denn Reinheit
Des Körpers und des Geistes
Sind Pflicht.
Sagt Vati.
Die Wahrheit ist konkret. (B. Brecht)